Nach der CO₂-Abgabe droht jetzt eine Steuer auf den Wasserverbrauch

Wiesbaden darf eine zusätzliche Steuer auf den Wasserverbrauch einführen. Das Verwaltungsgericht gab der Stadt recht und erklärte den sogenannten Wassercent für zulässig. Offiziell geht es um Umweltschutz und Ressourcenschonung. Doch im Kern steht die angespannte Haushaltslage der Kommune. Unter dem Vorwand ökologischer Verantwortung entsteht so eine neue Einnahmequelle, die alle Haushalte belastet – unabhängig vom Einkommen (hessenschau: 23.04.25).


Gericht gibt grünes Licht für Steuer unter Tarnung des Klimaschutzes

Im Dezember 2023 beschloss die Wiesbadener Stadtverordnetenversammlung mit den Stimmen von SPD, Grünen, Linken und Volt die Einführung einer Wasserverbrauchssteuer. Die kommunalen Kassen seien leer, zugleich wolle man einen Beitrag zum Klimaschutz leisten – so lautete die offizielle Begründung. Das hessische Innenministerium verhängte daraufhin ein Verbot, das die Kommunalaufsicht im Mai 2024 durchsetzte. Wiesbaden klagte – und erhielt nun vor Gericht recht.

Immer mehr Bundesländer diskutieren eine Steuer auf den Wasserverbrauch – Wiesbaden macht den Anfang und nutzt Klimaschutz als Vorwand
Immer mehr Bundesländer diskutieren eine Steuer auf den Wasserverbrauch – Wiesbaden macht den Anfang und nutzt Klimaschutz als Vorwand

Das Verwaltungsgericht argumentierte, eine Steuer auf Wasserverbrauch verstoße nicht gegen geltendes Recht. Auch lebensnotwendige Güter könnten besteuert werden, wie das Beispiel der Umsatzsteuer zeige. Die Höhe der Abgabe – 90 Cent pro 1.000 Liter – sei geeignet, Lenkungswirkungen zu entfalten, ohne sozial unverhältnismäßig zu wirken. Dass vor allem Haushalte mit geringem Einkommen stärker betroffen seien, werde auch bei anderen Steuern hingenommen.

Haushaltssanierung statt echter Klimapolitik

Die Stadt rechnet mit zusätzlichen Einnahmen in Höhe von 16 Millionen Euro jährlich. Der Wassercent greift ab dem ersten Liter und betrifft alle privaten Haushalte sowie Betriebe. Offiziell soll die Maßnahme den Wasserverbrauch reduzieren, in Wirklichkeit steht jedoch die finanzielle Stabilisierung im Fokus. Die Umweltrhetorik dient vor allem der politischen Absicherung eines unpopulären Steuerinstruments.

Kritik kam aus dem Innenministerium: Das Wasserrecht biete bereits zahlreiche Mittel zur Verbrauchssteuerung. Zudem dürften mit Wassergebühren keine Gewinne erzielt werden. Der Wassercent umgeht dieses Verbot, indem er nicht als Gebühr, sondern als Steuer eingeführt wird. Damit fließen die Einnahmen direkt in den allgemeinen Haushalt – nicht zweckgebunden in die Wasserwirtschaft.


Bundesweite Diskussion um neue Wasserabgaben

Wiesbaden steht mit dem Wassercent nicht allein. In nahezu allen Bundesländern existieren bereits vergleichbare Regelungen oder sind in Planung. Nur Hessen, Bayern und Thüringen haben bisher keine Abgabe auf die Entnahme von Grund- und Oberflächenwasser eingeführt. Doch auch dort laufen entsprechende Diskussionen.

In Bayern etwa plant die Landesregierung unter Führung von CSU und Freien Wählern die Einführung ab 2027. Der Preis soll bei 10 Cent pro Kubikmeter liegen. Für Landwirte und Betriebe mit Eigenbrunnen ist eine Freimenge von 5.000 Kubikmetern vorgesehen. In Thüringen wird das Thema ebenfalls im Landtag behandelt. Die politische Richtung ist klar: Die Ressource Wasser wird zunehmend zum Instrument kommunaler Haushaltskonsolidierung.

Wasserpreise im Vergleich – Berlin teuer, Sachsen günstig

Ein Blick auf die bundesweiten Entnahmeentgelte zeigt große Unterschiede. In Sachsen-Anhalt liegt die Abgabe bei 5 Cent pro Kubikmeter, in Berlin dagegen bei 31 Cent. Eine vierköpfige Familie mit 150 Kubikmetern Jahresverbrauch zahlt in Berlin 46,50 Euro zusätzlich, in Sachsen lediglich 7,50 Euro. Die Spannbreite zeigt: Der Wassercent wird zwar mit ähnlichen Begründungen eingeführt, die konkrete Ausgestaltung hängt jedoch stark vom politischen Willen der jeweiligen Landesregierung ab.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz hat diese Unterschiede dokumentiert. Die Argumentation ist überall ähnlich: Klimaschutz, Ressourcenschonung und verursachergerechte Finanzierung. In Wahrheit aber nutzen immer mehr Bundesländer die Wasserabgabe zur Erschließung zusätzlicher Mittel. Die Einnahmen fließen nicht zwingend in Umweltprojekte, sondern häufig direkt in die Haushalte der Länder und Kommunen.

Steuer statt Gebühr – Bürger tragen die Last

Die Entscheidung aus Wiesbaden schafft einen Präzedenzfall. Der Wassercent ist keine zweckgebundene Gebühr, sondern eine allgemeine Steuer. Damit steht sie nicht im Dienst konkreter Investitionen in Wasserinfrastruktur oder Umweltprojekte, sondern dient vor allem der Entlastung klammer Kassen. Gleichzeitig steigt die Belastung für private Haushalte – unabhängig vom ökologischen Verhalten.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Gericht hat die Berufung zum Hessischen Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich zugelassen. Sollte das Land Hessen auf Rechtsmittel verzichten, kann die Stadt zeitnah über den Starttermin entscheiden. Klar ist: Wiesbaden wird nicht der einzige Vorreiter bleiben. Der Wassercent steht bundesweit auf der politischen Agenda – getrieben vom Druck leerer Kassen und verkauft unter dem Etikett der Nachhaltigkeit.

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