Mogelpackung E-Auto: Stromer vs. Hybrid

Zweifellos ist die Zahl der E-Autos auf deutschen Straßen in den letzten Jahren erheblich gestiegen. Die Bundesregierung hat immerhin das ambitionierte Ziel ausgerufen, bis zum Jahr 2030 insgesamt 15 Millionen reine Elektrofahrzeuge zuzulassen. Auf den ersten Blick scheint das Land auch auf einem guten Weg dorthin zu sein, auf den zweiten aber nicht mehr: Den wirklich rein elektrisch angetriebenen Autos stehen nämlich fast genauso viele Plug-in-Hybride gegenüber (Giga: 06.11.22). Die Zahlen werden aber bei Veröffentlichungen meist zusammengefasst. Das ist letztendlich eine Mogelpackung, da die meisten Hybride kaum elektrisch fahren.


Knappes Rennen zwischen Stromer und Hybrid

Die Oppositionsfraktion der CDU/CSU hat sich zum genauen Stand der Elektromobilität in Deutschland mithilfe einer Kleinen Anfrage an die Regierung informiert. Das Verkehrsministerium legte die Zahlen vor: Am 1. Juli 2022 waren in Deutschland 756.517 E-Autos zugelassen, die rein elektrisch fahren (sogenannte BEVs). Die Zahl der Plug-in-Hybride liegt mit 684.057 Fahrzeugen aber fast ebenso hoch. Normalerweise rechnen Publizisten diese beiden Zahlen zusammen und kommen dann auf 1.440.574 Elektrofahrzeuge, doch das ist offenkundig eine Mogelpackung.

Knappes Rennen zwischen Stromer und Hybrid. Veröffentlichte Gesamtzahl ist eine Mogelpackung, da Hybride selten elektrisch fahren
Knappes Rennen zwischen Stromer und Hybrid. Veröffentlichte Gesamtzahl ist eine Mogelpackung, da Hybride selten elektrisch fahren
Bild: RudolfSimon, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Zunächst einmal haben die BEVs keine klare Führung, doch es kommt noch schlimmer. Fahrer von Plug-in-Hybriden nutzen die Batterie eher selten, wie aus einschlägigen Untersuchungen bekannt ist. Wenn sie aber ihren Wagen mit Kraftstoff betanken, verbraucht dieser gegenüber einem Vergleichsmodell ohne Akku mehr, weil er durch Letzteren schwerer wird. Dennoch gibt es auch für Hybride immer noch eine ordentliche Förderung, während ihr positiver Klimanutzen höchstens minimal ausfällt. Dies konnten erst jüngere Studien belegen. Bei den noch jungen Plug-in-Hybriden musste man sich in den vergangenen Jahren auf die Herstellerangaben zum Verbrauch verlassen. Doch diese stimmen nicht. In Testfahrten verbrauchen die schweren Fahrzeuge bis zu dreimal mehr Kraftstoff.

Welche Auswirkungen haben die staatlichen Förderungen?

Reine E-Autos erhalten noch bis Ende 2022 den Umweltbonus und die Innovationsprämie, was zu einer Förderung bis zu 9.000 Euro führt. Bei Plug-in-Hybriden kann die Förderung bis zu 6.750 Euro betragen. Ab dem 1. Januar 2023 entfällt dann die Förderung für Plug-In-Hybride. Reine Stromer und Brennstoffzellenfahrzeuge erhalten noch 4.500 Euro bis zum Nettolistenpreis von 40.000 Euro und 3.000 Euro bei einem Nettolistenpreis zwischen 41.000 und 65.000 Euro. Ab dem 1. September 2023 gelten die Förderungen nur noch für Privatpersonen, wobei eventuell gemeinnützige Organisationen und Kleingewerbetreibende doch noch begünstigt werden könnten. Ab dem 1. Januar 2024 sinkt die Förderung auf 3.000 Euro bis zum Nettolistenpreis von 45.000 Euro, darüber entfällt sie ganz.


Das Wirtschaftsministerium plant außerdem einen Förderdeckel. Es stellt bis 2024 nur 3,4 Milliarden Euro für die Förderungen bereit. Wenn das Geld ausgeschöpft ist, gibt es keine Förderung mehr. Das müsste Interessenten motivieren, sich recht schnell ein rein elektrisches Auto zu kaufen. Wegen der beschriebenen Fördermodelle dürfte die Zahl der neu angeschafften Plug-in-Hybride ab 2023 drastisch sinken, denn sie werden für die Käufer dann finanziell deutlich ungünstiger als ein reines E-Auto. Da aber auch die Förderung für die rein elektrischen Fahrzeuge sinkt, könnten sich auch weniger Autofahrer für diese Variante entscheiden. Dies würde den Vormarsch der Elektromobilität ausbremsen.

Warnung vom Autoexperten

Der deutsche „Autopapst“ Ferdinand Dudenhöffer warnt schon davor, dass bereits die gegenwärtige Mogelpackung und erst recht die sinkende Förderung ab 2023 das Interesse an Elektroautos kippen lassen könnte. Hinzu kommen weitere Einflüsse. Als sehr bedeutsam nennt Dudenhöffer die nur geringen Änderungen der Abgaswerte für Verbrenner mit Euro 7. Diese Werte unterscheiden sich nur sehr wenig von Euro 6, lediglich der Stickoxidausstoß von Diesel-Pkws muss etwas sinken. Diese aufgeweichte Norm, die von Klimaschützern heftig bekämpft wurde, könnte laut Dudenhöffer das Interesse für E-Autos nochmals deutlich dämpfen.

Die Autofahrer müssen nämlich nicht wegen verschärfter Umweltnormen vom Verbrenner auf den Stromer umsteigen. Die Autoindustrie hat in dieser Hinsicht ihre Lobbyisten fleißig arbeiten lassen. Sie wollte nicht noch aufwändig deutlich emissionsärmere Verbrennungsmotoren entwickeln, wenn deren Aus ab 2035 ohnehin beschlossen ist. Da nun auch noch die Förderungen für Elektroautos sinken, können diese die Kunden auch nicht mehr über den Preis überzeugen. Das ist auch deshalb prekär, weil die Elektrischen in Zukunft wegen steigender Rohstoffpreise für die Batterien sogar noch teurer werden könnten. In der Folge könnte beispielsweise der VW ID.3 etwa 10.000 Euro mehr kosten als das vergleichbare Fahrzeug mit Benzinmotor. Dudenhöffer glaubt, dass angesichts der Gesamtentwicklung der Hochlauf des Elektroautos in Deutschland 2023 seinen Zenit erreichen und 2024 überschreiten wird. Anschließend dürfte die Zahl der Neuzulassungen deutlich sinken, was im nächsten Schritt wiederum den Ausbau der Ladeinfrastruktur gefährden würde. Die Förderungen solle die Bundesregierung daher noch einmal deutlich überdenken, so der Experte.

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