In Cottbus erschüttert ein Titel-Skandal das Rathaus. Oberbürgermeister Tobias Schick steht im Zentrum staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen, weil er die Bezeichnung „Diplom-Verwaltungsbetriebswirt“ nutzte, ohne klarzustellen, dass es sich nicht um einen Hochschulabschluss handelt (bild: 15.09.25). Für viele Bürger zeigt dieser Fall, wie sehr Politiker den Titel als Machtinstrument einsetzen. Gleichzeitig wird deutlich, dass bei einem Plagiat, einem falschen Titel oder einem gefälschten Lebenslauf kein bloßes Versehen vorliegt, sondern der Verdacht auf Täuschung. Falsche Angaben im öffentlichen Amt sind kein Kavaliersdelikt, sondern können als Betrug verstanden werden.
Titel als gefährliche Währung der Politik
Ein akademischer Titel wirkt in Deutschland wie eine Eintrittskarte zu höheren Ämtern. Er vermittelt Fachwissen, Autorität und Durchsetzungskraft. Auf Wahlplakaten verschafft er einen Vorsprung, im politischen Alltag öffnet er Türen. Gerade deshalb sehen sich Politiker oft unter Druck, den Lebenslauf aufzuwerten. Doch wer auf diese Weise einen Vorteil sucht, handelt nicht aus Naivität, sondern aus falschem Geltungsbewusstsein.

Karl-Theodor zu Guttenberg und Annette Schavan stehen exemplarisch für diese Entwicklung. Beide verloren ihr Amt, weil ihre Dissertationen als Plagiat enttarnt wurden. Guttenberg inszenierte sich lange als Hoffnungsträger, stürzte dann über das Ausmaß seiner Kopien. Schavan, die als Bildungsministerin höchste Standards vertreten sollte, fiel ebenfalls durch. In beiden Fällen entlarvte sich das Streben nach Prestige als Selbsttäuschung – mit enormem Schaden für das Vertrauen der Bürger.
Manipulierte Angaben im Lebenslauf
Nicht immer liegt ein Plagiat zugrunde. Auch ungenaue Lebensläufe lösen einen Skandal aus. Annalena Baerbock musste 2021 ihre Biografie mehrfach korrigieren, weil Angaben zu Tätigkeiten und Mitgliedschaften unpräzise waren. CSU-Politiker Martin Huber entschloss sich 2022, seinen Doktortitel nicht länger zu führen, nachdem Zweifel an seiner Dissertation nicht verstummten. In Thüringen untersucht die Universität die Arbeit von CDU-Fraktionschef Mario Voigt. Schon die Möglichkeit einer Täuschung reicht aus, um das Vertrauen massiv zu beschädigen.
Ein geschönter Lebenslauf mag auf den ersten Blick harmlos wirken. Doch auch hier steht Täuschung im Raum. Wer Qualifikationen vortäuscht, die nicht existieren, verschafft sich einen unrechtmäßigen Vorteil im Wettbewerb um politische Macht. Damit berührt ein solcher Vorgang den Kern des Betrugsbegriffs.
Skandale auf kommunaler Ebene
Auch Kommunalpolitik bleibt nicht verschont. Der Fall Cottbus zeigt, wie schnell Vertrauen in einer Stadt erschüttert werden kann. In Bad Oeynhausen steht ein AfD-Kandidat unter Verdacht, eine gefälschte Promotionsurkunde genutzt zu haben. Schon 2006 verurteilte ein Gericht in Stadtoldendorf einen SPD-Bewerber wegen eines falschen Doktortitels. In Landau/Pfalz brach 2007 die Karriere eines CDU-Kandidaten ein, nachdem Täuschungen öffentlich wurden. In Köln trat ein Stadtrat 2009 zurück, weil er jahrelang einen unrechtmäßigen Titel führte.
Diese Fälle zeigen, dass der Missbrauch akademischer Symbole längst kein Randphänomen ist. Gerade auf kommunaler Ebene, wo Politiker im direkten Kontakt mit Bürgern stehen, wirkt ein Titel-Skandal wie ein Schlag ins Gesicht. Der Betrug betrifft hier nicht nur Behörden, sondern die eigene Nachbarschaft.
Vertrauen als Grundlage der Demokratie
Die Folgen sind drastisch. Petra Hinz verlor ihr Bundestagsmandat, nachdem sie 2016 ihren gesamten Lebenslauf als erfunden entlarvt sah. Auch Guttenberg und Schavan beendeten ihre Karrieren nach dem Plagiat-Skandal. Jeder Fall zeigt, dass das Vertrauen in Politiker an der Ehrlichkeit ihrer Angaben hängt. Ein gefälschter Titel oder ein manipuliertes Dokument zerstört nicht nur die persönliche Glaubwürdigkeit, sondern beschädigt das politische System.
Titelmissbrauch darf nicht als kleine Verfehlung verharmlost werden. Es handelt sich um bewusste Täuschung, oft um Betrug. Hinter solchen Handlungen steht nicht nur Zeitdruck, sondern häufig falsches Geltungsbewusstsein. Integrität bildet die wichtigste Ressource jeder Demokratie. Wer diese Ressource verspielt, verliert mehr als nur einen Titel. Er verliert das Vertrauen der Menschen, die ihn gewählt haben.
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