In Brunsbüttel darf das LNG-Schiff mehr Schadstoffe ausstoßen als bisher erlaubt war. Die Umweltbehörde in Schleswig-Holstein hat dem Terminal zu Jahresbeginn entsprechendes grünes Licht gegeben. Bewohner in der Nähe wurden erst viel später darüber informiert. Das Umweltministerium versucht, Bedenken zu zerstreuen (NDR: 22.08.23).
Versorgungssicherheit für Umweltbehörde wichtiger als Einhaltung der Grenzwerte
Anfang des Jahres hat die Umweltbehörde in Schleswig-Holstein einer höheren Schadstoffemission des LNG-Schiffs zugestimmt. Joschka Knuth, ein hoher Beamter im Umweltministerium, nennt als Grund die Versorgungssicherheit in Deutschland.
Die Erlaubnis gilt nur für ein Jahr. Danach soll das Schiff „Hoegh Gannet“ an einen neuen, noch näher an Wohngebieten gelegenen Dock verlegt werden. Das erfordert eine neue Erlaubnis der Umweltbehörde, die dann auch die Schadstoffausstöße erneut bewerten muss.
Das Klimabündnis warnt vor starken Umweltbelastungen. Momentan darf das LNG-Schiff 1,4-mal mehr Stickoxide, 5-mal mehr Kohlenmonoxid und 7,3-mal mehr Formaldehyd emittieren als normal zulässig. Reinhard Knof meint, die Auswirkungen seien sogar auf der Terrasse spürbar. Abgase setzen sich zudem im Erdboden fest, was die Umgebung stark beeinträchtigt.
Bewohner besorgt – Behörden beruhigen
Bewohner in Brunsbüttel-Süd haben Bedenken. „Formaldehyd ist krebserregend. Das merken wir vielleicht langfristig“, bemerkt Anwohner Christian Barz. André Hirsekorn, ein weiterer Bewohner, ist auch beunruhigt, da das Schiff rund um die Uhr in Betrieb ist.
Das Umweltministerium versichert, es gäbe keine Gefahr. Staatssekretär Knuth erklärt, dass die Überschreitung der Schadstoffgrenzen nur am Schornstein des Schiffes stattfindet. Modellrechnungen hätten gezeigt, dass die Schadstoffe die Wohngebiete nicht erreichen. Messungen in Wohngebieten fanden nicht statt.
Dr. Volker Matthias, ein unabhängiger Atmosphärenphysiker vom Hereon Institut in Geesthacht, sieht keine Notwendigkeit für Messungen in Wohngebieten. Er gibt an, dass solche Messungen für Industrieanlagen nur selten durchgeführt werden, sofern nicht mit einem großen Einfluss auf die Umgebung gerechnet wird.
Verzögerte Schadstofftests und wachsendes Misstrauen: Was passiert wirklich rund um das LNG-Schiff in Brunsbüttel?
Formaldehyd ist laut Dr. Volker Matthias hauptsächlich in Innenräumen problematisch. Draußen seien die Werte meist ungefährlich. Er fügt hinzu, Messungen in Wohngebieten könnten jedoch Vertrauen schaffen.
RWE, der Betreiber des Schiffes, hat laut Umweltministerium Mitte August Schadstofftests durchgeführt. Die Resultate sollen im Oktober vorliegen. Reinhard Knof betont, die erste Messung hätte innerhalb von vier Monaten nach dem Start des Betriebs erfolgen sollen, also spätestens im Juni.
Das Umweltministerium verweist für den späten Messzeitpunkt auf RWE. Der Betreiber teilt mit, dass der Zeitpunkt in Absprache mit der Behörde festgelegt sei.
Bewohner in Brunsbüttel-Süd sind misstrauisch geworden. Zwischen Behörden und Betreiber herrscht Unklarheit, und es gibt kein klares Kommunikationsprotokoll. André Hirsekorn vor seinem Haus: „Wir haben keinen richtigen Ansprechpartner. Die hohen Schadstoffimmissionen belasten uns richtig. Wir wissen nicht, was als Nächstes kommt.“
Letztendlich stellt sich den Anwohnern auch die Frage: Warum gibt es niedrige Grenzwerte, wenn ein höherer Schadgasstoffausstoß doch nicht schädlich sein soll?
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