Die Spannungen in der Ampel-Koalition nehmen zu. Innerhalb der Grünen gibt es immer lautere Stimmen, die einen Koalitionsbruch fordern. Viele Parteimitglieder zweifeln am weiteren Verbleib in der Regierung. Besonders das Verhalten der FDP sorgt für Frustration. Anträge für den bevorstehenden Bundesparteitag zeigen, dass die Diskussion um den Koalitionsbruch ernsthaft geführt wird. Ein Landesverband der Grünen zieht klare „grüne Linien“ für den Verbleib in der Koalition. Gleichzeitig steht ein heftiger Showdown in der Migrationspolitik bevor (welt: 08.10.24).
Parteitag als Wegweiser für den Koalitionsbruch?
Am 15. November treffen sich rund 800 Delegierte der Grünen, um über zentrale Fragen der Zukunft zu entscheiden. Neben der Wahl eines neuen Vorstands und der Bestimmung eines Kanzlerkandidaten für die nächste Bundestagswahl steht auch die Ausrichtung der Partei in der Migrationspolitik auf der Agenda. Viele Mitglieder stellen die Koalition infrage. 53 Mitglieder fordern eine umfassende Debatte über den Sinn des Regierungsbündnisses und einen möglichen Koalitionsbruch.
Sie begründen ihren Antrag vor allem mit der Blockadehaltung der FDP. Diese verhindere regelmäßig zentrale Vorhaben der Grünen und diffamiere die Partei öffentlich. Auch Wähler und Umweltorganisationen sind zunehmend enttäuscht über die Kompromissbereitschaft der Grünen. Daher sei es an der Zeit, über einen Koalitionsbruch nachzudenken, um die eigene Position wieder klarer zu vertreten.
Grüne Linien für den Verbleib
Der Bremer Landesvorstand fordert eine Urabstimmung über den Verbleib in der Koalition, falls zentrale grüne Ziele nicht mehr durchsetzbar sind. Zu diesen „grünen Linien“ gehört die Einführung des „Klimagelds“ im Jahr 2025. Zudem müsse die Bundesregierung bis Anfang 2025 dem Tariftreuegesetz zustimmen. Sollte dies nicht erfolgen, könnte ein Koalitionsbruch unvermeidlich werden.
Die Bremer Grünen setzen klare Prioritäten und machen deutlich, dass sie ohne die Einhaltung dieser Forderungen die Zusammenarbeit in der Ampel beenden wollen.
Schärfere Töne in der Migrationspolitik
Eine zentrale Debatte auf dem Parteitag wird die Migrationspolitik sein. Bereits im letzten Jahr kam es zu heftigen Auseinandersetzungen innerhalb der Partei, als die Grüne Jugend versuchte, Verschärfungen im Asylrecht zu verhindern. Auch diesmal steht eine ähnliche Konfrontation bevor. 80 Parteimitglieder um die Kommunalpolitiker Matthias Schimpf und Jens Marco Scherf fordern eine härtere Linie, die sogar einen Koalitionsbruch rechtfertigen könnte.
Sie schlagen vor, den Familiennachzug einzuschränken und Straftäter nach Syrien und Afghanistan abzuschieben. Weitere Forderungen beinhalten mobile Grenzkontrollen und Asylzentren an den europäischen Außengrenzen.
Humanitäre Ansätze als Gegengewicht
Dem gegenüber steht ein weiterer Antrag, der eine humanere Migrationspolitik verfolgt. Rund 200 Parteimitglieder unterstützen den Vorschlag des EU-Abgeordneten Erik Marquardt, der auf einen kontrollierten Zuzug setzt und internationale Zusammenarbeit fördern möchte. Auch hier wird ein Koalitionsbruch nicht ausgeschlossen, falls diese Positionen nicht durchgesetzt werden.
Die Antragsteller fordern zudem die Abschaffung von Arbeitsverboten für Asylbewerber und Flüchtlinge sowie ein allgemeines Bleiberecht für diejenigen, die sich hier integrieren und einer Tätigkeit nachgehen.
Entscheidungen am Parteitag
Am 15. November beginnt in Wiesbaden die 50. Bundesdelegiertenversammlung der Grünen. Es bleibt abzuwarten, welche Richtung die Partei einschlagen wird. Ob es zu einem Koalitionsbruch kommt, hängt maßgeblich von den Entscheidungen der Delegierten ab, insbesondere in der Migrationspolitik, die die Partei spaltet. Der Parteitag könnte die politische Zukunft der Grünen und die Stabilität der Ampel-Koalition entscheidend beeinflussen.
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