Um Erdgas zu sparen, holt Wirtschaftsminister Habeck immer mehr Stein- und Braunkohlekraftwerke aus der Reserve zurück ans Netz. Das Problem dabei: Die abgeschalteten Steinkohlekraftwerke haben ihre Kohlehalden so weit wie möglich abgebaut, bevor sie zunächst vom Netz gegangen sind. Um die Kraftwerke wieder anfahren zu können, müssen diese Kohlehalden wieder aufgebaut werden. Das war aber im Sommer aufgrund der lang anhaltenden Trockenheit und den damit verbundenen niedrigen Pegelständen der Flüsse nicht schnell genug möglich. Jetzt soll Kohle mit der Bahn zu den Kraftwerken transportiert werden. Die Lieferungen sind mittlerweile so dringend, dass die Kohlezüge auf der Schiene sogar Vorrang vor den ICEs erhalten, denn an den Steinkohlekraftwerken wird die Kohle knapp (Zeit: 26.10.22).
Immer mehr Steinkohlekraftwerke kommen aus der Reserve zurück ans Netz
Im Saarland hat der Energiekonzern Steag die Steinkohlekraftwerke Bexbach und Weiher aus der Reserve wieder zurück ans Netz geholt. Weitere Kraftwerke werden gerade dafür vorbereitet, um die Stromversorgung im Winter sicherstellen zu können. Die Kraftwerke werden mit Güterzügen der Bahntochter DB Cargo mit Steinkohle aus Rotterdam versorgt. Dazu hat die Bahn mehr als 1000 Waggons zum Kohletransport wieder flott gemacht.
„Wir fahren so gut, so schnell und so viel wie möglich“, sagte DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta. Der Bund hat für diese Transporte sogar einen Prioritätskorridor eingerichtet. Über diesen Korridor erhalten die Güterzüge zur Energieversorgung Vorrang im gesamten Schienennetz. „Bisher läuft das sehr gut“, sagt Frau Nikutta. Auch andere Großkraftwerke in Deutschland würden auf diesem Weg beliefert.
25 Güterzüge pro Woche versorgen 2 Kohlekraftwerke im Saarland mit Steinkohle
Alleine für die beiden Steinkohlekraftwerke im Saarland plant die Bahn 25 Züge pro Woche mit einer Ladung von jeweils 3000 Tonnen. Im Oktober seien bisher rund 30 gekommen. Eigentlich würde man noch mehr brauchen, doch das scheitert an den verfügbaren Transportkapazitäten. Deshalb hat der Bund auch die Vorschrift gelockert, die den Kraftwerken einen Mindestvorrat für 30 Tage vorschreibt. Dies hätte bedeutet, dass die beiden saarländischen Kraftwerke zusammen einen Vorrat von 360.000 Tonnen vorweisen müssten. Zurzeit liegen auf den Halden mit 180.000 Tonnen jedoch nur die Hälfte davon. Alleine das Kraftwerk Bexbach verfeuert bei Vollast 6.000 Tonnen Kohle am Tag. Beide Kraftwerke zusammen sind in der Lage, 4 Millionen Haushalte mit Strom zu versorgen.
Auch in anderen europäischen Ländern werden Steinkohlekraftwerke reaktiviert
Die Steinkohlekraftwerke Heyden in Nordrhein-Westfalen und Mehrum in Niedersachsen sind bereits Anfang Oktober wieder ans Netz zurückgekehrt. Dazu kommt, dass auch Frankreich wieder Kohlekraftwerke zurück ans Netz holt und Dänemark die Abschaltung von mehreren Kohlekraftwerken kurzfristig verschoben hat (rnd: 01.10.22). Auch dort müssen die Kohlehalden jetzt wieder aufgefüllt werden. Das alles zusammen führt zu einer massiven Nachfrage nach Steinkohle und einer entsprechenden Verknappung am Markt aufgrund der fehlenden Transportkapazitäten.
Steinkohle wird mittlerweile knapp und teuer
Dies hat mittlerweile auch Auswirkungen auf unsere Nachbarländer, wie zum Beispiel Polen. Dort heizen viele Haushalte noch mit Kohle. Doch wegen der Verknappung ist der Preis so stark angestiegen, dass sich das die meisten Haushalte Kohle nicht mehr leisten können (agrarheute: 13.10.22).
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