Die DZ Bank, Deutschlands zweitgrößtes Finanzinstitut, erhöht aufgrund der schwachen Konjunktur ihre Risikovorsorge für Kreditausfälle. Die Rückstellungen im ersten Halbjahr sind auf 206 Millionen Euro gestiegen – fast das Vierfache des Vorjahreswertes. Besonders betroffen sind Firmen- und Konsumentenkredite, bei denen die Vorsorge deutlich erhöht wurde (handelsblatt: 28.08.24).
Steigende Kreditrisiken: Warum immer mehr Deutsche Privatkredite aufnehmen
Ein besonders starker Anstieg ist bei der Tochtergesellschaft Teambank zu verzeichnen. Diese vergibt Privatkredite für Konsumgüter und Reisen. Hier erhöhte sich die Risikovorsorge um zwei Drittel. Cornelius Riese, Vorstandsvorsitzender der DZ Bank, führt diesen Anstieg auf die veränderten Konsumgewohnheiten nach der Pandemie zurück. Viele Menschen hätten zu dieser Zeit Kredite aufgenommen, um ihren Konsum zu finanzieren. Gleichzeitig seien die Reallöhne aufgrund der hohen Inflation gesunken. „Die Menschen werden ärmer, die verfügbaren Einkommen sinken“, kommentiert Riese die Situation.
Auch andere Banken, wie die Direktbank DKB, mussten ihre Risikovorsorge im Privatkundensegment erhöhen. Der Rückgang der Reallöhne trifft immer mehr Haushalte, die zuvor keine Kredite benötigten. Der Konsumentenkredit, so Riese, habe inzwischen die Mitte der Gesellschaft erreicht. Trotz der Risiken sieht Riese im wachsenden Konsumentenkreditgeschäft Chancen für Marktgewinne. Dabei achtet die DZ Bank laut Riese genau auf die damit verbundenen Risiken: „Ich glaube nicht, dass die aktuell vergebenen Kredite die Probleme der Zukunft darstellen.“
Rückschläge an den Märkten und Naturkatastrophen
Nicht nur die schwache Konjunktur stellt die DZ Bank vor Herausforderungen. Auch Naturkatastrophen könnten die Tochtergesellschaft R+V, einen großen Versicherer, belasten. Weitere Rückschläge an den Finanzmärkten könnten zudem die Fondsgesellschaft Union Investment treffen, obwohl diese im ersten Halbjahr dank positiver Marktentwicklungen einen Gewinnanstieg auf 616 Millionen Euro verzeichnen konnte.
Das Vorsteuerergebnis der DZ-Bank-Gruppe insgesamt sank jedoch um elf Prozent auf 1,7 Milliarden Euro. Für das Gesamtjahr rechnet Riese lediglich mit einem Vorsteuerergebnis von zwei bis 2,5 Milliarden Euro. Kreditausfälle im zweiten Halbjahr könnten das Ergebnis zusätzlich belasten. Die Teambank und die Verbund- und Geschäftsbank haben bereits rückläufige Gewinne gemeldet, und die Tochter VR Smart Finanz, die Kredite an Gewerbetreibende vergibt, verzeichnete erneut Verluste aufgrund erhöhter Risikovorsorgen.
Herausforderungen im Genossenschaftssektor
Neben den konjunkturellen Herausforderungen gibt es innerhalb des Genossenschaftssektors, zu dem die DZ Bank gehört, eine auffällige Häufung von Problemen. Die Volksbank Dortmund-Nordwest sowie die VR-Bank Bad Salzungen Schmalkalden mussten auf den Stützungsfonds für kriselnde Genossenschaftsbanken zurückgreifen. Auch andere Volksbanken sorgten für negative Schlagzeilen, indem sie riskante Immobilienkredite vermittelten. Union Investment sah sich gezwungen, den milliardenschweren Immobilienfonds „Uni Immo ZBI Wohnen“ abzuwerten, der von vielen VR-Banken an Kunden verkauft wurde.
Darüber hinaus haben viele Genossenschaftsbanken Anteile am hoch verschuldeten Agrarkonzern Baywa, bei dem die DZ Bank zu den größten Kreditgebern zählt. Riese räumt ein, dass diese Entwicklungen „natürlich nicht reputationsförderlich“ seien und die Organisation kritisch damit umgehen müsse. Dennoch sieht er keine strukturellen Probleme im Genossenschaftssektor. Einzelne VR-Banken müssten saniert werden, was Riese als Teil einer „gewissen Normalisierung“ ansieht. Trotz der aktuellen Herausforderungen zeigt sich Riese zuversichtlich, dass die DZ Bank und ihre Partnerbanken langfristig gut aufgestellt sind.
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