Habecks Wasserstoffstrategie – Experten haben erhebliche Zweifel an Machbarkeit

Wasserstoff spielt eine zentrale Rolle in Deutschlands Energiewende. Die Bundesregierung hat ambitionierte Ziele bis 2030. Doch die Frage bleibt: Lassen sich diese Pläne umsetzen? Der Ausbau erneuerbarer Energien hat in Deutschland an Fahrt aufgenommen. 2023 wurden laut Bundesregierung bereits 52 Prozent des Stromverbrauchs durch Solar- und Windenergie gedeckt. Auch klimaneutral hergestellter Wasserstoff soll eine bedeutende Rolle im zukünftigen Energiesystem spielen. Ein großer Teil des zukünftigen Wasserstoffbedarfs soll aus dem Ausland gedeckt werden. Am 28. Mai genehmigte die EU-Kommission milliardenschwere Förderungen, dennoch gibt es Zweifel an der deutschen Wasserstoffstrategie (merkur: 07.06.24).


Deutschlands Wasserstoffstrategie: Experten bezweifeln Habecks Milliarden-Plan

Wasserstoff gilt als Hoffnungsträger der Energiewende. Die Bundesregierung plant, bis 2030 Wasserstoff verstärkt in der Industrie, bei schweren Nutzfahrzeugen sowie im Luft- und Schiffsverkehr einzusetzen. Wasserstofffähige Gaskraftwerke sollen zur Stabilisierung des Stromnetzes beitragen. Wirtschaftsminister Robert Habeck erwartet eine rasche Zunahme der Wasserstoffnachfrage und -integration. „Das wird jetzt in kurzer Zeit einen sehr schnellen Hochlauf geben“, äußerte er im Februar. Doch vor einer erfolgreichen Umsetzung stehen einige Hürden, insbesondere der Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur.

"Wasserstoff-Bluff" - Zweifel an Deutschlands Wasserstoffstrategie - Experten kritisieren Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit
„Wasserstoff-Bluff“ – Zweifel an Deutschlands Wasserstoffstrategie – Experten kritisieren Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit

Bundesweit sollen Leitungen von mehr als 10.000 Kilometern Länge entstehen, ergänzt durch Importterminals und Speicher. Habeck plant, rund 20 Milliarden Euro in diese Infrastruktur zu investieren. Dabei soll möglichst viel bestehende Infrastruktur umgestellt werden. Allerdings bestehen Zweifel an der Machbarkeit dieser Pläne. Das Fraunhofer-Institut wies in einer Studie darauf hin, dass eine Umstellung nur machbar ist, wenn sie bereits in der Planungsphase berücksichtigt wird. Professor Peter Newman von der Curtin University in Perth erklärte dem Portal t-online, dass die Idee, LNG-Anlagen könnten Wasserstoff annehmen, ein „Trump‘sches Narrativ“ sei – eine oft wiederholte Behauptung ohne tatsächliche Grundlage.

Wasserstoff-Importe in Deutschland: Herausforderungen und Zweifel

Der Energiewirtschaftsverband BDEW forderte kürzlich mehr Tempo beim Aufbau von Einrichtungen für den Import und Transport von Wasserstoff. Laut einem Positionspapier des Verbands sollten Umstellung und Neubau von Pipelines und Importterminals sowie der Anschluss an die entsprechenden Infrastrukturen schnellstmöglich und zeitgleich angegangen werden. Das H2-Kernnetz mit seinen Importpunkten und die Hafeninfrastruktur mit Anlandeterminals, Flächen für Tanklager, oberirdischen Speichern sowie Ammoniak-Crackern seien von entscheidender Bedeutung, berichtete die Deutsche Presse-Agentur.

Ein Großteil des Wasserstoffbedarfs Deutschlands soll künftig aus dem Ausland kommen. 50 bis 70 Prozent sollen laut Wasserstoffstrategie der Bundesregierung im Jahr 2030 importiert werden. Doch diese Strategie ist umstritten. „Wenn man Wasserstoff verwendet, muss man ihn dort einsetzen, wo man ihn herstellt“, kommentierte Professor Newman gegenüber t-online. Eine von der Generaldirektion Energie der EU-Kommission veröffentlichte Studie kommt zu ähnlichen Schlussfolgerungen. Zudem besteht die Gefahr, dass Deutschland erneut von autokratischen Regierungen abhängig wird, warnte Verena Graichen vom Umweltverband Bund.


Die Zukunft des Wasserstoffs: Zweifel an der Umsetzbarkeit

Robert Habecks Ministerium setzt alles auf eine Karte: Wenn bis 2035 ausreichend grüner Wasserstoff beschafft und in vorhandenen Gaskraftwerken verbrannt werden kann, wird Deutschland seinen Klimazielen zumindest nahekommen. Scheitert dieser Plan, riskiert Deutschland das Verfehlen der Klimaziele und verschwendet Milliarden Euro. Ein Blick nach Großbritannien zeigt die Herausforderungen: Der ehemalige Premierminister Boris Johnson wollte sein Land zum „Katar des Wasserstoffs“ machen. Doch in britischen Dörfern wie Whitby und Redcar stieß dieses Vorhaben auf Widerstand. Die Einwohner fürchteten, zu „Laborratten“ einer unausgereiften Technologie zu werden. Schließlich erklärte die Regierung, dass das Projekt eines „Wasserstoffdorfs“ nicht umsetzbar sei.

Wasserstoff-Bluff: Experten zweifeln an Einsatz in Haushalten und Industrie

Britische Experten rieten privaten Haushalten zu elektrischen Heizmöglichkeiten wie Wärmepumpen, während die Schwerindustrie Wasserstoff nutzen solle. „Es ist ziemlich klar, dass Wasserstoff bei der Beheizung von Häusern in Zukunft eine kleine Rolle spielen wird, wenn überhaupt“, kommentierte der Analyst Jess Ralston gegenüber dem Guardian.

Die Rechercheplattform Correctiv sprach kürzlich von einem „Wasserstoff-Bluff“. Der Traum von der Wasserstoff-Republik sei bislang nicht Realität. Ob und wann Wasserstoff tatsächlich verfügbar, bezahlbar und transportierbar sein wird, ist unklar – auch für die Bundesregierung. Correctiv nennt als Beispiel ein Erdgaskraftwerk in Leipzig, das angeblich „vollständig wasserstofffähig“ sein soll, obwohl wichtige Bauteile fehlen und noch kein Test durchgeführt wurde.

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