Grüner Stahl aus Deutschland bleibt ein Kraftakt für Thyssenkrupp

Thyssenkrupp verfolgt einen radikalen Umbau. Fünf Sparten sollen sich künftig selbständig am Kapitalmarkt behaupten. Konzernchef Miguel López sieht keinen anderen Weg zu nachhaltiger Profitabilität. Eigenfinanzierung statt Konzernquervernetzung gilt als Ziel. Die erste konkrete Maßnahme betrifft die Marinesparte: 49 Prozent davon sollen an die Börse. Auch für die Produktion von grünem Stahl gilt diese Logik (faz: 27.06.25).


Staat als Teilhaber willkommen, nicht erforderlich

Ein staatlicher Einstieg steht nicht auf dem Plan. „Der Kurs bildet sich an der Börse“, betont Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm.

Grüner Stahl bleibt bei Thyssenkrupp mangels Wirtschaftlichkeit problematisch – Subventionen reichen für Marktfähigkeit nicht aus
Grüner Stahl bleibt bei Thyssenkrupp mangels Wirtschaftlichkeit problematisch – Subventionen reichen für Marktfähigkeit nicht aus

Der Staat sei willkommen, aber nicht notwendig. Die Bundesrepublik bleibt ohnehin zentraler Akteur – als Kunde und Genehmigungsinstanz. Eine goldene Aktie zur Wahrung nationaler Interessen hält Russwurm für überflüssig.

Druck auf Arbeitsplätze sorgt für Spannungen

Thyssenkrupp verfolgt einen radikalen Umbau. Fünf Sparten sollen sich künftig selbständig am Kapitalmarkt behaupten. Konzernchef Miguel López sieht keinen anderen Weg zu nachhaltiger Profitabilität. Eigenfinanzierung statt Konzernquervernetzung gilt als Ziel. Die erste konkrete Maßnahme betrifft die Marinesparte: 49 Prozent davon sollen an die Börse. Auch grüner Stahl ist von diesen Maßnahmen betroffen, für dessen Produktion gilt die gleiche Logik.

Grüner Stahl als strategischer Hoffnungsträger

López setzt auf marktfähigen grüner Stahl. Kerner hält das für „realitätsfern und falsch“. Tatsächlich fehlt es bislang an einem belastbaren Geschäftsmodell. Die geplante Direktreduktionsanlage in Duisburg verursacht Milliardenkosten, doch ein rentabler Betrieb erscheint unter aktuellen Marktbedingungen kaum realisierbar. Mehr als eine Milliarde Euro fließt aus eigenen Mitteln. Zwei Milliarden Euro stammen aus Subventionen von Bund und Land.

Staat als Teilhaber willkommen, nicht erforderlich

Ein staatlicher Einstieg steht nicht auf dem Plan. „Der Kurs bildet sich an der Börse“, betont Aufsichtsratschef Siegfried Russwurm. Der Staat sei willkommen, aber nicht notwendig. Die Bundesrepublik bleibt ohnehin zentraler Akteur – als Kunde und Genehmigungsinstanz. Eine goldene Aktie zur Wahrung nationaler Interessen hält Russwurm für überflüssig.

Druck auf Arbeitsplätze sorgt für Spannungen

Die Umstrukturierung führt zu Stellenabbau. Steel Europe plant den Abbau von 5000 Jobs. Weitere 6000 gehen in andere Unternehmen. Besonders im Bereich Automotive Technology gibt es sowohl wachstumsstarke als auch auslaufende Geschäfte. Kontroversen mit der IG Metall eskalieren. Russwurm nutzt sein Doppelstimmrecht, um die Vertragsverlängerung von López durchzusetzen. Das Bundesverfassungsgericht hatte dieses Instrument bereits 1979 als verfassungsgemäß eingestuft.


Streit um Timing und Bewertung

Die Arbeitnehmerseite kritisiert die frühe Vertragsverlängerung für López. Der IG-Metall-Vize Kerner verweist auf die unklare Zukunftsstrategie. Russwurm entgegnet: Das Zukunftsmodell sei ohnehin vorab bekannt geworden. Daher sei die Entscheidung unvermeidlich gewesen. Die Bewertung der López-Leistung bleibt umstritten. Kerner meint, er habe „noch nicht geliefert“. Russwurm verweist auf die fehlende Zustimmung zur Stahlstrategie durch die Arbeitnehmerseite.

Risiko Erdgasstrategie

Für die Nutzung von Erdgas braucht es politisches Entgegenkommen. Die Anlage soll später auf Wasserstoff umgestellt werden. Andernfalls droht ein Projektstillstand. Russwurm zeigt sich zuversichtlich. „Ich habe da, ehrlich gesagt, wenig Zweifel.“ Doch die Politik steht unter Druck, denn Arcelor Mittal hat sich aus vergleichbaren Projekten zurückgezogen – wegen fehlender Wirtschaftlichkeit.

Produktion mit Grenzen

Heute verkauft Thyssenkrupp rund neun Millionen Tonnen Stahl pro Jahr. Die Kapazität liegt jedoch bei fast zwölf Millionen. Ein Viertel soll daher entfallen. Die neue DRI-Anlage deckt knapp 30 Prozent der verbleibenden Produktion ab. Ob diese Menge strategisch ausreicht, müsse die Politik entscheiden. Wichtig sei, dass Deutschland technologische Kompetenz behalte. Auch in Bezug auf grüner Stahl gilt das als nationales Ziel.

Strombedarf als große Unbekannte

Die Transformation benötigt enorme Strommengen. Der Konzern verliert dabei seine Eigenerzeugung aus Hochofengasen. Zwei Gaskraftwerke und das Fernwärmenetz in Duisburg müssen angepasst werden. Noch fehlen tragfähige Konzepte zur Versorgung mit wettbewerbsfähigem Grünstrom. Ohne dauerhaft günstige Energiepreise bleibt grüner Stahl nicht konkurrenzfähig.

Energiepartner als strategische Antwort

EPG von Daniel Křetínský hält inzwischen 20 Prozent an der Stahlsparte. Langfristig soll sein Anteil auf 50 Prozent steigen. Gespräche dazu laufen. Verzögerungen liegen laut Russwurm nicht am Investor, sondern an offenen Restrukturierungsfragen im Unternehmen.

Emotion trifft Ökonomie

Thyssenkrupp bleibt für viele ein Symbolunternehmen des Ruhrgebiets. Rational betrachtet müsse jedes Geschäft Gewinne erzielen. Die emotionalen Reaktionen gehören dennoch zur Realität. Russwurm wünscht sich: „Ich möchte dazu beitragen, dass Thyssenkrupp ein ganz normales Unternehmen wird.“

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