Rolls-Royce hat einen bedeutenden Schritt nach vorn gemacht: Das Konzept für ihren Small Modular Reactor (SMR) hat den zweiten von insgesamt drei Schritten im umfangreichen Zulassungsprozess bestanden. Der britische Hersteller strebt an, als erster in Großbritannien einen SMR mit 470 MW elektrischer Leistung zu errichten. Die britische Atomaufsichtsbehörde Office for Nuclear Regulation (ONR) bestätigt, dass das Konzept die grundlegenden Anforderungen an Sicherheit und Umweltschutz erfüllt. Dies ist das Ergebnis des zweiten Generic Design Assessment (GDA), das 16 Monate in Anspruch genommen hat (heise: 30.07.24).
Der dreistufige Prüfprozess
Der GDA-Prozess, den ONR zusammen mit der Environment Agency und Natural Resources Wales durchführt, besteht aus drei Schritten. Im ersten Schritt wird der Projektumfang bewertet und das weitere Vorgehen gemeinsam festgelegt. Beim zweiten Schritt stehen zunächst geplante Schutz- und Sicherheitsvorkehrungen im Fokus. Im darauf folgenden dritten und letzten Schritt erfolgt eine detaillierte Prüfung, bei der auch die Beteiligung der Öffentlichkeit vorgesehen ist. Der gesamte Prozess für den letzten Schritt dauert voraussichtlich 29 Monate.
Bereits im April 2022 startete das ONR die erste Phase der Bewertung des Rolls-Royce-Konzepts. Im nun abgeschlossenen zweiten Schritt hat das ONR 900 Einreichungen überprüft. Rolls-Royce hat das Ziel, seinen ersten SMR Anfang der 2030er Jahre in Betrieb zu nehmen. Dieses Ziel hat der Konzern bereits Ende 2021 öffentlich bekannt gegeben.
Konkurrenz im SMR-Markt
Rolls-Royce ist nicht der einzige Hersteller, dessen SMR-Konzept geprüft wird. Anfang dieses Jahres begann das ONR mit der Bewertung des Reaktors BWRX300 von GE Hitachi sowie des SMR-300 von Holtec International. Hierbei ist Rolls-Royce diesen Konkurrenten voraus.
Bisherige Bewertungen des ONR umfassen unter anderem das Reaktordesign EPR von EDF/Areva, den AP1000 von Westinghouse, den ABWR von Hitachi GE und den HPR1000 des britischen Herstellers General Nuclear System Limited. Diese Bewertungen zeigen, dass der Prüfprozess sowohl für neue als auch etablierte Reaktordesigns eine zentrale Rolle spielt.
Zukunftspläne der britischen Regierung
Die britische Regierung plant eine erhebliche Erweiterung der Stromerzeugungskapazität. Bis 2050 will sie diese von derzeit 6 GW auf 24 GW ausbauen. Dazu will die Regierung ab 2030 alle fünf Jahre den Bau von Atomkraftwerken mit einer Leistung von bis zu 7 GW beginnen. Allerdings kam im Januar dieses Jahres ans Licht, dass der Bau des EPR Hinkley Point C wesentlich teurer ausfallen wird als ursprünglich geplant.
Diese Entwicklungen zeigen die Bedeutung von SMR-Konzepten wie dem von Rolls-Royce, um die zukünftigen Energieziele Großbritanniens zu erreichen. Mit der erfolgreichen Absolvierung des zweiten GDA-Schritts rückt Rolls-Royce diesem Ziel ein Stück näher und setzt außerdem auch einen wichtigen Meilenstein für die britische Atomindustrie.
Die Fortschritte im Zulassungsprozess und die Konkurrenzsituation verdeutlichen die dynamische Entwicklung im Bereich der Small Modular Reactors. Die britische Regierung und die beteiligten Unternehmen stehen vor großen Herausforderungen, aber auch vor bedeutenden Chancen, um die Energieversorgung der Zukunft sicherzustellen.
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