Geldwäsche im europäischen Emissionshandel – Studie bestätigt illegale Geldflüsse

Illegale Geldflüsse sind im CO₂-Emissionshandel ein Risiko, dem viele Unternehmen ausgesetzt sind. Oft erkennen sie nicht, wenn sie von zwielichtigen Geschäftspartnern betrogen werden und laufen dadurch Gefahr, sich selbst strafbar zu machen.


EU-Emissionshandel anfällig für Geldwäsche

Ein Emissionszertifikate-Händler aus Berlin, erhält nach einem Bericht des Handelsblatts regelmäßig fragwürdige Angebote von unbekannten Händlern, die ihm Zertifikate zu einem Preis anbieten, der deutlich unter dem Börsenpreis liegt (Handelsblatt: 07.02.23). Für den professionellen Händler ist das ein Warnsignal, denn wer freiwillig Verluste macht, hat möglicherweise andere Motive – wie Geldwäsche. Sein achtköpfiges Team handelt mit CO₂-Zertifikaten für Unternehmen, die am EU-Emissionshandel teilnehmen, z.B. Stromversorger oder Industriefirmen. Die Zertifikate dienen als Verschmutzungsrechte und sollen sicherstellen, dass die in den Klimazielen der Staatengemeinschaft festgelegten CO₂-Emissionsgrenzen in Europa nicht überschritten werden.

Im Jahr 2005 führte die Europäische Union den EU-Emissionshandel (EU-ETS) ein mit dem Ziel, dass Unternehmen sauberer werden, wenn Verschmutzung teuer wird. Allerdings hat das System gefährliche Nebenwirkungen, da es anfällig für illegale Geldflüsse ist, wie eine europaweite Studie im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) belegt.

EU-Emissionshandel anfällig für Geldwäsche. Wird die Geldwäsche beim Zertifikatehandel zu zweitem Cum-Ex-Skandal?
EU-Emissionshandel anfällig für Geldwäsche. Wird die Geldwäsche beim Zertifikatehandel zu zweitem Cum-Ex-Skandal?

Risiko Geldwäsche im EU-Emissionshandel: Kriminologe warnt vor wachsender Attraktivität

Kai Bussmann, Kriminologe an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, warnt vor der wachsenden Attraktivität des EU-Emissionshandels (EU-ETS) für Geldwäsche, da die Zertifikatspreise steigen. Der Preis für eine Tonne CO₂ lag nach der Finanzkrise 2008 bei rund zehn Euro und hat sich mittlerweile fast verzehnfacht. Bussmann hat im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) die Risiken von Geldwäsche im CO₂-Emissionshandel untersucht und kommt zu dem Schluss, dass diese erheblich sind.

Die europaweit durchgeführte Studie hat in einem Zeitraum von zwei Jahren mehr als 3300 Fälle aufgedeckt, die einen Verdacht auf Geldwäsche im Zusammenhang mit dem CO₂-Emissionshandel begründen. Kriminelle könnten etwa durch Strohmänner mit illegal erworbenem Geld CO₂-Zertifikate kaufen, um die Herkunft des Geldes zu verschleiern. Die tatsächliche Anzahl von auffälligen Transaktionen dürfte jedoch laut Bussmann deutlich höher liegen, da nicht alle bemerkt oder zugegeben werden.


Deutschland auf Geldwäsche im EU-Emissionshandel unzureichend vorbereitet

Laut Bussmann sind die Geldwäscherisiken innerhalb der 29 EU-Mitgliedstaaten „relativ gleichmäßig“ verteilt, und Deutschland bildet keine Ausnahme. In einer vorherigen Studie aus dem Jahr 2020 stellte Bussmann fest, dass es in Deutschland pro Handelsjahr 300 Verdachtsfälle von Geldwäsche gab, aber das könnte nur „die Spitze des Eisbergs“ sein.

Der Forscher kritisiert, dass in Deutschland die Verfolgung von Geldwäsche „völlig unzureichend“ ist. Dies liegt auch daran, dass im Vergleich zu anderen Ländern fast „grenzenlos Bargeld“ akzeptiert wird, was die Strafverfolgung erschwert. Seit Sommer 2021 müssen Kunden, die mehr als zehntausend Euro Bargeld bei ihrer Bank einzahlen, zumindest die Herkunft des Geldes angeben.

Bussmann argumentiert, dass es bei der Vielzahl von Verdachtsfällen im Emissionshandel rein statistisch einige hundert Verdachtsmeldungen geben müsste. Bisher sind jedoch keine Anzeigen bekannt, obwohl bei anderen Finanz- und Wertpapiermärkten regelmäßig eine Vielzahl von Verdachtsmeldungen bei der Finanzaufsicht Bafin eingeht.

Anfragen bei Staatsanwaltschaften oder der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) bestätigen, dass kaum Hinweise aus dem EU-ETS eingehen, obwohl der FIU mögliche Geldwäschehandlungen in Verbindung mit dem Handel von Emissions- und CO₂-Zertifikaten bekannt sind.

Warum gibt es trotz der vielen Verdachtsfälle im EU-ETS keine Meldungen an die Verfolgungsbehörden?

Die Studie nennt „unzureichende Kenntnis und Problembewusstsein“ als wahrscheinliche Gründe. Insbesondere bei kleineren Unternehmen fehlt es oft an Geldwäschebeauftragten oder Schulungen. Obwohl ein Risikobewusstsein für Betrug vorhanden ist, besteht häufig kein Bewusstsein dafür, dass man auch ein Ziel von Geldwäsche sein könnte. „Die Interviewpartner erinnerten sich häufig erst anhand unserer Fragen an auffällige Transaktionskonstellationen, die einen Verdacht auf Geldwäsche begründen.“ Sie warnt ebenfalls, dass Unternehmen im Emissionshandel „besonderen Sorgfaltspflichten nach dem Geldwäschegesetz“ unterliegen. Verantwortliche machen sich bereits bei leichtfertigem Nicht-Erkennen von Geldwäsche strafbar.


Wird Geldwäsche beim Zertifikatehandel zu zweitem Cum-Ex-Skandal?

Bereits vor Jahren nutzten Kriminelle den EU-ETS aus. Umsatzsteuerbetrüger betrogen den europäischen Fiskus um Milliarden. Um Geldwäsche im EU-ETS zu bekämpfen, könnten ein „Geldwäsche-Compliance-Management“ und Schulungen hilfreich sein. Auch Softwareanalysen von nationalen Verwaltungen könnten helfen, auffällige Transaktionsmuster zu erkennen. Ein Deckel für Barzahlungen wäre eine weitere Option. „Halten die Defizite im Compliance-Management weiter an, dürften die Risiken der Geldwäsche im EU-ETS weiter deutlich zunehmen“, lautet Bussmanns Fazit. Beim Zertifikatehandel geht es um viel Geld. Das zieht selbstverständlich Betrüger an. Wenn die Kontrollen nicht verschärft werden, drohen ähnliche Verluste wie beim Cum-Ex-Skandal.

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