Gaskrise: Bundesnetzagentur warnt

Der Chef der Bundesnetzagentur Klaus Müller warnt angesichts der bislang schon gedrosselten Gaslieferungen aus Russland und der bevorstehenden Wartung von Nord Stream 1 ab dem 11. Juli 2022 vor einem ernsten Engpass bei der Gasversorgung: Die deutschen Gasspeicher könnten bei derzeitigem Füllstand im Sommer maximal zwei Monate lang die Versorgungssicherheit gewährleisten. (t-online 04.07.2022). Die Gaskrise spitzt sich zu.


Gaskrise – Angst vor dem Totalausfall

Müller hält das Szenario eines Totalausfalls der russischen Gaslieferungen für sehr realistisch. Er appelliert deshalb an die Bevölkerung: Einsparungen bei jeglicher Form von Energie seien das Gebot der Stunde. Schon seit rund zwei Wochen schwebt die Frage durch das politische Berlin, ob die bevorstehende reguläre Wartung von Nord Stream 1 zur einer länger andauernden politischen Wartung werden könnte. Müller kann sich das gut vorstellen, wie er zu Reportern der Funke Mediengruppe sagte.

Gaskrise: Bundesnetzagentur warnt.  Die Angst vor dem Totalausfall und leeren Gasspeichern im kommenden Winter nimmt zu
Gaskrise: Bundesnetzagentur warnt. Die Angst vor dem Totalausfall und leeren Gasspeichern im kommenden Winter nimmt zu
Bild: Raysonho @ Open Grid Scheduler / Grid Engine, CC0, via Wikimedia Commons

Sollten die Gaslieferungen aus Russland aus politischen Gründen länger anhaltend abgesenkt werden, würden den Deutschen aktuell nur Einsparungen helfen. So schnell sei anderswo kaum Gas zu beschaffen – zu welchem Preis auch immer. Müller will beileibe keine Panik verbreiten. Dass er trotz allem noch einigermaßen optimistische Prognosen aufstellt, lässt sich an einem Halbsatz erkennen: Die zwei Monate der Überbrückung mit Gas aus den Speichern beziehen sich auf den Sommer oder einen „durchschnittlich kalten Winter“. Was uns blüht, wenn ein richtig kalter Winter kommt, spricht der Chef der Bundesnetzagentur vorläufig nicht an.

Die Reserven müssen übrigens auch dafür genügen, deutsche Verpflichtungen zur Gasdurchleitung in benachbarte europäische Länder zu erfüllen. Mit Stand erste Juliwoche 2022 sind die deutschen Gasspeicher mit ~60 % befüllt.


Aufforderung zur Wartung von Heizungsanlagen

Müller verwies auch darauf, dass eine Wartung von Heizungsanlagen den Energieverbrauch deutlich senken kann. Haus- und Wohnungsbesitzer sollten sich nun darum kümmern, ihre Heizkörper und Gasbrennwertkessel rasch zu überprüfen. Im Zuge einer Wartung werden Heizkörper entlüftet und die Kessel effizienter eingestellt. Dies kann den Gasverbrauch um bis zu 15 % senken. Müller mahnte an, damit keinesfalls bis zum Herbst zu warten.

Die Handwerksfirmen rief er auf, sich auf diese Wartungen von Heizungs- und Warmwasseranlagen zu konzentrieren. Familien wiederum sollten jetzt schon intern klären, mit welcher Raumtemperatur sie im Winter auskommen. Möglicherweise müsse nicht jeder Raum mit voller Kraft beheizt werden.

Warnungen vom Wirtschaftsminister

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Grüne) hatte am 7. Juli deutlich gemacht, dass das vollständige Ausbleiben der russischen Gaslieferungen nach der Wartung von Nord Stream 1 eher wahrscheinlich als unwahrscheinlich sei. Die turnusmäßige Wartung dauert normalerweise zehn Tage. Darauf sind die deutschen Versorgungsunternehmen eingestellt, doch wenn die Lieferung am 21. Juli nicht wieder einsetzt, entsteht eine sehr ernste Lage.

Schon jetzt kaufen manche Versorger Gas sehr teuer aus anderen Quellen zu. Das deutsche Versorgungsunternehmen Uniper war deshalb in Schieflage geraten und hatte am 8. Juli abends beim Bund Hilfen beantragt. Nur wenige Stunden zuvor hatte der Bundestag ein Gesetz für solche Hilfen gebilligt. Das Problem: Die Versorger sind an langfristige Lieferverträge mit ihren Kunden (Industriebetriebe und Stadtwerke) gebunden und können gestiegene Einkaufspreise daher nicht unmittelbar weitergeben. Wenn sie nun deutlich teurer einkaufen müssen, geraten sie in finanzielle Schieflage. Dies könnte sich allerdings alsbald ändern, denn die Bundesregierung ändert aktuell das Energiesicherungsgesetz.


Gaspreise drohen noch weiter zu steigen

Künftig wird es dann erlaubt sein, gestiegene Einkaufspreise unmittelbar an die Kunden weiterzugeben. Damit drohen den industriellen, gewerblichen und privaten Gasverbrauchern schon in nächster Zukunft erhebliche Preisschocks. Die Gaspreise sind schon im abgelaufenen Jahr (von Juli 2021 bis Juli 2022) um durchschnittlich 159 % gestiegen. Doch sie könnten sich mit einer Ausweitung der Gaskrise nochmals verdoppeln oder gar verdreifachen. Neukunden eines Versorgers zahlen den hohen Preis sofort, Bestandskunden mit Ablauf des alten Vertrages. Diesen könnten einige Versorger kündigen.

Die Wahrheit schmerzt, muss aber ausgesprochen werden: Wie an der Tankstelle werden wir auch beim Heizen und beim Strom (der zu einem Großteil aus Gaskraftwerken kommt) schon in den nächsten Wochen und Monaten deutlich tiefer in die Tasche greifen.

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