Gas aus Aserbaidschan – Deutschland rutscht in nächste Energieabhängigkeit

Deutschland setzt künftig auf Gas aus Aserbaidschan. Ein neuer Liefervertrag mit einer Laufzeit von zehn Jahren sieht ab 2025 die schrittweise Lieferung von bis zu 1,5 Milliarden Kubikmetern Erdgas pro Jahr vor. Vertragspartner ist das staatliche Energieunternehmen SEFE, das nach der Energiekrise als zentrale Versorgungsinstanz aufgebaut wurde. Statt Unabhängigkeit entsteht eine neue strategische Bindung – diesmal an den autoritär regierten Kaukasus-Staat (oc-media: 10.06.25).


Vertrag mit Aserbaidschan schafft neue Abhängigkeiten

Der langfristige Vertrag mit SOCAR, der staatlichen Öl- und Gasgesellschaft Aserbaidschans, geht weit über eine einfache Handelsbeziehung hinaus. Beide Seiten betonen die Bedeutung der Vereinbarung für Europas Energiesicherheit. SEFE kündigt an, mit dieser Partnerschaft das eigene Versorgungsportfolio zu diversifizieren. Gleichzeitig verlagert sich Deutschlands Abhängigkeit vom russischen Gas nun zu einem Regime, das seit Jahren wegen Menschenrechtsverletzungen kritisiert wird.

Deutschland schafft mit Aserbaidschan eine neue Gasabhängigkeit – ein 10-Jahres-Vertrag birgt geopolitische Risiken
Deutschland schafft mit Aserbaidschan eine neue Gasabhängigkeit – ein 10-Jahres-Vertrag birgt geopolitische Risiken

Laut offizieller Mitteilung von SEFE entsteht durch die neue Route ein zusätzlicher Zugang zu Pipelinegas aus Aserbaidschan. Das Unternehmen versorgt rund 50.000 Kunden, darunter viele Großabnehmer. Die staatliche Kontrolle über SEFE verleiht dem Deal ein klares geopolitisches Gewicht.

Aserbaidschan gewinnt an Einfluss im Energiemarkt

SOCAR-Präsident Rovshan Najaf bezeichnet die Partnerschaft als Beitrag zur „Diversifizierung Europas“ und zur Erreichung nachhaltiger Wachstumsziele. Für Aserbaidschan bringt der Vertrag weitreichende Vorteile: internationale Anerkennung als Energielieferant und politisches Prestige durch die direkte Anbindung an den deutschen Markt.

Der aserbaidschanische Energieexperte Ilham Shaban sieht im Deal mit SEFE eine Rückkehr zu langfristigen Lieferverträgen mit Europa. Seit dem Projekt Shah Deniz-2 habe es kaum solche Abkommen gegeben. Zudem wertet Shaban den Vertrag als Signal, dass Deutschland Aserbaidschan als stabilen Lieferanten betrachte – und damit auch Vertrauen in ein autoritäres Regime setze.

Physische Leitung nach Deutschland ungewiss

Ob das Gas tatsächlich über Pipelines direkt nach Deutschland fließt, bleibt offen. Zwar sprechen beide Unternehmen von Pipelinegas, doch SEFE betreibt zahlreiche Energieanlagen in Europa. Dort kann das Gas lokal verstromt und regional verteilt werden. Der Umweg über Drittstaaten reduziert zwar logistische Risiken, aber erhöht politische Unübersichtlichkeit.

SEFE-Chef Egbert Laege kündigte im September 2024 eine Ausweitung des Liefernetzes an. Der Schritt erfolgt im Vorfeld der geplanten Privatisierung des Konzerns bis Ende 2028. SEFE entstand 2022 nach der Übernahme der deutschen Tochter von Gazprom – aus einer russischen Abhängigkeit wurde ein neues Konstrukt staatlicher Energieversorgung geschaffen.


Politische Risiken bleiben bestehen

Seit dem Ukrainekrieg gilt Aserbaidschan als Ausweichlieferant für Gas, doch die Risiken sind offensichtlich. Kritiker vermuten weiterhin, dass Russland eigenes Gas über Aserbaidschan in den europäischen Markt einschleust. Zusätzlich gerät die EU durch ihre Nähe zu einem autoritär regierten Land unter Rechtfertigungsdruck. Der Vertrag mit SOCAR verdeutlicht: Energiepolitik ignoriert politische Realitäten nicht – sie nutzt sie.

Deutschland tauscht alte Abhängigkeiten gegen neue. Die politische und wirtschaftliche Verflechtung mit Aserbaidschan birgt Risiken, die über den reinen Energiemarkt hinausreichen. Der Preis für Versorgungssicherheit könnte ein erneuter geopolitischer Balanceakt sein.

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