Die Stromversorgung in Frankreich ist massiv gefährdet. Frankreich erzeugt normalerweise gut 70 Prozent seines Stroms aus Kernkraftwerken. Doch aktuell sind 24 der 56 Reaktoren aufgrund von Reparatur und Wartungsarbeiten nicht am Netz. Viele französische Haushalte heizen im Winter mit Strom. Deren Stromversorgung könnte im Winter zumindest lokal nicht mehr ausreichend möglich sein. Frankreich plant jetzt rollierende Blackouts, sollte es entsprechende Versorgungsprobleme geben (Zeit: 05.09.22).
Energieversorger RTE plant stundenweise rollierende Blackouts
Der französische Energieversorger RTE räumt ein, dass es in der Geschichte des Landes einmalig sei, dass der Strom zeitweise abgestellt werden muss. Doch mittlerweile ist klar, dass das Land in den Wintermonaten nicht genug Strom produzieren kann, wenn die Verbraucher ihren Stromverbrauch nicht drastisch senken. Deshalb geht der Energieversorger davon aus, dass es im Winter rollierende Blackouts geben kann.
Die Versorgungsprobleme sind mittlerweile so gravierend, dass RTE bereits konkrete Pläne zur Abschaltung einzelner Viertel beziehungsweise ganze Regionen ausgearbeitet hat. Die Abschaltungen sollen immer dann erfolgen, wenn der Energiebedarf am höchsten ist. Laut RTE wäre aber kein Haushalt länger als zwei Stunden ohne Strom. Die Stromabschaltungen würden in den Zeitfenstern zwischen 8 und 13 Uhr und 17.30 bis 20.30 Uhr stattfinden. Krankenhäuser, Polizeiwachen und andere wichtige Infrastrukturen sollen von den Abschaltungen ausgenommen sein. RTE plant bis Mitte September eine Pressekonferenz, bei der man die Details veröffentlichen wird.
Bundeswirtschaftsministerium und die Bundesnetzagentur schließen Auswirkungen auf Deutschland aus
Das Bundeswirtschaftsministerium und die Bundesnetzagentur versichern, dass Stromabschaltungen in Frankreich keine Auswirkungen auf die deutsche Stromversorgung haben wird. Durch die damit verbundene Senkung des europäischen Stromkonsums könnten sich die Abschaltungen in Frankreich, laut einer Sprecherin der Bundesnetzagentur, sogar positiv auf den europäischen Strommarkt auswirken. „Besser Frankreich kappt einzelnen Viertel den Strom, als dass ein ungeplanter Blackout das gesamte europäische Stromnetz bedroht“, kommentiert sie die Pläne von RTE.
Der einstige Stromexporteur Frankreich ist mit seinen alternden Atomreaktoren zu einem der schwächsten Glieder in der europäischen Stromversorgung geworden. Im Wintern war Frankreich bereits mehrfach auf Stromimporte aus seinen Nachbarländern angewiesen. Mittlerweile muss Frankreich seinen Strombedarf ganzjährig mit Stromimporten decken. Im Sommer kommt der Importstrom zum großen Teil aus Deutschland, wenn die erneuerbaren Energien mehr produzieren als im eigenen Land benötigt wird. Aber im Winter kommt es, wenn überhaupt, nur sehr selten zu solchen Überschüssen. Dazu kommt diesen Winter auch noch die Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland.
In Frankreich heizen gut 50 Prozent aller Haushalte mit Strom. Dadurch wird bereits eine Leistung von drei kleineren Atomkraftwerken benötigt, wenn im Winter die Außentemperatur um nur ein Grad Celsius sinkt. Der Energieexperte, Yves Marignac, von der Umweltorganisation négaWatt, kommentiert die Situation so: „Frankreichs Politik ist dafür verantwortlich, wenn es im kommenden Winter massive Stromprobleme in Europa gibt. In den kommenden Monaten werden sich hausgemachte Probleme unglücklich kumulieren“.
Franzosen kaufen elektrische Zusatzheizer, um Gas zu sparen
Mittlerweile warnt auch die französische Regierung vor lokalen Blackouts. In einem Radiointerview sagte die Energieministerin, Agnès Pannier-Runacher: „Wir werden alles tun, dass es nicht so weit kommt“. Um die drohenden Stromabschaltungen zu vermeiden, müssten aber die Verbraucher mindestens zehn Prozent weniger Strom verbrauchen. Aktuell steigt der Strombedarf eher, denn viel Nutzer von Gasheizungen haben sich aufgrund der horrenden Gaspreise neue elektrische Radiatoren zum Heizen gekauft. Durch die Deckelung des Strompreises ist das Heizen einer Wohnung damit erheblich günstiger. Die Strompreise wären ohne den staatlichen Eingriff gut 44 Prozent teurer. Damit ist es nur eine Frage der Zeit, bis es in Frankreich zu geplanten rollierenden Blackouts kommt.
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