Die Illusion vom sauberen Ökostrom

Millionen Menschen beziehen in Deutschland von ihrem Energieversorger Ökostrom und glauben deshalb, dass, ihr Strom ausschließlich aus erneuerbaren Energien kommt. Trotzdem zahlen auch sie immer höhere Strompreise. Doch wie kann das sein? Die Ökolobby lässt doch keine Gelegenheit aus, immer wieder zu betonen, dass Wind und Sonnen den Strom deutlich billiger produzieren als die fossilen Kraftwerke.


Viele Verbraucher verstehen nicht, warum ihr Ökostrom nicht billiger ist

Christina Wallraf von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen bekommt mittlerweile immer mehr Anfragen von Ökostromkunden, die wissen wollen, wieso auch ihre Stromrechnung gestiegen ist. Man würde ja ausschließlich 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energiequellen beziehen. „Viele Verbraucher verstehen nicht, warum Ökostromtarife derzeit nicht billiger sind oder zumindest preisstabil“, sagt Wallraf.

Ökostrom wird durch Herkunftsnachweise aus Skandinavien generiert. Alte Wasserkraftanlagen erzeugen nicht mehr Strom als vor der Energiewende
Ökostrom wird durch Herkunftsnachweise aus Skandinavien generiert. Alte Wasserkraftanlagen erzeugen nicht mehr Strom als vor der Energiewende
Bild: Vasily Astanin, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Die Ökostromkunden sitzen ganz offensichtlich einem Missverständnis auf. Sie glauben tatsächlich durch den Abschluss eines Ökostromvertrags ausschließlich saubere Energie zu beziehen. Immerhin haben bereits 30 Prozent aller Haushalte einen Ökostromvertrag bei ihrem Energieversorger abgeschlossen. Diesen Menschen ist offensichtlich nicht klar, dass sie genau den gleichen Strom erhalten, wie alle anderen auch. Bei viel Wind und die Sonne kommt bis zu 50 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energiequellen. Wenn es dunkel ist und so gut wie kein Wind weht, deutlich weniger, oder auch nahezu gar keiner.

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Zahl der Ökostromanbieter steigt rasant

Die Zahl der Anbieter von Ökostrom, die durchaus suggerieren, ausschließlich grünen Strom zu liefern, wächst stetig. Mittlerweile werden am Markt 1.284 Ökostromprodukte angeboten. Darunter zum Beispiel auch Naturstrom vom Energiekonzern Vattenfall, der selbst Kohlekraftwerke betreibt. Auch Eon Energie hat mittlerweile rund 3,3 Millionen Kunden, die einen Ökostromtarif abgeschlossen haben und ist mittlerweile der bundesweit größter Grünstromlieferant für Privatkunden (energie-und-management: 28.07.22).

Ökostrom wird durch Herkunftsnachweise aus Skandinavien und den Alpenländern generiert

Die meisten Stromanbieter haben jedoch gar keine eigenen Kraftwerke, sondern kaufen den Strom an der Leipziger Strombörse. Dort wird der Preis aufgrund des drastisch gestiegenen Gaspreises, von den Gaskraftwerken bestimmt. Um Ökostrom als solchen verkaufen zu dürfen, müssen die Versorger einen Herkunftsnachweis liefern. Dieser Herkunftsnachweis ist ein digitales Dokument, welches belegt, wie der Strom erzeugt wurde. Einen solchen Nachweis gibt es für jede erzeugte Megawattstunde. Die meisten Ökostromanbieter kaufen ihre Herkunftsnachweise im europäischen Ausland ein. Dabei bevorzugen sie hauptsächlich Länder in Skandinavien und im Alpenraum. Dort steht reichlich Strom aus Wasserkraft zur Verfügung.

Alte Wasserkraftanlagen erzeugen nicht mehr Strom als vor der Energiewende

Bei diesen Wasserkraftanlagen handelt es sich allerdings um recht alte Anlagen, die eigentlich keinen Beitrag zur Energiewende leisten. Sie haben ihren Strom schon immer in das Stromnetz eingespeist. Deshalb ändert sich auch an der Gesamtmenge des erneuerbaren Strom nichts. Ein solches Zertifikat kostet zwischen 0,2 und 0,3 Cent pro Kilowattstunde. Mit den billigen Herkunftsnachweisen aus diesen Anlagen wird so im Prinzip nur schmutziger Strom in sauberen umetikettiert und entsprechend teurer als Ökostrom wieder verkauft. Der aus Wasserkraft erzeugte Strom verbleibt in den entsprechenden Ländern, wo er schon vor der Energiewende zur Stromversorgung beigetragen hat. Durch diese Herkunftsnachweise wird keine einzige Kilowattstunde grüner Strom mehr erzeugt als vor der Energiewende. Es entstehen durch die Herkunftsnachweise auch keine neuen Öko-Stromanlagen.


Ökostrom ist reines Marketing-Konzept

„Die Leute glauben, dass sie etwas bewirkt haben. Wir gehen aber davon aus, dass um die 98 Prozent der Angebote reine Marketing-Tarife sind“, sagt Verbraucherschützerin Wallraf dazu. Mittlerweile würden viele Stadtwerke auf Ökostrom umstellen. Deren Kunden bekommen dann einen Brief, der sie darüber informiert, dass sie künftig Ökostrom beziehen, ansonsten würde sich für sie aber nichts ändern.„Daran, dass sich nichts ändert, sieht man schon, dass es nichts bewirkt“, sagt Wallraf. Der dann als Ökostrom gelieferte Strom kommt danach immer noch aus genau den gleichen Quellen als zuvor.

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