Im Bürgerdialog in Erfurt antwortete Bundeskanzler Olaf Scholz zum Stromimport nach der Abschaltung der letzten deutschen Kernkraftwerke: „Jährlich gibt es Zeiten, in denen Deutschland Strom aus dem Ausland kauft“. Scholz erweckt damit den Anschein, als ob sich durch die Abschaltung der Atomkraftwerke nichts gegenüber den Vorjahren geändert hätte. Aber tatsächlich kauft Deutschland jetzt mehr Strom aus dem Ausland als jemals zuvor. Laut Bundesnetzagentur waren es im Juli 5783,4 Gigawattstunden. Ein neuer Rekord (Bild: 11.08.23).
Deutschlands teurer Stromimporte: Warum wir jetzt Millionen mehr zahlen
Deutschland hat noch nie so viel ausländischen Strom gekauft und das kostet natürlich: Im Juli musste Deutschland für den Stromhandel mit EU-Ländern 469 Millionen Euro mehr zahlen, da es mehr gekauft als verkauft hat. Deutschland verkaufte Strom für 38,60 Euro pro Megawattstunde, kaufte aber den Strom für 97,20 Euro pro Megawattstunde von unseren Nachbarländern ein. Insgesamt mussten deutsche Unternehmen 59 Euro mehr pro Megawattstunde zahlen. Das führte zu einem Mehrbetrag von 340 Millionen Euro.
Seit dem Ende der Kernkraftwerke kauft Deutschland mehr Strom aus dem Ausland. Der Strom aus dem Ausland ist fast immer teurer, als der, den wir verkaufen. Scholz deutete an, dass Deutschland nicht nur auf ausländischen Strom setzt. Er erwähnte: „In der Gesamtbilanz ist die Lage ganz anders.“ Braunkohle könnte eine Alternative sein. Doch Deutschland würde Windenergie aus Dänemark und Atomenergie aus Frankreich bevorzugen, da sie kostengünstiger sei.
Deutschlands Sonderweg bei der Energiewende in der Kritik
Prof. Clemens Fuest, ein Top-Ökonom, meinte: „Die Import-Strategie könnte Probleme verursachen. Durch höhere Nachfrage in Deutschland könnten die Preise steigen und den europäischen Energiemarkt beeinflussen.“ Laut Fuest muss Deutschland jetzt mehr auf die Stromimporte aus anderen EU-Ländern vertrauen. Denn viele sehen Kohle nicht als zukünftige Energiequelle und es gibt nicht genug grüne Energie. „Das macht uns abhängig“, kommentierte Fuest. Er betonte auch, dass andere EU-Länder möglicherweise nicht bereit sind, uns in Zukunft zu helfen: „Die EU-Nachbarn könnten zögern, uns zu unterstützen.“
Agnès Pannier-Runacher, Frankreichs Energieministerin, kritisierte Deutschland. Sie erklärte gegenüber dem „Handelsblatt“: „Es ist ein Widerspruch, viel französischen Atomstrom zu kaufen, aber EU-Regeln, die Atomkraft als umweltfreundlich ansehen, abzulehnen.“
Leonhard Birnbaum, Chef von Eon, meinte gegenüber der „Financial Times“: „Deutschland sollte aufhören, dem Rest der EU seine Meinung über Kernenergie zu diktieren“. Atomkraftwerke sind im Übergang zu grüner Energie relevant.
Im „Münchner Merkur“ äußerte Industrie-Chef Siegfried Russwurm: „Strom ist im Ausland günstiger, da Deutschland aus bestimmten Energiequellen aussteigt, die rund um die Uhr verfügbar sind.“ Trotzdem verkauft Deutschland Strom günstiger als es kauft, obwohl es fast die höchsten Steuern und Gebühren in Europa dafür zahlt. Nur Dänemark und Polen haben mit 38 Prozent mehr. In den 27 EU-Ländern beträgt dieser Durchschnitt 15 Prozent (Blackout-News: 12.08.23).