Deutschlands Abhängigkeit von seltenen Erden bedroht Millionen Arbeitsplätze

Seltene Erden stehen im Zentrum einer gefährlichen Abhängigkeit, die Deutschland wirtschaftlich verwundbar macht. Diese Rohstoffe sind das Fundament moderner Industrie, Motor technologischer Innovation, und entscheidend für Wettbewerbsfähigkeit und Versorgungssicherheit. Rund eine Million Arbeitsplätze hängen direkt an der Produktion, die ohne diese Elemente nicht funktioniert. Noch mehr Beschäftigte profitieren indirekt von dieser Rohstoffabhängigkeit. Eine Analyse von McKinsey beziffert den jährlichen Beitrag auf rund 370 Milliarden Euro. Damit geht es um nicht weniger als die Stabilität der deutschen Wirtschaft (handelsblatt: 15.10.25).


China kontrolliert die Lieferkette und verschärft die Abhängigkeit

China hält die Schlüsselrolle in der gesamten Wertschöpfungskette – vom Abbau bis zur Verarbeitung. Diese Dominanz stärkt Pekings geopolitische Macht und vertieft die Abhängigkeit der westlichen Industrienationen. Im Oktober verhängte das chinesische Handelsministerium neue Exportbeschränkungen für Technologien, die zur Verarbeitung seltener Erden nötig sind. Laut McKinsey-Partner Christian Hoffmann geht es längst nicht mehr nur um Preise, sondern um die Fähigkeit, überhaupt produzieren zu können. Wenn die Versorgung stoppt, drohen Produktionsstillstände und ein Verlust an Wettbewerbsfähigkeit.

Deutschlands Industrie steckt tief in der Abhängigkeit von seltenen Erden – mit Folgen für Wirtschaft, Jobs und Versorgungssicherheit
Deutschlands Industrie steckt tief in der Abhängigkeit von seltenen Erden – mit Folgen für Wirtschaft, Jobs und Versorgungssicherheit

Bereits jetzt zeigen sich Folgen: Ende 2024 kappte China den Export von Germanium in die USA, einem zentralen Material für Glasfasern und Halbleiter. Auch die Lieferungen in die EU sanken drastisch – um 60 Prozent im ersten Halbjahr 2025. In betroffenen Unternehmen herrschte Panik, Produktionslinien mussten ausgesetzt werden. Die Industrie reagierte alarmiert, da Engpässe dieser Art direkt in die Lieferketten eingreifen.

Fehlender Weitblick verstärkt die Rohstoffabhängigkeit

Über Jahre hat sich die deutsche Abhängigkeit von kritischen Rohstoffen verfestigt. Politik und Wirtschaft handelten oft erst, wenn Krisen akut waren. Sobald sich die Lage entspannte, rückte das Thema wieder in den Hintergrund. Hoffmann mahnt, dass strategischer Weitblick entscheidend sei, um die Versorgungssicherheit langfristig zu gewährleisten. Unternehmen sollten den Zugriff auf Ressourcen als Kernbestandteil ihrer Wettbewerbsfähigkeit begreifen.

Cornelius Bähr vom Institut der deutschen Wirtschaft bestätigt die Gefahr. Nach seiner Einschätzung hängt das Einkommen von 1,3 Millionen Deutschen an Produkten, die seltene Erden enthalten. Ein Lieferstopp hätte drastische Folgen. Die Wirtschaft stehe vor der Herausforderung, Rohstoffquellen zu diversifizieren und neue Partnerschaften aufzubauen, um die strukturelle Abhängigkeit zu durchbrechen.

EU-Strategie für mehr Versorgungssicherheit

Die Europäische Union listet derzeit 34 Materialien als „kritische Rohstoffe“. Dazu zählen neben seltenen Erden auch Lithium, Kobalt und Phosphor. Diese Stoffe gelten als strategisch unverzichtbar, weil Ersatzstoffe fehlen und Lieferunterbrechungen kaum kompensiert werden können. Der steigende Bedarf durch Hightech- und Rüstungsindustrien verschärft den Druck. Hier zeigt sich erneut, wie eng Innovation und Rohstoffpolitik verknüpft sind.

China kontrolliert dabei nicht nur den Abbau, sondern auch die Weiterverarbeitung. Jede neue Exportauflage aus Peking beeinflusst die europäische Industrie direkt. Fehlende Diversifizierung bleibt somit ein Risiko für die gesamte Wirtschaft.


Neue Chancen durch den Rohstoff-Fonds

Ein Ansatz zur Reduzierung der Abhängigkeit liegt im von der Bundesregierung aufgelegten Rohstoff-Fonds. Dieser soll deutsche Unternehmen beim Aufbau alternativer Bezugsquellen unterstützen. Über die Kreditanstalt für Wiederaufbau werden Investitionen abgesichert, um Risiken zu minimieren. Hoffmann hält den Fonds für ein sinnvolles Instrument, betont jedoch, dass er nur ein Anfang sei.

Notwendig seien branchenübergreifende Kooperationen – zwischen Industrie, Banken und Forschungseinrichtungen. Nur so lasse sich die gesamte Wertschöpfungskette stabilisieren. Zudem brauche es politische Unterstützung, um die Versorgungssicherheit dauerhaft zu stärken.

Japan als Vorbild für nachhaltige Wirtschaftspolitik

Ein Blick nach Japan zeigt, dass Abhängigkeit überwindbar ist. Das Land setzte früh auf ein Vier-Säulen-Modell: Recycling, Materialeinsparung, Entwicklung von Ersatzstoffen und Diversifizierung der Bezugsquellen. Enge Zusammenarbeit zwischen Staat und Wirtschaft machte Japan widerstandsfähig gegen Lieferengpässe. Hoffmann nennt dieses Konzept vorbildlich und übertragbar auf Deutschland.

Mit klarem Kurs, strategischer Planung und internationaler Kooperation lässt sich die fragile Abhängigkeit von seltenen Erden verringern. Ohne entschlossenes Handeln droht Deutschland jedoch, seine industrielle Stärke und Wettbewerbsfähigkeit dauerhaft zu verlieren.

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