Die deutsche Stahlproduktion erlebt einen historischen Einbruch. Hohe Energiekosten und niedrige Stahlpreise aus dem Ausland setzen die Branche massiv unter Druck. Nach aktuellen Zahlen fiel die Rohstahlproduktion im ersten Halbjahr um fast zwölf Prozent auf nur noch 17,1 Millionen Tonnen. Damit liegt das Produktionsniveau auf dem Stand der Finanzmarktkrise 2009. Bereits 2023 sank die Stahlproduktion um fünf Prozent, während sie 2024 kurzfristig um 4,5 Prozent anstieg, bevor nun der deutliche Rückgang einsetzte (focus: 23.07.25).
Stahlpreise und Nachfrage im Sinkflug
„Der Produktionseinbruch in unserer Branche zeigt, wie dramatisch es um den Industriestandort Deutschland steht“, betont Kerstin Maria Rippel, Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl. Wichtige Abnehmerbranchen wie Bauwirtschaft, Maschinenbau und Automobilindustrie kaufen aktuell deutlich weniger Stahl. In Verbindung mit niedrigen Stahlpreisen aus Asien verliert die deutsche Stahlindustrie an Wettbewerbsfähigkeit.

Hohe Energiekosten verschärfen die Lage zusätzlich. „Was wir jetzt brauchen, ist ein Stahlgipfel als Spitzentreffen auf höchster politischer Ebene mit unserer Branche“, fordert Rippel. Nur ein koordiniertes Handeln von Politik und Wirtschaft könne verhindern, dass Deutschland als Industriestandort weiter geschwächt wird.
Energiekosten als größtes Problem
Die Stahlindustrie kämpft mit rekordhohen Energiekosten. „Politisch muss jetzt alles daran gesetzt werden, für energieintensive Industrien wie die Stahlindustrie einen international wettbewerbsfähigen und langfristig verlässlichen Strompreis zu sichern“, erklärt Rippel. Ein sofortiger Schritt sei die Senkung der Übertragungsnetzentgelte. Ohne solche Maßnahmen bleibt die Stahlproduktion in Deutschland im Nachteil.
Darüber hinaus fordert die Branche einen starken europäischen Handelsschutz. Dumpingpreise aus China und anderen Staaten setzen die Stahlpreise weiter unter Druck. Ohne konsequente Maßnahmen könnten Arbeitsplätze und Investitionen ins Ausland abwandern.
Thyssenkrupp streicht tausende Jobs
Thyssenkrupp Steel Europa (TKME), größter deutscher Stahlproduzent, reagiert mit drastischen Maßnahmen. Das Unternehmen steckt tief in den roten Zahlen. Bis 2030 soll die Zahl der Beschäftigten von aktuell 27.000 auf 16.000 sinken. Neben dem Stellenabbau plant TKME auch den Verkauf und die Auslagerung von Unternehmensteilen, um Kosten zu reduzieren.
Nach intensiven Verhandlungen mit der Gewerkschaft IG Metall einigte sich das Management auf ein Sparpaket. Das Einkommen der Beschäftigten sinkt um durchschnittlich acht Prozent. Diese Kürzungen sollen die finanzielle Lage stabilisieren und die Produktionskapazitäten anpassen.
Zukunft der Stahlproduktion
Die Stahlproduktion in Deutschland steht vor einem grundlegenden Wandel. Investitionen in energieeffiziente Technologien gelten als entscheidend, um die Produktionskosten zu senken und international wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch ohne klare politische Unterstützung droht ein weiterer Rückgang.
Energiepreise, schwache Nachfrage und niedrige Stahlpreise bilden eine gefährliche Mischung. Ob die Branche langfristig überlebt, hängt von schnellen Entscheidungen und gezielten Investitionen ab. Die kommenden Monate dürften für die Stahlindustrie entscheidend sein.
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