DB Cargo vor radikalem Umbruch – 8000 Jobs im Güterverkehr in Gefahr

Die Güterverkehrstochter der Deutschen Bahn steht vor einem massiven Umbau. DB Cargo kämpft mit hohen Verlusten und prüft den Rückzug aus dem Einzelwagenverkehr. Dabei könnten bis zu 8000 Jobs verloren gehen. Diese Sparte gilt als Schlüssel für die Verkehrswende, da sie den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene bringt. Für Unternehmen bedeutet dies, dass einzelne Waggons direkt abgeholt und auf Rangierbahnhöfen zu langen Zügen zusammengestellt werden. Insider berichten, dass dieses Geschäft kaum rentabel betrieben werden kann. Laut Handelsblatt analysieren Berater Szenarien, die eine Reduktion um bis zu 80 Prozent vorsehen (handelsblatt: 25.07.25).


Massive Auswirkungen auf Wirtschaft und Güterverkehr

Ein solcher Einschnitt hätte spürbare Folgen für die Industrie. Branchen wie Stahl, Chemie und Bau müssten wieder stärker auf Lkw setzen. Private Wettbewerber könnten diese Lücke nicht sofort füllen, meinen Fachleute. Gleichzeitig droht ein erheblicher Stellenabbau. Rund 8000 Jobs hängen direkt am Einzelwagenverkehr. Selbst ein Teilausstieg könnte 4000 Arbeitsplätze gefährden. Nach Handelsblatt-Informationen liegen dem Vorstand bereits zwei Konzepte der Beratungsfirmen Oliver Wyman und SCI Verkehr vor. Bis Ende Juli soll ein eigenes Sanierungskonzept entstehen, das die Sparte profitabel macht.

DB Cargo plant harte Einschnitte im Güterverkehr. Bis zu 8000 Jobs und die Verkehrswende stehen auf dem Spiel
DB Cargo plant harte Einschnitte im Güterverkehr. Bis zu 8000 Jobs und die Verkehrswende stehen auf dem Spiel

Die Eisenbahngewerkschaft EVG warnt vor einem „Kahlschlag im Einzelwagenverkehr“. In einem Schreiben an die Belegschaft heißt es, die Pläne glichen „denkfaulen Kürzungsorgien“. Mit einem Marktanteil von 40 Prozent am Transportvolumen ist diese Sparte ein bedeutender Bestandteil von DB Cargo. Dennoch verursacht sie hohe Verluste. DB-Cargo-Chefin Sigrid Nikutta betont: Ohne zusätzliche Bundesförderung sei ein Weiterbetrieb ausgeschlossen.

Reduzierung von Verladestellen und Klimafolgen

Bereits vor zwei Jahren war ein Abbau von Verladestellen im Gespräch. Von rund 1000 Standorten könnten nur noch 100 übrig bleiben. Auch die 144 Zugbildungsanlagen stehen auf dem Prüfstand. In aktuellen Plänen könnten bis zu zwei Drittel davon stillgelegt werden. Diese Reduzierung würde nicht nur die Logistik der Industrie erschweren. Auch die Klimaziele der Bundesregierung gerieten in Gefahr. Ein Rückgang des Schienengüterverkehrs führt zwangsläufig zu mehr Lkw-Verkehr und erhöhtem CO₂-Ausstoß.

Die EU-Kommission hat zudem festgelegt, dass DB Cargo ab 2026 keine Konzernsubventionen mehr erhalten darf. Das Unternehmen muss dann eigenständig Gewinne erzielen. 2024 lag das Minus bei 357 Millionen Euro. Für dieses Jahr peilt Nikutta einen zweistelligen Millionenverlust an. Trotz dieser Lage sind Rückzahlungen der bisherigen Unterstützung nicht erforderlich. Ein belgischer Wettbewerber hatte wegen der Beihilfen geklagt, jedoch ohne Erfolg.

Industrie fordert Erhalt des Einzelwagenverkehrs

Die EVG betont: „Die Industrie braucht den Einzelwagenverkehr, ebenso wie der Umweltschutz.“ Die Gewerkschaft schlägt vor, ihn als gemeinnützig einzustufen und unter das Dach von DB InfraGO zu stellen. So wäre kein Gewinn mehr nötig. DB InfraGO betreibt das Schienennetz und über 5400 Bahnhöfe. Gewerkschaftsvertreter kritisieren jedoch, dass ein Schrumpfen des Geschäfts einem Ausverkauf gleiche.

Nikutta startete bereits ein umfassendes Sanierungsprogramm. Internationale Güterverkehre laufen nun ohne Übergabe an Regionalgrenzen. Lokführer begleiten ihre Züge durchgängig, was Prozesse beschleunigt. Dennoch bleibt der Einzelwagenverkehr das größte Defizit. 80 Prozent der Verluste von DB Cargo stammen aus dieser Sparte. Bahnchef Richard Lutz betont, dass andere Bereiche des Güterverkehrs inzwischen profitabel sind.


Zukunft der Förderung bleibt unklar

In Deutschland kontrolliert DB Cargo 90 Prozent des Einzelwagenmarktes. Dennoch gibt es kleinere Anbieter, die profitabel arbeiten. Branchenkenner wie Peter Westenberger sehen die Verluste bei DB Cargo vor allem in ineffizienten Abläufen. Die Digitalisierung der automatischen Kupplung verzögert sich, weshalb hohe Personalkosten entstehen. Viele europäische Länder haben den Einzelwagenverkehr bereits aufgegeben. Moderne Lösungen wie Cargobeamer oder Helrom umgehen das zeitaufwendige Rangieren.

Im Bundesverkehrsministerium wird über eine Neuausrichtung der Bahnstrategie beraten. DB Cargo hofft auf höhere Förderungen. 2024 flossen 300 Millionen Euro in den Einzelwagenverkehr, doch DB Cargo erhielt nur 60 Prozent davon. Nicht genutzte Mittel von Wettbewerbern könnten künftig anders verteilt werden. Ob dies gelingt, entscheidet sich nach der Sommerpause, wenn das Ministerium seine neue Strategie vorstellt.

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