BMW-Chef Zipse: Einführung des Verbrenner-Verbots war naiv

Oliver Zipse, der Chef von BMW, betrachtet das geplante Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035 als naiv. In einem Interview äußert er die Sorge, dass dieses Verbot die gesamte Industrie erpressbar machen könnte. Seine Ansichten zur Elektromobilität sind zwiespältig. Besonders deutlich wird er jedoch bei der Frage der Entkopplung von China. Das Verbot von Verbrennungsmotoren, das ab 2035 gelten soll, hat im Vorfeld der Europawahl wieder an Brisanz gewonnen. Einige hoffen, dieses Verbot abwählen zu können. Zipse findet klare Worte: „Aus unserer Sicht war schon die Einführung dieses Verbots naiv.“ Dies erklärte er in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (faz: 14.05.24). BMW hätte dies von Anfang an kritisiert und dafür viel Gegenwind erhalten. Jetzt würden sich bei vielen die Augen öffnen.


BMW-Chef warnt: Verbrenner-Verbot bedroht Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit

Zipse betont, dass die Regulierung der Märkte in dieser Dimension alles schlechter mache: Wettbewerbsposition, ökologische Wirkung und Arbeitsplatzsicherheit würden darunter leiden. „Wenn das Regelwerk so bleibt, hat das eklatante Folgen für die industrielle Basis in Europa. Nach unserer Schätzung würde sich die Wertschöpfung der Automobilindustrie in etwa halbieren – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Beschäftigung“, erklärt Zipse.

BMW-Chef: Verbrenner-Verbot bedroht Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit. „Aus unserer Sicht war schon die Einführung dieses Verbots naiv.“
BMW-Chef: Verbrenner-Verbot bedroht Arbeitsplätze und Wettbewerbsfähigkeit. „Aus unserer Sicht war schon die Einführung dieses Verbots naiv.“

Er sieht die Notwendigkeit, das Verbot anzupassen. „Mit dem Aus im Jahr 2035 ist eine gesamte Industrie erpressbar geworden“, erläutert er. Internationale Wettbewerber und Lieferanten wüssten, dass die Industrie von einer einzigen Technologie abhängig sei. Dies mache Marktmechanismen ineffektiv und verteuere die benötigten Rohstoffe erheblich. Eine Senkung des CO₂-Ausstoßes nach 2035 müsse anders erreicht werden können. Zipse verweist auf die 250 Millionen Bestandsfahrzeuge mit Verbrennungsmotoren, die von der Regelung nicht betroffen seien, aber Hauptemittenten darstellten.

BMW-Chef Zipse: Bessere CO₂-Ziele statt Verbrenner-Verbot und teure E-Mobilität

Zipses Lösungsvorschlag: Ein anspruchsvolleres CO₂-Ziel für Kraftstoffe. Die Beimischung von CO₂-armen oder -neutralen Kraftstoffen müsse erhöht werden, doch dafür fehlten derzeit die gesetzlichen Vorgaben. „E-Fuels, E 25, HVO100 – unsere Motoren sind dafür schon seit vielen Jahren ausgelegt. Gerade beim Thema HVO100 erhalten wir viele Anfragen von Flottenbetreibern, die damit den CO-Ausstoß ihres Fuhrparks um 90 Prozent senken könnten.“

Beim Thema Elektromobilität ist Zipse geteilter Meinung. BMW hatte schon vor Jahren vor der mittlerweile beendeten Kaufförderung in Deutschland gewarnt. „Das Geld wäre in Ladeinfrastruktur besser angelegt. Aber das Ende der Förderung macht uns keine allzu großen Sorgen, in einem halben Jahr wird sich der Markt wieder normalisiert haben.“

Ein weiteres Problem sei die Fertigung: Während Verbrennungsmotoren komplett in Europa hergestellt werden könnten, fehlten die meisten Batterierohstoffe. Europa spiele in der weiteren Verarbeitungs- und Wertschöpfungskette keine Rolle. „China hat sich in diesem wichtigen Zweig global strategisch positioniert. Das wird sich selbst in zehn oder 15 Jahren nicht mehr signifikant verändern. Das ist ein wirtschaftspolitischer Aspekt, den man nicht ignorieren kann.“


BMW-Chef Zipse warnt: Verbrenner-Verbot und China-Abkopplung bedrohen Europas Industrie

Auf die Frage, ob dieselben Politiker das Verbrenner-Verbot beschlossen hätten und nun eine Abkopplung von China forderten, antwortet Zipse: „Das ist eine Absurdität.“ Dies könne dazu führen, dass der Handelspartner mit Gegenmaßnahmen reagiert. „Vielleicht wird dann plötzlich die Verfügbarkeit essenzieller Rohstoffe für Elektrofahrzeuge schwieriger. Hier wird viel zu kurz gedacht.“

Auch die Sorge, dass günstige chinesische Autos den europäischen Markt überschwemmen könnten, teilt Zipse nicht. „Früher war es die Sorge vor den Japanern, dann den Koreanern. Jetzt sind es die Chinesen. Aber deren Marktanteil in Deutschland liegt aktuell bei 0,8 Prozent. Da kann man doch nicht ernsthaft von ‚überschwemmen‘ sprechen.“

BMW-Chef Oliver Zipse fordert somit eine differenzierte Betrachtung und kritisiert starre Regelungen, die seiner Meinung nach langfristig negative Folgen für die europäische Industrie haben könnten. Die Zukunft der Automobilindustrie sieht er in einer Kombination aus verschiedenen Technologien und einer flexibleren Regulierung.

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