Nicht jeder Besitzer einer Biogasanlage erhält die EEG-Förderung. Die Ausschreibung war stark überzeichnet, was für Landwirte und die Wärmeversorgung in Dörfern weitreichende Folgen hat.
Die Biogas-Branche möchte einen größeren Beitrag zur Energiewende leisten, doch die Politik blockiert. Mit dieser Botschaft gingen der Fachverband Biogas und der Deutsche Bauernverband an die Öffentlichkeit. Viele Betreiber von Biogasanlagen, oft Landwirte, stehen vor einer ungewissen Zukunft, da die bisherige EEG-Förderung ausläuft. Wer weiterhin Strom und Wärme produzieren möchte, muss sich an den halbjährlichen Ausschreibungen der Bundesnetzagentur beteiligen. Dabei gibt es deutlich mehr Interessenten als verfügbare Plätze. (Schwäbische, 28.06.2024)
Überzeichnete Ausschreibungen
In der jüngsten Runde hat die Netzagentur 240 Megawatt ausgeschrieben. Es wurden 788 Gebote mit einer Gesamtmenge von 742 Megawatt eingereicht. Zuschläge erhielten 263 Gebote mit einer Menge von 243 Megawatt. Der Großteil der Zuschläge ging an Betreiber bestehender Anlagen. Nur acht Gebote für neue Anlagen mit insgesamt 11 Megawatt Leistung erhielten einen Zuschlag. Horst Seide, Präsident des Fachverbands Biogas, äußerte sich besorgt: „525 Anlagen haben keine Perspektive für einen Weiterbetrieb.“ Der Neubau komme nahezu zum Erliegen, warnte er.
Regionale Schwerpunkte und lokale Herausforderungen
Oberschwaben ist ein Schwerpunkt der Biogas-Branche. Von den etwa 1000 Anlagen in Baden-Württemberg steht allein ein Drittel in den Landkreisen Ravensburg, Biberach, Alb-Donau und Sigmaringen. Bei einer Umfrage unter 600 Betreibern haben 40 Prozent angegeben, sich erneut an Ausschreibungen beteiligen zu wollen, während 30 Prozent ihre Anlagen stilllegen möchten. „Wir haben fast täglich Anfragen von Landwirten, die nicht wissen, wie es weitergehen soll.“, berichtete Johann Meierhöfer vom Deutschen Bauernverband.
Die Wärmeversorgung in vielen Kommunen könnte dadurch gefährdet sein. Viele Biogasanlagen erzeugen nicht nur Strom, sondern auch Wärmeenergie, die in lokale Netze eingespeist wird. Dies betrifft oft kleine Netze von bis zu 50 Haushalten, aber auch öffentliche Gebäude wie Schulen und Schwimmbäder. Die Branche spürt daher starken Rückhalt bei vielen Bürgermeistern, die um die Wärmeversorgung in ihren Gemeinden fürchten, erklärte Seide.
Investitionen und politische Herausforderungen
Biogasanlagen können jederzeit Energie liefern, anders als Windräder und Solarzellen. Sie lassen sich steuern und könnten so besonders dann Strom ins Netz speisen, wenn sonst wenig verfügbar ist. Dies erfordert jedoch Investitionen, die derzeit aufgrund der geringen Nachfrage nach Biogas-Strom nicht ausreichend getätigt werden können. „Die Biogasbranche ist bereit zu investieren, sie wird nur nicht gelassen“, erklärte Seide. Meierhöfer warnte zudem vor neuen Abhängigkeiten durch den verstärkten Einsatz von Flüssiggas aus den USA.
Ein Sprecher von Wirtschaftsminister Habeck erläuterte, dass der Bund in der Energie aus Biogas nur ein begrenztes Potenzial sieht. Dies liege vor allem an der begrenzten Verfügbarkeit von nachhaltig erzeugter Biomasse. Diese müsse vorrangig in Bereichen eingesetzt werden, in denen es wenig Alternativen gebe, wie in der Industrie und Bauwirtschaft. Biogasanlagen sollten den Fokus auf Flexibilisierung legen.
Dennoch fehlt es vielen Betreibern an Geld für notwendige Investitionen, selbst wenn sie eine EEG-Förderung erhalten. Norbert Marschall, Betreiber einer Biogasanlage in Ravensburg-Fidazhofen, meinte: „Das reicht zum Weiterbetreiben, aber nicht zum Investieren.“
Der Fachverband Biogas fordert eine Erhöhung des jährlichen Ausschreibungsvolumens auf 1800 Megawatt sowie eine Erhöhung des Flex-Zuschlags. Bisher gibt es jedoch keine positiven Signale aus dem Wirtschaftsministerium, beklagte Seide.
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