Im malerischen Bündner Rheintal hat Axpo kürzlich die größte Wasserstoffproduktionsanlage der Schweiz in Betrieb genommen. Die hochmoderne Einrichtung in Domat/Ems, lediglich zwei Kilometer entfernt von großen Industriebetrieben wie der Ems-Chemie, steht allerdings vor einer großen Herausforderung: Es mangelt an regionalen Abnehmern für den produzierten Wasserstoff. „Mit der Anlage machen wir die Luft ein wenig sauberer“, erklärt Stéphane Künzi, Projektleiter bei Axpo, doch die lokale Industrie zeigt wenig Interesse an dieser sauberen Energie (nzz: 26.04.24).
Grüne Energie ohne Abnehmer: Warum Axpos Wasserstoffprojekt bei der Industrie auf Widerstand stößt
Trotz der geografischen Nähe und der offensichtlichen Vorteile von Wasserstoff als umweltfreundlicher Energiequelle, stößt Axpo auf Zurückhaltung. In der unmittelbaren Umgebung der Anlage, im Industriepark Vial, nutzen Unternehmen wie Hamilton Medical und die Ems-Chemie bereits alternative Energielösungen. Die Ems-Chemie deckt ihren beträchtlichen Energiebedarf durch ein eigenes Biomassekraftwerk und sieht in Wasserstoff aufgrund seiner geringen Energieeffizienz und der benötigten Infrastruktur keinen geeigneten Ersatz.
Industrie zweifelt an der Effizienz grüner Energie
Die Skepsis gegenüber Wasserstoff speist sich nicht nur aus den vorhandenen Energiequellen der Unternehmen. Kritisch betrachtet wird vor allem der Wirkungsgrad der Energiequelle. „Der Einsatz von Wasserstoff als Energiequelle hat einen sehr schlechten Wirkungsgrad“, so die Ems-Chemie. Auch für Hamilton Medical, die auf eine Kombination aus Solarenergie und Wärmepumpen setzen, bleibt die Umstellung auf Wasserstoff unattraktiv, da die Anforderungen an die Gasqualität für spezifische Produktionsprozesse, wie die Glasverarbeitung, hoch sind.
Große Pläne, wenig Nachfrage: Axpos Kampf um einen Markt für Wasserstoff
Obwohl die Anlage darauf ausgelegt ist, jährlich 350 Tonnen Wasserstoff zu produzieren, bleibt der Absatzmarkt unsicher. Der Transport per Lastwagen, statt über effizientere Pipelines, und die fehlende lokale Nachfrage komplizieren die Lage zusätzlich. Axpo steht somit vor der Aufgabe, geeignete Vertriebsnetze aufzubauen und Abnehmer außerhalb der unmittelbaren Region zu finden, um den Wasserstoffmarkt aktiv zu entwickeln.
Kleinere Abnehmer und spezielle Anwendungen
Ein Lichtblick ist die BC Tech AG, ein kleineres Unternehmen im Industriepark Vial, das Wasserstoff für spezielle Fertigungsprozesse nutzt. Diese Firma zeigt, dass es durchaus spezifische Anwendungsfälle für Wasserstoff gibt, die aber in größerem Maßstab noch erschlossen werden müssen. Axpo arbeitet daher mit Vertriebspartnern wie Westfalen Gas Schweiz zusammen, um den Wasserstoff an Kunden weiter entfernt zu liefern und somit den Markt schrittweise zu erweitern.
Ungewisse Zukunft für Wasserstoff: Axpos Kampf um Akzeptanz und Verbreitung
Trotz der innovativen Technologie und der erheblichen Investitionen bleibt die Zukunft der Wasserstoffproduktion in Domat/Ems ungewiss. Axpo muss sich nicht nur mit der fehlenden regionalen Nachfrage auseinandersetzen, sondern auch mit der Herausforderung, den Wasserstoff als praktikable Energiequelle für breitere Anwendungen zu etablieren. Es bedarf einer verstärkten Aufklärung über die Vorteile von Wasserstoff sowie der Entwicklung von Infrastrukturen, die eine breitere Nutzung ermöglichen.
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