Die Bierbrauereien in Deutschland müssen sich damit konfrontiert sehen, dass es unweigerlich zu Lücken in den Lieferketten kommen wird. Nun befürchten die Hersteller, dass es hierdurch zu Verzögerungen in den Produkten kommen könnte. Und dies, wo die Branche gerade erst wieder einen Anstieg des Bier-Umsatzes verzeichnen konnte.
Das gute Wetter und neue Freiheiten kurbelten den Konsum von Bier an
Für die deutschen Bierproduzenten ging es zuletzt nach einem Tief hinsichtlich des Absatzes von Fassbier wieder deutlich aufwärts. Sowohl gut besuchte Biergärten und volle Terrassen als auch einen hohen Anklang registrierende Schützen- und Volksfeste kurbelten die Produktion von Bier in den vergangenen Wochen an. Michael Huber, Geschäftsführer der Brauerei Veltins, erklärte dies mit dem mutmaßlichen Nachholbedarf der Menschen an der Teilnahme an Events nach dem Lockdown.
Die Leute würden den Drang verspüren, nach draußen gehen zu wollen und Geselligkeit zu genießen. Sie besuchten Veranstaltungen nicht nur öfter, sie blieben auch länger als noch in den Jahren vor der einschränkenden Corona-Pandemie. Dies habe resultieren lassen, dass der Bierkonsum vor allem bei Events höher als erwartet ausgefallen sei. Auch der Sprecher des Verbandes Privater Brauereien in München, Benedikt Meier, habe dies wahrgenommen. Frauen und Männer würden wieder gerne in die Biergärten gehen, wobei mancherorts mit Blick auf die Umsätze sogar noch mehr gehen könne.
Fehlendes Personal bereitet den Gastronomen zusätzlich weiterhin Schwierigkeiten
Gegenwärtig seien es noch nicht die Lieferschwierigkeiten, vielmehr die seit langem anhaltende Suche nach Personal, die den Betreibern von Wirtschaften und somit auch den Bierbrauern einen Strich durch die Rechnung mache. Das Fehlen von Personal beginne in der Küche und reiche bis zu Servicemitarbeitern. Dasselbe monierte auch Michel Hollmann von der Altbier-Brauerei Bolten am Niederrhein. Der Personalmangel scheine sich nur schwer bzw. überhaupt nicht zu erholen. Zahlreiche Beschäftigte hätten sich während der Corona-Krise nach anderen Arbeitsmöglichkeiten umgeschaut und priorisierten die Arbeitszeiten hierbei nun stärker. Diese seien in der Gastronomie schlichtweg für viele Arbeitnehmer mittlerweile grundsätzlich unattraktiv.
Der Wegfall der russischen Gasversorgung stellt Brauereien vor eine Herausforderung
Dass der Absatz von Fassbier weiterhin steigen wird, davon ist Niklas Other überzeugt. Der Herausgeber des Branchenmagazins „Inside“ reflektierte, dass unverkäufliches Bier für Brauereien durch den wiederholt verlängerten Lockdown zu einem Problem avanciert sei. Um den Schaden so gering wie möglich zu halten, hätten Bäckereien Bierbrot hergestellt. Nachdem die Reserven über mehrere Monate hinweg nicht mehr aufgefüllt wurden, haben die Bierbrauer in Deutschland erst im Mai 2021 wieder mit dem Abfüllen ihrer Fässer begonnen.
Zunehmend Sorgen machen sich die Brauereien in Deutschland allerdings auch zunehmend um das Thema Gasversorgung. Nachdem sich die Bundesrepublik für eine Unabhängigkeit von Russland mit Blick auf die Versorgung von Gas entschlossen hat, befürchten viele Betriebe enorme Nachteile. Sollten nicht zeitnah Alternativen angeboten werden, dann könne laut Holger Eichele ein Blackout in der Branche entstehen. Auch um wichtige Geschäftspartner wie Glasproduzenten mache sich der Chef des Deutschen Brauer Bundes Sorgen. Rund zwei Drittel der hierzulande existierenden Brauereien seien kompromisslos auf eine Gasversorgung angewiesen.
Erste Brauereien wirken einer Schließung präventiv entgegen
Ebenfalls eine mangelnde Reserve an Leim und Etiketten könne für viele Brauereien in naher Zukunft ein Aus herbeiführen. Die Verantwortlichen der Bierbrauerei Veltins hätten vorsorglich rund 30 Millionen Euro für entsprechende Artikel ausgegeben und hierfür sogar Lagerhallen angemietet. Aus Angst, dass kurzfristige Bestellungen in hohen Mengen bald nicht mehr erfolgreich abgewickelt werden könnten.
Erste Schritte ist bereits die Privatbrauerei Oettinger gegangen, die zum Ende dieses Jahres ihren Standort in Gotha schließen will. Mitarbeiter in Produktion und Logistik werden von diesem Vorhaben in Thüringen betroffen sein. Das Unternehmen begründet diese Maßnahme mit Einbußen beim Umsatz mit Bier.