Die verstärkte Errichtung von Windkraft- und Solaranlagen im ersten Halbjahr hat offenbar keinen positiven Einfluss gehabt. Da der Wind still stand und die Sonne weniger schien, hat die Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen sogar abgenommen. Die Politik verfängt sich dabei in Widersprüchen (focus: 07.08.23).
Trotz massivem Ausbau erzeugen Wind und Sonne weniger Strom als im Vorjahr
Alle Unterstützer der Energiewende zeigen sich enttäuscht über die Zahlen: Im ersten Halbjahr 2023 haben die Erneuerbaren laut Bundesumweltamt trotz des Baus zahlreicher Solar- und Windkraftanlagen weniger Strom aus erneuerbaren Quellen erzeugt, verglichen mit dem ersten Halbjahr 2022. Nur rund 136 Terawattstunden Strom kamen aus diesen Energiequellen. Das ist ein Prozent weniger Strom als in den ersten sechs Monaten des vorherigen Jahres. Diese Entwicklung enttäuscht vor allem diejenigen, die auf Solarenergie und Windkraft als Stromquellen setzen, da deutlich mehr neue Anlagen errichtet wurden: Der Zuwachs an neuen Solaranlagen lag bei 6000 Megawatt mehr als in den Rekordjahren 2010 bis 2012. Der Leistungszuwachs bei Windkraft lag bei 1350 Megawatt, wodurch der Bestand an Anlagen um etwa zwei Prozent gewachsen ist.
Der Anteil erneuerbarer Energien ist gestiegen, da der Stromverbrauch durch sinkende Wirtschaftsleistung gesunken ist
Das Wetter hat dazu beigetragen, dass die Erwartungen nicht erfüllt wurden. Die Sonne schien weniger und der Wind wehte schwächer als im Vorjahr. Das Amt, das unter der Aufsicht des grünen Bundeswirtschaftsministers Robert Habeck steht, zeigt die Entwicklung auch auf eine andere Weise: Da dieses Jahr deutlich weniger Strom verbraucht ist, hat sich der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch von 49 auf 52 Prozent erhöht.
Das klingt nach guten Nachrichten. Wer jedoch mit dieser Zahl hantiert, sollte bedenken, dass der Rückgang des Verbrauchs hauptsächlich auf eine geringere Industrieproduktion zurückzuführen ist, was ein Merkmal einer Rezession ist. Eine Ursache der Rezession sind die steigenden Energiepreise, die auch durch die Klimapolitik der Bundesregierung verursacht sind – es beißt sich also die Katze in den Schwanz. Mit Bezug auf erneuerbare Energien gesteht das Bundesumweltamt ein, dass „der aktuelle Zuwachs an Anlagen nicht ausreichend“ ist und fordert somit indirekt einen stärkeren Ausbau.
Das Bundesumweltamt bewertet die Entwicklung der sogenannten „erneuerbaren Wärme“ positiv. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 stieg die aus erneuerbaren Quellen bereitgestellte Wärme um beeindruckende fünf Prozent. Doch auch hinter dieser Bilanz verbergen sich nicht immer positive Entwicklungen: So nahm insbesondere der Einsatz „fester Biomasse“ zu, wie die Behörde es nennt – und damit Brennholz meint. Das Verbrennen von Holz gilt als Nutzung erneuerbarer Energie, obwohl Umweltverbände diese Methode als „weder nachhaltig noch klimafreundlich“ kritisieren.
Fernwärme ist laut Definition des Gesetzgebers „grün“, weil sie als „unvermeidbare Wärme“ aus Produktionsprozessen angesehen ist. Es macht dabei keinen Unterschied, dass diese Prozesse häufig durch fossile Energieträger befeuert sind. Ein logischer Widerspruch besteht auch darin, dass Strom zur Wärmeerzeugung grundsätzlich als erneuerbar eingestuft ist, auch wenn er im Winter in Deutschland hauptsächlich aus Kohle, Gas oder importiertem Atomstrom besteht.
Habeck bekräftigt positives Vorankommen der Energiewende
Die Bundesregierung lässt sich nicht durch Rückschläge aufhalten, selbst wenn die Zahlen nicht ermutigend sind. Wirtschaftsminister Habeck hat bei einem neulichen „Windenergie-Gipfel“ nochmals betont: Bis zum Jahr 2030 sollen erneuerbare Energien 80 Prozent unseres Strombedarfs decken. Er unterstrich, dass Landwindenergie einen wichtigen Beitrag zu unserer Energieversorgung leisten kann. Die Bundesregierung arbeitet hart daran, diese Entwicklung zu fördern. „Wir sehen bereits erste positive Ergebnisse: Es gibt ermutigende Trends beim Neubau und in der Genehmigungsphase“, so Habeck. Aber die harten Fakten der Energiewende-Bilanz zeigen: Bis jetzt sind die erwarteten Erfolge noch nicht eingetreten. Allerdings sinkt der Stromverbrauch kontinuierlich weiter, da immer mehr Firmen ihre Produktion ins Ausland verlegen. Das damit verbundene Sinken des Bruttoinlandsprodukts und den damit sinkenden Wohlstand erwähnt der Wirtschaftsminister nicht.
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