Eine Modellrechnung zeigt, dass das Verbot des Einbaus von Öl- und Gasheizungen durch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nicht nur Hausbesitzer betrifft, sondern auch im erheblichen Umfang Mieter (FAZ: 21.03.23).
Verbot von Öl- und Gasheizungen: Wie betroffene Eigenheimbesitzer reagieren sollten
Die Pläne der Bundesregierung zur Steigerung des Klimaschutzes beim Heizen beunruhigen viele Eigenheimbesitzer. Ab dem kommenden Jahr soll der Einbau von allein mit Öl oder Gas betriebenen Heizungen in Deutschland nicht mehr gestattet sein – nicht nur in Neubauten, sondern auch bei der Erneuerung von Heizungen in älteren Gebäuden. Stattdessen sollen die Deutschen vermehrt auf elektrisch betriebene Wärmepumpen zurückgreifen, die jedoch wesentlich teurer sind als Öl- oder Gasheizungen. Dies sieht ein umstrittener Referentenentwurf, den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck von die Grünen und Bauministerin Klara Geywitz von der SPD vorgelegt haben, vor.
Mieten steigen: Mieter müssen bei Regierungsplänen zur Heizungssanierung tiefer in die Tasche greifen
Nicht nur Eigenheimbesitzer sind von den Regierungsplänen betroffen, die nun möglicherweise erhebliche Investitionen in den Klimaschutz erfordern. Auch Mieter sind von den Kosten der Modernisierungsoffensive beim Heizen betroffen. Der Hausbesitzer kann die Investition in Form von Mieterhöhungen weitergeben, was viele Millionen Haushalte betrifft. Tatsächlich wohnen in Deutschland etwa die Hälfte aller Menschen zur Miete, was den höchsten Anteil in der EU darstellt.
Die F.A.S. hat den Immobilieneigentümerverband Haus & Grund gebeten, eine Modellrechnung zu erstellen, um abzuschätzen, welche Mehrkosten auf Mieter zukommen könnten, wenn die Heizungspläne von Habeck und Geywitz umgesetzt werden. Obwohl das genaue Ergebnis von vielen Faktoren abhängt, wie zum Beispiel der Bauart, dem Alter und Zustand des Wohngebäudes sowie der zukünftigen Entwicklung von Gas- und Strompreisen, macht die Modellrechnung bereits deutlich, dass die finanziellen Auswirkungen des Heizungsklimaschutzes erheblich sein werden – nicht nur für Hausbesitzer, sondern auch für Mieter. Insbesondere dann, wenn sie in einem Gebäude wohnen, das in Bezug auf die Energieeffizienz noch großen Nachholbedarf hat.
Modellrechnung: So viel könnten Mieter für Klimaschutz beim Heizen zahlen müssen
Haus & Grund nutzte bei der Berechnung als Beispiel ein Mehrfamilienhaus mit vier Mietwohnungen, die jeweils eine Wohnfläche von 100 Quadratmetern haben. Die Kostenparameter basieren auf einem realen Sanierungsprojekt eines Gebäudes in Bayern. Bei der Berechnung wurden zwei verschiedene Versionen betrachtet.
In der ersten Version wurde angenommen, dass es sich um ein relativ modernes Gebäude handelt, das über eine Zentralheizung und anständig isolierte Fenster, Wände und Decken verfügt. Dieses Haus erreicht auf der oft verwendeten Skala des Energiekennwerts, die von A (sehr effizient) bis H (energetisch sehr schlecht) reicht, einen Wert von E. Das entspricht etwa dem deutschen Durchschnitt.
In der zweiten Version der Berechnung wurde von einem schlecht isolierten Altbau ausgegangen, der alte Fenster und keine Zentralheizung im Keller hat. Stattdessen heizt jeder Mieter noch mit einer eigenen Gasetagenheizung. Der Energiekennwert dieses Gebäudes ist unterdurchschnittlich und mit G bewertet. Die Sanierungskosten sind entsprechend hoch.
Hybridheizung und Wärmeisolierung: Klimaschutzsanierung von Wohnhäusern kann bis zu 148.000 Euro kosten
Für eine Hybridheizung, die den Anforderungen des Gesetzesentwurfs entspricht, fallen nicht nur Kosten von 50.000 Euro für die Heizung an. Es sind auch zusätzliche Leitungen für die Zentralheizung erforderlich. Dazu fallen auch noch Kosten für die Wärmeisolierung von Fassade, Decken und Fenstern an. Dies liegt daran, dass Wärmepumpen niedrigere Betriebstemperaturen haben als Gasheizungen, was eine bessere Wärmeisolierung erfordert. Insgesamt kostet die Sanierung des Hauses etwa 148.000 Euro, um den Energiekennwert um drei Klassen auf D zu verbessern. Diese Kosten beinhalten bereits Investitionen, die auch ohne die neuen Vorgaben für Heizungen notwendig gewesen wären. Durch die umfangreichen Verbesserungen verringert sich der jährliche Energieverbrauch des Mietshauses von 90.000 auf 50.000 Kilowattstunden.
Moderne Mietshäuser profitieren von Klimaschutz-Plänen
Der Aufwand im zweiten Fall des moderneren Mietshauses ist deutlich geringer. Die Kosten belaufen sich lediglich auf etwas mehr als 44.000 Euro, da kein Geld für die Wärmedämmung ausgegeben werden muss. Die erzielten Energieeinsparungen sind im Vergleich zum ersten Fall geringer, aber dennoch signifikant aufgrund der höheren technischen Effizienz der Wärmepumpe im Vergleich zur Gasheizung. Die Messgröße dafür ist die sogenannte Jahresarbeitszahl, für die ein moderater Wert von 2,5 angenommen wird. Die Wärmepumpe erzeugt 2,5 Einheiten Heizungswärme aus einer Einheit Strom. Das Gebäude erreicht nun ebenfalls die Effizienzkennzahl D.
Heizungsmodernisierung und Mieter: Warum die Rechnung für eine geringere Heizkostenabrechnung nicht immer aufgeht
Wie wirkt sich die Heizungsmodernisierung auf die Mieter aus? Auf der einen Seite ist es dem Vermieter erlaubt, seine Investitionskosten in Form einer höheren Miete auf die Mieter umzulegen. Auf der anderen Seite könnte dieser Anstieg geringer ausfallen, da die Mieter von einem Rückgang der Nebenkosten aufgrund des gesunkenen Energieverbrauchs profitieren würden.
Jedoch ist die Rechnung bezüglich dieses Effekts beim modernen Mietshaus vor allem enttäuschend: Trotz des deutlich geringeren Energieverbrauchs sind die Heizkosten nach der Sanierung höher. Dies scheint paradox zu sein, aber es liegt am neuen Energiemix. Vorher erfolgte der Betrieb der Heizung ausschließlich mit inzwischen wieder vergleichsweise billigem Erdgas. Nach der Sanierung hingegen wird eine Hybridheizung eingesetzt, die mit Strom und Gas betrieben wird – und Strom ist indessen mal deutlich teurer.
Wärmepumpen vs. fossile Brennstoffe: Warum der hohe Strompreis die Klimawende erschwert
Der Verband Haus & Grund geht bei seinen Berechnungen von einem Gaspreis von 12 Cent und einem Strompreis von 36 Cent pro Kilowattstunde aus. Dies stellt ein Problem für die Wirtschaftlichkeit von Wärmepumpen im Vergleich zu fossilen Heizungen dar, da Strom in Deutschland im Vergleich zu Gas zu teuer ist. Energieökonomen fordern daher schon lange, dass klimafreundlicher Strom in Relation zu fossilen Brennstoffen günstiger werden muss, damit die Wärmewende erfolgreich umgesetzt werden kann.
Konkret bedeutet dies für das Beispiel: Im Fall des moderneren Mietshauses steigen die Heizkosten nach der Sanierung um 18 Prozent, obwohl der Energieverbrauch um fast ein Viertel gesunken ist. Im Fall des älteren Mietshauses sinken die Energiekosten nur um 14 Prozent, obwohl der Energieverbrauch um 44 Prozent gefallen ist. Der hohe Strompreis verringert somit den technischen Effizienzgewinn durch Wärmepumpe und Dämmung erheblich.
Sanierungskosten im Mietshaus: Warum die Rechnung komplizierter ist als gedacht
Es handelt sich hierbei um eine vereinfachte Rechnung, wenn es um die Kosten für die Mieter geht. Dabei wurden einige Kosten wie beispielsweise Finanzierungskosten nicht berücksichtigt, die den Aufwand des Vermieters in die Höhe treiben können, wenn er einen Kredit aufnehmen muss, um die Sanierung seines Mietshauses bezahlen zu können. Es ist auch möglich, dass sich das Verhältnis zwischen Strom- und Gaspreisen in Zukunft ändert, beispielsweise bei einer Verteuerung des Preises für CO₂-Emissionen, wodurch Gas tendenziell teurer würde. Allerdings ist auch noch unklar, inwiefern die Regierungszuschüsse für die Wärmewende im Gebäudesektor die Mieter entlasten könnten. Niemand weiß bisher, wie großzügig sie ausfallen werden und wer sie bekommen wird. Es bleibt auch ungewiss, ob die Heizungspläne von Habeck und Geywitz überhaupt umgesetzt werden.
Moderne Heizung, höhere Miete: Mieter zahlen bis zu 2634 Euro mehr im Jahr
Im Rahmen der Modellrechnung ergeben sich für den Mieter im modernisierten Gebäude jährliche Mehrkosten von etwa 1183 Euro bzw. 99 Euro im Monat. Hierbei darf der Vermieter die jährliche Miete um acht Prozent der Sanierungskosten erhöhen. Bei dem älteren Gebäude hängt die Höhe der Mietpreiserhöhung von verschiedenen Faktoren ab, wie zum Beispiel der Lage und dem Mietpreis vor der Sanierung. Wohnungen mit einem Mietpreis ab sieben Euro je Quadratmeter dürfen nach der Sanierung stärker erhöht werden als günstigere Wohnungen.
Daher kann die jährliche Mietpreiserhöhung für eine Altbauwohnung in guter Lage bis zu 2634 Euro, also 220 Euro im Monat, betragen. Für eine Wohnung in schlechterer Lage beträgt der Anstieg der Miete dagegen lediglich 2066 Euro im Jahr bzw. 172 Euro im Monat. Die Heizungspläne der Regierung werden für Mieter von zuvor weitgehend unsanierten Altbauwohnungen mit Etagenheizung und in nicht allzu schlechter Lage am teuersten sein.