Kanzler Friedrich Merz plant ein Investitionsprogramm über eine Billion Euro. Ziel ist es, die Wirtschaft zu stabilisieren und Deutschlands Infrastruktur zu stärken. Doch aus den USA kommt scharfe Kritik. Das Wall Street Journal bezweifelt den Erfolg – nicht wegen der Idee, sondern wegen der politischen Realität (wsj: 30.05.35).
Bürokratie erstickt wirtschaftliche Erneuerung
Die Zeitung sieht die deutsche Bürokratie als zentrales Problem. „Bürokratie ist wie Cholesterin. Es gibt Gutes und es gibt Schlechtes.“ Ein funktionierender Staat unterstütze wirtschaftliche Stabilität. Gleichzeitig blockiere Überregulierung zentrale Abläufe. In Deutschland herrsche ein Denken, das auf Vermeidung von Risiken ausgerichtet sei. Dieses Prinzip habe laut Wall Street Journal eine „risikoscheue und innovationsfeindliche Politik“ hervorgebracht.

Während andere europäische Länder Verwaltungsprozesse digitalisiert haben, steigen in Deutschland Aufwand und Komplexität. Frankreich und Dänemark modernisieren ihre Systeme. In Deutschland aber wachse die Regelungsdichte unaufhörlich. Laut Bericht verbrachten Beschäftigte 1,02 Milliarden Arbeitsstunden im Jahr mit Bürokratie.
Der Standort Deutschland verliert an Wettbewerbsfähigkeit
Der wirtschaftliche Schaden ist enorm. Laut Ifo-Institut kostet Bürokratie deutsche Unternehmen jährlich 146 Milliarden Euro. Betroffen sind nicht nur Konzerne, sondern besonders kleine und mittlere Betriebe. Diese verfügen über weniger Personal, um die regulatorischen Pflichten zu bewältigen. Zeit und Geld gehen verloren, während Wettbewerber international effizienter agieren.
Das Wall Street Journal nennt ein Beispiel: Der Frankfurter Flughafen beantragte den Bau einer Solaranlage entlang der Landebahnen. Nach fünf Monaten lag die Genehmigung vor. Trotzdem ruhte das Projekt für ein halbes Jahr – zum Schutz von etwa 500 bodenbrütenden Feldlerchen. Für US-Leser ein Paradebeispiel deutscher Regelungswut.
Ausländisches Kapital meidet den Standort
Schwedische Investoren äußern sich im Bericht deutlich: Deutschland sei als Ziel für Direktinvestitionen unattraktiv geworden. Die Gründe seien übermäßige Regulierung und hohe Kosten. „Selbst die Schweiz, die ja nicht gerade der Wilde Westen ist – ist aufregender“, heißt es im Text. Internationale Wettbewerbsfähigkeit gehe verloren, weil Entscheidungen zu lange dauerten und Planungssicherheit fehle.
Die deutsche Wirtschaft stagniert seit fünf Jahren. Die Analyse des Wall Street Journal verbindet diesen Trend mit politischen Fehlentwicklungen. Bürokratie bremse nicht nur Projekte, sondern auch den unternehmerischen Mut. Investoren entscheiden sich für Länder mit klareren und schnelleren Verfahren.
EU-Regularien verschärfen das Problem
Merz kündigte an, die Belastung durch Bürokratie um 25 Prozent zu senken. Doch laut Wall Street Journal greifen nationale Maßnahmen zu kurz. Brüssel erschwere mit neuen Regelungen die Reformen auf nationaler Ebene. Damit droht selbst gut gemeinte Politik ins Leere zu laufen.
Der Bericht zeigt, dass Geld allein kein Wachstum garantiert. Ohne echten Bürokratieabbau bleibt jedes Investitionspaket ineffektiv. Die Kritik aus den USA richtet sich nicht gegen Deutschland – sondern gegen einen Staatsapparat, der sich Reformen konsequent verweigert.
Lesen Sie auch:
- Deutschlands Energiewende als Spottobjekt – Wall Street Journal lästert über deutsche Energiepolitik
- Wall Street Journal zu Heizungsgesetz: Selbst für das umweltbewusste Deutschland ist das zu viel
- „Die dümmste Energiepolitik der Welt“
- Wallstreet Journal macht sich über Deutschlands Energiepolitik lustig