Umweltschädliche Lithiumverarbeitung: Das schmutzige Geschäft mit Elektroautos

Der Boom der Elektroautos steht für vermeintlich durch und durch saubere Mobilität. Das stimmt allerdings nicht ganz, wie Fachleute schon länger anmerken. Akkus benötigen Lithium, dessen Förderung und Verarbeitung als eher schmutziges Geschäft gilt. Aufgrund der enormen Nachfrage ist der Lithiumpreis in letzter Zeit explodiert. Auf diesen Zug springt nun Elon Musk auf. Er will für Tesla eine Raffinerie in Texas errichten lassen, die Lithiumhydroxid liefert (ZEIT, 12.09.2022).


Ehrgeizige Pläne für Tesla

Erst vor wenigen Tagen hat Elon Musk wie üblich via Twitter vermeldet, dass er die Behörden des US-Bundesstaates Texas schriftlich um eine Genehmigung für eine Lithiumhydroxidanlage gebeten hat. Die Meldung ging ein wenig unter, weil die Weltmedien aktuell zu sehr mit dem Tod von Queen Elizabeth II. beschäftigt sind. Wie üblich geht Elon Musk ehrgeizig und zügig vor. Der Bau der Fabrik soll schon Ende 2022 beginnen. Ab Ende 2024 will Musk die ersten Batterien an seine eigene Produktionsstätten für Tesla und an weitere E-Auto-Hersteller ausliefern.

Lithiumhydroxid ist der eigentliche Ausgangsstoff für die Lithium-Ionen-Akkus, es wird aus dem Rohstoff Lithium hergestellt. Elon Musk fehlen für sein Projekt mit derzeitigem Stand noch sämtliche Genehmigungen, doch das ficht ihn nicht an. Wie man es von ihm kennt, wird er seine Pläne mit Verve vorantreiben. Schon im April 2022 hatte Musk von diesem Vorhaben gesprochen, nachdem die Preise für Lithium und Lithiumhydroxid extrem gestiegen waren. Im Frühjahr 2021 hatte eine Tonne Lithium noch leicht über 17.000 Dollar gekostet, ein Jahr später waren es schon 76.000 Dollar. Für die Hersteller von Elektroautos ist das weltweit ein Problem, es verteuert ihre Fahrzeuge enorm.

Ford meldete erst jüngst, dass man wegen der gestiegenen Kosten 8.000 Dollar mehr für den Mustang Mach-E verlangen müsse. Etablierte Hersteller wie Ford, Tesla, Renault, BMW, VW & Co. können die Preissteigerungen verkraften, indem sie nötigenfalls ihre eigenen Fahrzeuge zeitweise subventionieren. Start-ups in diesem Sektor jedoch dürften die Preisexplosion nicht verkraften, was die erfreuliche Vielfalt bei Elektroautos einschränken wird. Experten hatten allerdings schon vor Jahren davor gewarnt, dass eine zunehmende Elektromobilität unweigerlich zur Lithiumknappheit führen wird.

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Lithium – kein umweltfreundlicher Rohstoff

Lithiumminen gelten als sehr bedenkliche Verschmutzer von Luft und Wasser. Diese Tatsache wird sowohl von den grünen Verfechtern der Elektromobilität als auch von den Profiteuren des grünen Goldrausches verdrängt. Das klappte in der Vergangenheit so gut, weil die teuren Elektroautos überwiegend in reichen Industrieländern verkauft werden, während das Lithium vornehmlich in unterentwickelten Ländern abgebaut wird.

Das als Lithium-Dreieck bezeichnete größte Abbaugebiet erstreckt sich über die Staaten Bolivien, Argentinien und Chile, weitere Förderregionen sind China, Brasilien, Simbabwe, die Republik Kongo, Russland und Mexiko. Es gibt auch in entwickelten Industrienationen Lithium, so in den USA, in Australien und sogar in Deutschland, doch es wird wegen der Umweltbelastungen eher nicht gefördert. Bemerkenswert: Die weltweit drittgrößten Reserven werden in den USA geschätzt, jedoch kaum abgebaut. Der Widerstand in der Bevölkerung gegen Lithiumminen wäre wahrscheinlich enorm. Inzwischen wächst er aber auch in Südamerika, was im Westen kaum auf Verständnis stößt.

In der hohen, trockenen und windigen Puna de Atacama sind salzverkrustete Seebetten, so genannte Salares, verstreut. Die Salare sind aus den konzentrierten Überresten riesiger alter Seen entstanden und enthalten viele lösliche Mineralien wie Kalium-, Lithium- und Kochsalz. Luftaufnahme der Lithiummine Salar de Olaroz.
Bild: Planet Labs, Inc., CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Das Wall Street Journal kritisierte kürzlich sogar harsch die Proteste im Lithium-Dreieck (Wall Street Journal, 10.08.2022). Die dortigen Einwohner würden die Elektroautorevolution verhindern, so das etablierte US-Medium. Sogar die linksliberale Washington Post will an den Verhältnissen – umweltschädliche Förderung in eher armen Ländern, umweltfreundliche Elektromobilität im reichen Westen – nichts ändern. Sie rief daher die Chilenen vor ihrer Abstimmung über eine neue Verfassung im September 2022 dazu auf, gegen den äußerst progressiven Entwurf zu stimmen (The Washington Post, 31.08.2022).

Dieser hätte neben mehr Frauen- und Minderheitenrechten sowie gerechten Löhnen und Sozialleistungen auch die starke Position ausländischer Konzerne im Land aufgeweicht, das mit seiner sehr wirtschaftsfreundlichen Gesetzgebung erst den ungebremsten Lithiumabbau ermöglicht. Die Gesetze waren noch unter Diktator Pinochet erlassen worden. Wie bekannt entschieden sich die Chilenen gegen die neue Verfassung. Der Lithiumabbau unter geringen Umweltauflagen darf also ungebremst weitergehen.


Was treibt Elon Musk nun an?

Der Tesla-Chef hat gute Gründe, die Lithiumraffinerie an einem US-Standort zu forcieren. In den USA laufen nämlich schon länger Bestrebungen, die einheimischen Lithiumvorräte zu heben. Entsprechende Projekte hat Ex-Präsident Donald Trump genehmigt, sein Nachfolger und erbitterter Feind Joe Biden setzt sie fort. Dabei haben die US-Amerikaner dasselbe Problem wie die Staaten im Lithium-Dreieck: Der Rohstoff liegt oft in Territorien indigener Ureinwohner.

Auf diese wie etwa die Shoshone und Paiute in Nevada wird nun Druck ausgeübt, sie sollen die Exploration nicht behindern. Daran ist auch die deutsche Regierung unter Olaf Scholz (SPD) interessiert, die zuletzt für einheimische Autobauer (Mercedes, BMW) den Zugang zu nordamerikanischen Rohstoffen wie Lithium, Kobalt und Nickel einfädelte.

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