Tuttlingen plant einen Windpark auf dem Hattinger Berg – trotz messbar schwacher Windverhältnisse. Die gemessene Windhöffigkeit von 175 W/m² liegt unter dem vom Regionalverband Schwarzwald-Baar-Heuberg empfohlenen Schwellenwert von 190 W/m². Dennoch hält die Stadt am Vorhaben fest. Kritiker stellen die Wirtschaftlichkeit des Projekts in Frage, zumal selbst der Verband den Grenzwert nicht ohne Grund definiert hat (schwaebische: 31.05.25).
Winddaten unter der Empfehlung – Projekt trotzdem geplant
Die Windleistungsdichte bestimmt, wie viel Energie eine Anlage theoretisch liefern kann. In Tuttlingen unterschreitet der Standort die wirtschaftliche Schwelle. In einer Vorlage der Stadt heißt es trotzdem: „Diese Einstufung schließt eine Windkraftnutzung vor Ort jedoch nicht grundsätzlich aus und lässt auch eine wirtschaftliche Umsetzung nicht per se als nicht tragfähig erscheinen.“ Die Hoffnung ruht auf moderner Technik. Neuere Anlagen sollen auch bei schwächerem Wind ausreichend Strom erzeugen können. Ob dies für ein so ambitioniertes Projekt wie den Hattinger Windpark reicht, bleibt offen.

Hinzu kommt: Die Stadt besitzt bereits große Flächen auf dem Berg. Dadurch lassen sich Planungskosten senken. Drei bis vier Windräder gelten als denkbar – mit Beteiligung lokaler Investoren. Die Fläche umfasst 111 Hektar, etwa 160 Fußballfelder. Doch Fläche allein ersetzt kein belastbares Windpotenzial.
Kritik aus Nachbargemeinden bleibt laut
Während Tuttlingen den Windpark als strategischen Beitrag zur Energieautarkie betrachtet, regt sich in der Region deutlicher Widerstand. Immendingen – zu dem Hattingen gehört – hat den Standort bereits per Ratsbeschluss abgelehnt. In den Ortsteilen stößt das Projekt auf Ablehnung. Die Bevölkerung befürchtet eine weitere Verdichtung von Windrädern rund um ihre Dörfer. Bereits andere geplante Anlagen im Umland führten zu massiven Protesten. Der Eindruck: Tuttlingen setzt eigene Ziele über regionale Interessen.
Zudem fehlen derzeit noch wichtige naturschutzrechtliche und forstliche Stellungnahmen. Auch der Ortschaftsrat Möhringen muss beteiligt werden, ebenso wie die Anwohner. Ohne deren Zustimmung dürfte das Projekt schwer durchzusetzen sein.
Zweifel an Umsetzung und Nutzen
Tuttlingen rechnet offenbar mit einem langen Verfahren. Trotzdem bleibt fraglich, ob der Aufwand in Relation zur möglichen Energieausbeute steht. Windkraft lohnt sich nur bei dauerhaft stabilen Windverhältnissen. Der Standort auf dem Hattinger Berg erfüllt diese Bedingung laut eigener Messung nicht. Es stellt sich die Frage, ob politische Symbolik hier über sachliche Abwägung gestellt wurde.
In den nächsten Gremiensitzungen sollen die Windkraftpläne erneut beraten werden. Auch andere Flächen stehen zur Diskussion. Doch ohne tragfähige Winddaten droht dem Projekt mehr Imagewirkung als energetischer Nutzen. Für eine echte Energiewende in Tuttlingen braucht es mehr als gut gemeinte Konzepte – es braucht realistische Voraussetzungen.
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