Arbeitsminister Hubertus Heil feiert den „Jobturbo“ für Flüchtlinge als durchschlagenden Erfolg. Doch ein scharfer Bericht des Bundesrechnungshofs zeichnet ein völlig anderes Bild: Der angebliche Jobturbo wirkt wie ein lähmendes Bürokratiemonster, das kaum Fortschritte bringt. Die Analyse zeigt gravierende Mängel bei der Umsetzung – Sprachkenntnisse werden oft nicht erfasst, Beratung bleibt ein Ausnahmefall, und die Vermittlungsquote liegt auf schockierend niedrigem Niveau. Während Heil von Erfolgen redet, entlarvt der Rechnungshof das Programm als teuren Fehlschlag, der die Integration kaum fördert (welt: 01.11.24).
Sprachdefizite und fehlende Beratung: Ein Desaster im Integrationsprozess
Besonders alarmierend sind die Lücken in der Sprachvermittlung und Beratung. Obwohl Sprachkenntnisse entscheidend für die Arbeitsmarktintegration sind, vernachlässigen die Jobcenter in knapp einem Viertel der Fälle, diese überhaupt zu erfassen.
Noch gravierender: Fast ein Drittel der Teilnehmer an Integrationskursen erhält währenddessen keine Beratung – ein massiver Schwachpunkt, der zu häufigen Abbrüchen führt. Studien zeigen klar, dass Beratung den Erfolg solcher Kurse erheblich steigert. Doch im „Jobturbo“ gibt es anscheinend kaum Ressourcen dafür, was die ohnehin geringen Fortschritte weiter lähmt.
Vermittlungserfolg im Keller: Weniger als ein Prozent
Die Daten sprechen eine klare Sprache: In weniger als einem Prozent der Fälle führen Vermittlungsvorschläge der Jobcenter tatsächlich zu einer Einstellung. Bürokratische Hürden und realitätsferne Kriterien sorgen dafür, dass nur selten ein Jobangebot zur erfolgreichen Integration führt. So muss beispielsweise eine genaue Übereinstimmung zwischen dem Beruf im Angebot und dem Zielberuf des Bewerbers bestehen – eine Anforderung, die im wahren Leben kaum zu erfüllen ist. Trotzdem bleibt das Ministerium bei den alten Regeln. Der Bundesrechnungshof betont, dass diese starren Vorgaben nicht nur Integration erschweren, sondern auch dem ganzen Programm jegliche Flexibilität rauben.
Kostenexplosion statt Einsparungen: Ein finanzielles Fiasko
Ein weiteres Ziel des „Jobturbos“ war eine Einsparung im Bundeshaushalt. Doch die Realität sieht anders aus: Statt Kostensenkungen musste das Arbeitsministerium in Milliardenhöhe nachfinanzieren. CSU-Politiker Stephan Stracke spricht hier von einem „politischen Trugschluss“, während Minister Heil fortlaufend Mittel beantragen musste, um den Mangel zu überdecken. Auch die Prognose, dass der „Jobturbo“ eine Milliarde Euro einsparen sollte, erscheint mittlerweile unrealistisch. Der Rechnungshof kritisiert, dass die Einsparungsziele kaum nachvollziehbar sind und dass die tatsächliche Wirkung auf die Integration Geflüchteter nicht einmal ansatzweise belegt ist.
Realität vs. Erwartungen: Ernüchternde Bilanz
Mit der Aufnahme von 1,2 Millionen Geflüchteten allein aus der Ukraine erwartet Deutschland eine erhebliche Herausforderung. Von den rund 720.000 ukrainischen Staatsangehörigen im Bürgergeldbezug ist nur ein Bruchteil in Arbeit. Zwar hat sich die Erwerbsquote geringfügig erhöht, doch bleiben diese Zahlen weit hinter den Erwartungen zurück. Etwa 23,8 Prozent der ukrainischen Geflüchteten im Alter von 15 bis 64 Jahren sind erwerbstätig – ein ernüchternder Wert, der wenig Spielraum für Optimismus lässt. Viele dieser Menschen sind zudem „Aufstocker“ und daher weiterhin auf Bürgergeld angewiesen. Diese Statistik stellt die Wirksamkeit des „Jobturbo“ in Frage und zeigt, wie wenig das Programm an den wahren Herausforderungen ansetzt.
Bundesrechnungshof fordert radikale Neubewertung
Die Prüfer des Bundesrechnungshofs lassen an Heils „Jobturbo“ kaum ein gutes Haar. Der Bericht fordert eine klare Neubewertung der politischen Erfolgsmeldungen und der Maßnahmen zur Integration. Statt sich in öffentlichen Lobreden zu verlieren, müsse das Arbeitsministerium endlich konkrete Lösungen für die massiven Defizite des Programms erarbeiten. Die ursprünglich als bahnbrechend bezeichneten Ziele entpuppen sich als überambitionierte Illusionen. Ein „Turbo“ ist hier weit und breit nicht zu erkennen – eher ein Hindernisparcours, der die Integration Geflüchteter in Arbeit erschwert, statt sie zu beschleunigen.
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