Eine neue Studie der Technischen Universität Braunschweig zeigt, dass Farbpartikel von Offshore-Windparks ins Meer gelangen. Welche Auswirkungen das auf die Umwelt hat, bleibt bislang ungeklärt. Doch erste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass die Partikel sich über weite Strecken ausbreiten könnten (tu-braunschweig: 10.03.35).
Farbpartikel gelangen in die Meeresumwelt
Der Ausbau von Offshore-Windkraft nimmt rasant zu. Bis 2050 sollen in der Nordsee Windräder mit einer Kapazität von 300 Gigawatt errichtet sein. Das entspricht etwa 20.000 neuen Anlagen. Während diese Entwicklung den Klimaschutz fördert, rücken mögliche Umweltrisiken verstärkt in den Fokus.

Eine aktuelle Untersuchung der TU Braunschweig zeigt, dass sich Farbpartikel aus den Korrosionsschutzbeschichtungen der Windradfundamente lösen und ins Meer gelangen. Diese Partikel bestehen häufig aus Zusatzstoffen wie Zink- oder Glasflocken. Ihre hohe Dichte sorgt dafür, dass sie rasch absinken. Doch das bedeutet nicht, dass sie sich am Meeresboden festsetzen. Strömungen und biologische Prozesse beeinflussen ihre Verteilung erheblich.
Strömungen tragen Farbpartikel weiter
Die Fundamente von Offshore-Windanlagen müssen extremen Bedingungen trotzen. Zum Schutz vor Korrosion kommen spezielle Beschichtungen zum Einsatz. Diese enthalten Zusätze, die die Haltbarkeit verlängern, aber auch dazu führen, dass Farbpartikel mit der Zeit ins Wasser gelangen.
Professor Nils Goseberg vom Leichtweiß-Institut für Wasserbau der TU Braunschweig erklärt: „Sobald die Partikel die Sedimente des Meeresbodens erreicht haben, werden sie mit den Grundströmungen weitergetragen.“ Zudem spielen biologische Prozesse eine Rolle. Manche Organismen umhüllen die Partikel mit Biofilmen oder nehmen sie auf. Durch Bioturbation – das Umwühlen des Sediments durch Lebewesen – können die Partikel tief in die Meeresböden eingebettet werden.
Ein besseres Verständnis dieser Mechanismen ist entscheidend. Nur so lassen sich Verbreitung und potenzielle Risiken für das marine Ökosystem realistisch einschätzen. Goseberg betont: „Die Analyse der möglichen Transportwege bildet die Grundlage für künftige Feldstudien und Bewertungen.“
Farbemissionen in globalem Maßstab
Wie viele Partikel Offshore-Windparks tatsächlich freisetzen, war bislang unklar. Nun gibt es erste Prognosen.
„Die Ergebnisse zeigen, dass ein Windpark mit einer Kapazität von 250 Megawatt innerhalb von 25 Jahren zwischen 430 und 2.200 Kilogramm Partikel abgeben könnte. Das hängt davon ab, ob ein bis fünf Prozent der Beschichtung abblättern“, erläutert Niklas Czerner, wissenschaftlicher Mitarbeiter am LWI.
Weltweit könnten alle bis 2024 errichteten Offshore-Windparks zwischen 166 und 832 Tonnen Farbpartikel in die Meere abgegeben haben. Sollte der Ausbau weiter voranschreiten, könnten diese Emissionen bis 2035 auf bis zu 3.052 Tonnen steigen. Diese Zahlen verdeutlichen, dass es sich um ein globales Phänomen handelt.
Umweltfolgen noch nicht erforscht
Ob diese Mengen das Ökosystem schädigen, bleibt offen. Die aktuelle Studie liefert erste Hinweise, doch weitere Forschung ist nötig. „Offshore-Windenergie ist eine Schlüsseltechnologie für eine nachhaltige und unabhängige Energieversorgung“, betont Czerner. Daher sei es essenziell, mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
Eine Lösung könnte in der Entwicklung neuer Beschichtungen liegen. Umweltfreundlichere Farben oder alternative Schutzmethoden könnten das Problem verringern. Die TU Braunschweig plant deshalb weitere Untersuchungen, um chemische Emissionen zu minimieren.
Offshore-Windkraft nachhaltig optimieren
Die Studie ist Teil des Anemoi-Projekts, das bis 2027 läuft und mit 3,2 Millionen Euro gefördert wird. Rund 470.000 Euro gehen an das Leichtweiß-Institut. Wissenschaftler aus elf europäischen Institutionen arbeiten mit politischen Entscheidungsträgern und Industrievertretern zusammen. Ihr Ziel: Offshore-Windparks nachhaltiger gestalten und gesetzliche Vorgaben optimieren.
Die Forschung soll dazu beitragen, dass Windenergie langfristig nicht nur klimafreundlich, sondern auch umweltverträglich bleibt. In Australien zeigt sich, dass erneuerbare Energien nicht nur die Umwelt schützen, sondern auch Stromkosten senken können. Canberra ist hier ein Vorreiter, indem es Wind- und Solarenergie gezielt einsetzt.
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