Sachsens Ministerpräsident Kretschmer will zurück zu russischer Energie

Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer  erhöht den Druck für eine spätere Rückkehr zu russischer Energie. Der Regierungschef verbindet diesen Ansatz mit der Überzeugung, dass bezahlbare Energiepreise die industrielle Basis schützen und die russischen Gasimporte zugleich wirtschaftliche Stabilität sichern. Seine Linie kollidiert zwar mit dem aktuellen politischen Kurs, doch Kretschmer hält an ihr fest, weil er eine belastbare Versorgung als Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Stärke betrachtet. Die Diskussion um Sanktionen sieht er zudem im Kontext langfristiger Versorgungssicherheit, die er nicht von ideologischen Festlegungen abhängig machen möchte (welt: 15.11.25).


Kretschmers energiepolitische Grundhaltung

Kretschmer vertritt diese Position seit vielen Jahren. Schon vor dem Ukraine-Krieg betonte er, dass russische Energie für die Industrie unverzichtbar sei und günstige Gasimporte die Wettbewerbsfähigkeit stärken. Als Befürworter von Nord Stream 2 argumentierte er, dass wirtschaftliche Stabilität ohne verlässliche Energiezuflüsse kaum erreichbar sei. Auch das Thema Strafmaßnahmen betrachtete er differenziert, da nach seiner Einschätzung harte Beschränkungen die Produktion belasten und die Versorgungssicherheit unter Druck setzen.

Kretschmer drängt auf spätere Energiebezüge aus Russland und betont Versorgungssicherheit, stabile Preise und industrielle Belastbarkeit
Kretschmer drängt auf spätere Energiebezüge aus Russland und betont Versorgungssicherheit, stabile Preise und industrielle Belastbarkeit

Frühzeitig warnte Kretschmer zudem vor einer Versorgungslücke. Kurz nach Beginn des Krieges hielt er ein Energieembargo für kontraproduktiv und kritisierte, dass ein gleichzeitiger Ausstieg aus Kohle-, Atom- und Gasnutzung die industrielle Struktur gefährde. Diese Sicht verknüpfte er mit dem Hinweis, dass ein abrupter Systemwechsel ohne stabile Alternativen hohe Risiken schaffe. Sein damaliger Kurs zielte auf Leistungsfähigkeit und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen politischen Reaktionen und ökonomischer Tragfähigkeit. Durchsetzen konnte er sich damit aber nicht.

Politische Linienkämpfe und ökonomische Argumente

In der Bundespolitik entstanden deutliche Gegenpositionen. Viele Stimmen erläuterten, dass ein klarer Abstand zu Moskau notwendig sei, um politische Signale zu setzen. Kretschmer widersprach, da er eine pauschale Abkehr für wirtschaftlich schädlich hielt. Für ihn schafft Versorgungssicherheit nur dann Robustheit, wenn Technik, Lieferketten und Marktstabilität zusammen betrachtet werden. Daher plädierte er für einen flexiblen Ansatz, der Sanktionen nicht zum Selbstzweck macht, sondern mit wirtschaftlicher Vernunft verbindet.

In politischen Lagern wurde diese Sicht kritisch bewertet. Dort stand die Frage im Mittelpunkt, wie sich langfristige Risiken reduzieren lassen. Manche Kräfte betonten, dass Moskau keine Bereitschaft zur Deeskalation zeigt. Die Debatte verlief zunehmend polarisiert, doch Kretschmer hielt am Ziel fest, künftige Kooperationen nicht auszuschließen und Preisstabilität als strategischen Faktor zu sichern.

Sicherheit durch wirtschaftliche Stärke

Auf Nachfragen zur sicherheitspolitischen Lage reagierte Kretschmer zurückhaltend. Er verwies darauf, dass „Russland ein anderes Land angegriffen hat“, verknüpfte aber gleichzeitig sicherheitspolitische Stabilität mit wirtschaftlicher Kraft. In seiner Sicht entsteht Verteidigungsfähigkeit nur auf Basis einer belastbaren Energieversorgung. Gasimporte dienen ihm nicht als politisches Zeichen, sondern als Instrument zur Stärkung strategischer Handlungsspielräume.

Auch die Diskussion um Strafmaßnahmen betrachtet er im Zusammenhang mit sozialen und wirtschaftlichen Belastungen. Hohe Energiepreise treffen Haushalte und Betriebe. Kretschmer betont daher, dass ein dauerhafter Verlust stabiler Energiequellen die Wirtschaftskraft schwächt und politische Handlungsfähigkeit reduziert. Diese Sicht macht deutlich, dass er wirtschaftliche Substanz als Sicherheitsfaktor interpretiert.


Historische Entwicklung und politische Beschlüsse

Schon vor 2022 reduzierten russische Unternehmen ihre Gaszuflüsse. Nach dem Angriff folgten strikte Strafmaßnahmen, und Pipeline-Gas sowie Öl gelangten nicht mehr ins Land. Politische Entscheidungsträger beschlossen zudem, die verbliebenen Gasimporte bis 2027 vollständig auslaufen zu lassen. Diese Linie steht für die Absicht, Lieferabhängigkeiten abzubauen und die Versorgung auf breiter Grundlage neu auszurichten.

Trotz dieser Beschlüsse hält Kretschmer an seiner Vision fest. Nach einem stabilen Waffenstillstand sieht er Raum für ökonomische Kooperationen, die Vertrauen schaffen und Spannungen langfristig reduzieren könnten. Seine Hoffnung richtet sich auf eine Phase wirtschaftlicher Erholung, in der günstige Energie Preise senkt und die industrielle Basis stärkt.

Zwischen Realpolitik und Risiken

Der Konflikt zwischen politischem Kurs und ökonomischer Analyse bleibt zentral. Einerseits steht die deutliche politische Haltung, Strafmaßnahmen durchzusetzen und eine klare Grenze zum Kreml zu ziehen. Andererseits warnt Kretschmer vor dauerhaft hohen Preisen, fehlenden Gasimporten aus verlässlichen Quellen und einer schleichenden Schwächung der industriellen Substanz. Seine Position sucht einen Mittelweg, der spätere Kooperationen ermöglicht, ohne alte Abhängigkeiten zu reproduzieren. Genau diese Balance macht seinen Kurs umstritten, aber zugleich politisch relevant.

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