Immer mehr vom produzierten Solarstrom gelangt am Ende nicht ins Netz. Er wird per Redispatch gedrosselt, wovon in Bayern vor allem Landwirte betroffen sind. Diese haben in den vergangenen Jahren kräftig in Solaranlagen auf ihren Feldern und Gewerbedächern investiert. (Wochenblatt DLV, 19.06.2025)
Was ist der Redispatch?
Der Fachbegriff steht für eine Schlüsselmaßnahme im Energieeinspeisemanagement: Da das Stromnetz stets seine Frequenz von 50 Herz halten soll, wird bei einem Stromüberschuss bei viel Sonne die Einspeisung aus Solaranlagen teilweise blockiert. Sie soll im Gleichgewicht mit den Entnahmen bleiben, um das Netz nicht zu überlasten. Windkraftanlagen können davon ebenfalls betroffen sein. Das Mittel Redispatch wurde erst mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien relevant.

Bei rein konventioneller Stromerzeugung drosseln die Kohle-, Öl- und Gaskraftwerke bei schwacher Nachfrage ihre Produktion. Der regulative Prozess im Energiemarkt ist für ein stabiles Stromnetz extrem wichtig, er basiert auf Prognosen und Echtzeitdaten. Die Erzeugungsanlagen können damit gezielt gedrosselt, aber auch hochgefahren werden.
Bayern: Spitzenreiter beim hiesigen Solarausbau und beim Redispatch
In Bayern wurden pro Kopf die meisten Solaranlagen in Deutschland installiert. Diese Vorreiterrolle zeigt nun ihre Schattenseiten, weil die PV-Panels an sonnigen Tagen inzwischen längst mehr Energie als nötig produzieren. Der Ausbau von Speichern kommt mit diesem Überangebot nicht mit. Dadurch könnte der überschüssige Solarstrom die Infrastruktur überlasten. An diesem Punkt müssen die Netzbetreiber eingreifen, indem sie die Solaranlagen abregeln. Dieser Mechanismus für die Netzstabilisierung heißt Redispatch. In Bayern hat er sich zuletzt gegenüber früheren Berechnungszeiträumen verdoppelt.
Die Bundesnetzagentur ermittelte für 2024 in Bayern eine Abregelung von 986 GWh aus PV-Anlagen, für ganz Deutschland von 1.389 GWh. Damit umfasste der Redispatch in Bayern 71 % der gesamtdeutschen PV-Abregelung. Gegenüber 2023 wurden bundesweit 97 % mehr an Solarleistung gedrosselt, in Bayern waren es sogar fast 160 %.
Vom Redispatch betroffene PV-Anlagen
Bis zum Herbst 2021 wurden nur größere Anlagen ab zehn Megawatt Leistung abgeregelt. Der seit dem 01.10.2021 geltende Redispatch 2.0 erfasst auch kleinere Anlagen ab 100 kWp, wie sie viele Eigenheimbesitzer und sogar Haushalte mit einem Balkonkraftwerk betreiben. Selbst noch kleinere Solaranlagen können in Ausnahmefällen unter den Redispatch 2.0 fallen, falls sie sich per Fernsteuerung abregeln lassen. In Bayern beklagen viele Landwirte, dass ihre Solaranlagen keinen Strom ins Netz liefern können.
Zuständig sind für den Redispatch Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber, also TenneT, Amprion, TransnetBW, 50Hertz, Bayernwerk Netz, N-Ergie und LEW Verteilernetz. Besitzer von Solaranlagen erkennen auf ihrer Stromrechnung den zuständigen Netzbetreiber.
Entschädigung für die entgangene Einspeisung
Wer Strom ins öffentliche Netz einspeist und dafür vergütet wird, erhält bei einem Redispatch eine Entschädigung in Höhe der entgangenen Einspeisevergütung. Die Berechnung erfolgt anhand der Ausfallarbeit. Größtenteils funktionieren die Entschädigungszahlungen recht zuverlässig, doch nicht in jedem Fall können sich PV-Besitzer darauf verlassen. Manchmal müssen sie sehr lange warten, manchmal gibt es gar keine Zahlungen. In solchen Fällen ist gegenüber dem Netzbetreiber die Forderung zu belegen. Sie muss die gesetzlichen Vorgaben erfüllen. Sollte die Zahlung dann immer noch nicht fließen, können sich Betreiber an die Bundesnetzagentur wenden, welche eine Regulierungsüberwachung der Netzbetreiber durchführt. Der letzte Schritt wäre das Einklagen von offenen Forderungen.
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