Deutschlands Haushalte verlieren massiv an Vermögen. Zwar zeigt die Statistik auf den ersten Blick einen leichten Anstieg, doch die Realität sieht düster aus. Eine aktuelle Untersuchung der Bundesbank offenbart, dass die realen Vermögen – also nach Abzug der Inflation – deutlich geschrumpft sind. Rund 4000 Haushalte wurden zu Einkommen, Schulden und Vermögensverteilung befragt. Während der Durchschnittswert zwischen 2021 und 2023 nominal von 316.500 auf 324.800 Euro stieg, sank der inflationsbereinigte Wert dramatisch – von 268.700 auf nur noch 239.200 Euro. Ein Verlust von elf Prozent in nur zwei Jahren (faz: 10.04.25).
Vermögen steigen auf dem Papier, verlieren aber real deutlich
Noch drastischer fällt der Rückgang beim Median aus. Dieser sank nominal von 106.600 auf 103.200 Euro. Real verringerte sich das mittlere Vermögen sogar um 16 Prozent – von 90.500 auf 76.000 Euro. Diese Kennzahl zeigt besonders deutlich, wie stark der finanzielle Druck auf breite Bevölkerungsschichten gestiegen ist.

Ursachen gibt es viele. Während der Pandemie legten viele Haushalte Geld zur Seite, das nach Aufhebung der Beschränkungen schnell wieder ausgegeben wurde. Zeitgleich befeuerte die lockere Geldpolitik steigende Immobilienpreise. Doch mit den Zinsanstiegen kam die Korrektur. Die Inflationsraten taten ihr Übriges – sie ließen das real verfügbare Vermögen vieler Haushalte spürbar schrumpfen.
Ärmere Haushalte besonders stark getroffen
Besonders gravierend sind die Verluste in der unteren Vermögenshälfte. Dort fiel das Vermögen nominal um über zehn Prozent, real sogar um mehr als 20 Prozent. Viele dieser Haushalte verfügten über kaum inflationssichere Anlagen. Ihre Ersparnisse lagen meist auf unverzinsten Konten oder steckten im eigenen Auto – Werte, die schnell an Bedeutung verlieren, wenn Preise stark steigen.
In der mittleren Vermögensgruppe zeigten sich nominal zwar noch geringe Zuwächse. Doch auch hier führten die Lebenshaltungskosten zu realen Verlusten. Selbst die reichsten zehn Prozent litten unter dem Wertverfall – allerdings in geringerem Ausmaß, da sie ihr Kapital oft in Beteiligungen oder Fonds anlegen. Diese schützen zumindest teilweise vor der Entwertung durch Inflation.
Ungleichheit bleibt hoch – trotz Rückgang beim Gini-Koeffizienten
Trotz sinkender realer Vermögen nahm die Ungleichheit nicht weiter zu. Der Gini-Koeffizient sank leicht von 73 auf 72 Prozent. Er liegt damit aber weiterhin auf hohem Niveau. Unterschiede bestehen nicht nur in der Höhe der Vermögen, sondern auch in deren Struktur. Während die untere Hälfte vor allem auf Bankguthaben und Autos setzt, besitzt die obere Hälfte Immobilien, Wertpapiere oder unternehmerische Beteiligungen. Nur dort spielt Betriebsvermögen eine zentrale Rolle.
Trend zu Wertpapieren gibt Anlass zur Hoffnung
Ein Lichtblick: Immer mehr Haushalte investieren in Aktien oder Fonds. Seit 2017 stieg der Anteil der Aktienbesitzer von 11 auf 18 Prozent. Bei Fonds wuchs der Anteil von 16 auf 24 Prozent. Bundesbank-Vorstandsmitglied Fritzi Köhler-Geib lobt diese Entwicklung: „Das ist eine erfreuliche Nachricht, denn trotz der aktuellen Schwankungen an den Aktienmärkten heißt das, dass Haushalte aktiver mit ihrem Finanzvermögen umgehen und damit eine Chance haben, langfristig mehr aus ihrem Vermögen zu machen.“
Trotz dieser positiven Tendenz bleibt der Substanzverlust bei realen Vermögen alarmierend. Wer nicht strategisch vorsorgt, läuft Gefahr, dass der eigene Wohlstand Stück für Stück aufgezehrt wird.
Lesen Sie auch:
- Deutschland beim Pro-Kopf-Vermögen nur noch auf Platz 19 der 25 reichsten Länder
- Oxfam fordert von Regierungen höhere Besteuerung von Vermögen und Übergewinnen
- Pflegeversicherung am Abgrund – Rentner sollen nun stärker ihr Vermögen opfern
- EU will Vermögen aller Bürger in einem Vermögensregister erfassen



