Olaf Scholz findet Abwanderung deutscher Industrie ins Ausland positiv – Ökonomen entsetzt

Die deutsche Wirtschaft hat ein großes Problem, das Wachstum weicht dem Stillstand und das Land bewegt sich in Richtung einer ausgeprägten Wirtschaftskrise. Experten üben heftige Kritik an der Aussage von Olaf Scholz im ZDF Sommerinterview (Merkur: 21.08.23).


Deutschlands Wirtschaft in Gefahr: Langzeitkrise droht – Große Unternehmen setzen auf Ausland

Die Richtung für Deutschlands Industrie und Wirtschaft scheint auf Langzeitkrise eingestellt zu sein. Die Entwicklungen der letzten Monate und die Prognosen von Wirtschaftsexperten lassen daran kaum Zweifel. Hohe Energiepreise, Mangel an Fachkräften in bestimmten Bereichen und übermäßige Bürokratie hemmen die wirtschaftliche Entwicklung der Bundesrepublik. Große Unternehmen wie VW, BMW, Siemens oder Aurubis erhöhen ihre Produktion vermehrt im Ausland. Dies geschieht aufgrund besserer Rahmenbedingungen dort.

Deutschlands Wirtschaft in Gefahr: Langzeitkrise droht - Große Unternehmen setzen auf Ausland. Experten widersprechen Olaf Scholz
Deutschlands Wirtschaft in Gefahr: Langzeitkrise droht – Große Unternehmen setzen auf Ausland. Experten widersprechen Olaf Scholz
(Photo by Emmanuel DUNAND / AFP)

Olaf Scholz (SPD) betrachtet die Situation weniger besorgniserregend. Der Bundeskanzler erklärte vor Kurzem in einem ZDF-Interview: „In Volkswirtschaftskursen lernen Studierende, dass der Erfolg einer Volkswirtschaft darin liegen kann, dass ihre Unternehmen auch im Ausland investieren. Gelegentlich muss ich hören und lesen, dass das negativ bewertet wird. Das ist jedoch positiv.“

Experten widersprechen Olaf Scholz – Auslandsinvestitionen gefährden Deutschlands Wirtschaftsstärke

Ein Wirtschaftswissenschaftler des Ifo-Instituts in Dresden sieht diese Aussage kritisch. „Hat Scholz das wirklich gesagt?“, hinterfragt Joachim Ragnitz und erläutert, warum der Nachfolger von Angela Merkel nicht richtig liegt. Ragnitz zufolge können Auslandsinvestitionen zwar gut sein, wenn die Unternehmen wettbewerbsfähig sind. „Doch in der aktuellen Situation sieht es eher so aus, dass viele Unternehmen denken, nun ja, die Energieversorgung in Deutschland ist zu teuer, möglicherweise auch unsicher. In anderen Ländern erhalten wir Subventionen, die hier fehlen, weshalb wir ins Ausland gehen. Daher kann man kaum behaupten, dass es gut ist.“

Cornelius Plaul vom Institut für Mittelstands- und Regionalentwicklung in Dresden, einem wirtschaftsnahen Forschungsinstitut, erklärt, warum der Verlust großer Produktionskapazitäten ins Ausland ein Problem für Deutschland darstellt. „Industrieunternehmen tragen stark zur Wertschöpfung bei. Dies wirkt sich auch auf hohe Einkommen aus. Diese würden den örtlichen Arbeitnehmern fehlen, ebenso wie den Gemeinden die Gewerbesteuereinnahmen. Diese Folgen erstrecken sich durch das gesamte System, wie ein Dominoeffekt.“


Wirtschaft in Flaute: Energiekosten belasten stark

Im Interview verteidigte der Bundeskanzler ebenfalls die großzügigen Subventionen für ausländische Firmen, die in Deutschland investieren. Scholz lobte den starken Ausbau der Halbleiterherstellung und die Ansiedlung internationaler Konzerne wie Intel oder TSMC. „Sie haben sich für Deutschland als Wirtschaftsstandort entschieden.“ Doch heimische Wirtschaftsverbände sehen die Lage anders. Angesichts der Flaute und der im internationalen Vergleich hohen Energiepreise fordern sie Entlastung und befürchten Firmenabwanderung samt Arbeitsplatzverlusten. Ebenfalls wenig Zustimmung erhält eine von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgeschlagene staatlich subventionierte Industriestrompreis-Senkung, nicht nur von Ökonomen, sondern auch von Olaf Scholz.

Deutsche Wirtschaft: Olaf Scholz setzt auf erneuerbare Energien

Bezüglich der Energiepreise betonte der Bundeskanzler, die Bundesregierung arbeite daran, die Stromerzeugung in Deutschland kostengünstiger zu gestalten. „Unsere Hauptaufgabe ist es, die Strompreise strukturell zu senken. Wir können Strompreise nicht dauerhaft subventionieren“. Scholz betonte zudem, dass bei einem rascheren Ausbau der Stromnetze bereits niedrigere Strompreise erzielt worden wären. Er drängt auf beschleunigte Maßnahmen beim Ausbau der Stromerzeugung aus Windkraft, Solarenergie, Biomasse und Wasserkraft. Dies werde sich positiv auf die gesamte Wirtschaft auswirken. Der Kanzler hatte vor einigen Monaten aufgrund hoher Investitionen in Klimaschutzmaßnahmen prognostiziert, dass „Wachstumsraten wie in den 50er und 60er Jahren“ zu erwarten seien. Wirtschaftsverbände halten diese Vorhersage bei der aktuellen Politik für absolut unrealistisch.

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