Das Schreckensszenario der Stromnetzbetreiber ist ein flächendeckender Stromausfall, ein sogenannter Blackout. Ein Blackout kann viele Ursachen haben. Wetter- oder Naturkatastrophen, Hackerangriffe, technische Defekte, Sabotage oder eine Überlastung der Netze können dazu führen. Die großen Netzbetreiber bereiten sich mittlerweile auf einen großflächigen Blackout vor. Ampirion und TransnetBW, zwei der vier großen Netzbetreiber in Deutschland, haben jetzt das Wiederanfahren ihrer Stromnetze, einen sogenannten Schwarzstart, in einem realen Praxisversuch geprobt. Bisher wurde dies immer nur simuliert.
Netzaufbau nach Blackout ist technisch anspruchsvoll
Nach einem flächendeckenden Stromausfall, einem sogenannten Blackout, ist der Wiederaufbau eines funktionsfähigen Stromnetzes eine technisch sehr anspruchsvolle Aufgabe. Dazu benötigt man in erster Linie schwarzstartfähige Kraftwerke. Schwarzstartfähig heißt, dass diese Kraftwerke ohne externe Stromversorgung anlaufen und ausreichend viel Strom erzeugen, um ein Teilnetz gegen die geschaltete Last aufbauen, zu können. Sowohl Solaranlagen als auch Windkraftanlagen können dies nicht. Beide benötigen ein intaktes Netz, um ihren Strom einspeisen zu können.
Die Amprion GmbH und TransnetBW GmbH haben am 30. April, mit der Schluchseewerk AG, den Wiederaufbau des Stromnetzes in Süddeutschland in einem Praxisversuch erstmals real geprobt.
Vier Jahre Vorbereitung für Praxistest
Unter der Projektleitung von Amprion erstreckte sich die Vorbereitung dazu über vier Jahre. Zusätzlich zu den zwei großen Netzbetreibern wurden auch noch kleinere Verteilnetzbetreiber in die Vorbereitung mit eingebunden. Bei der Übung sammelten die beteiligten Unternehmen große Datenmengen, die zusammen mit dem Lehrstuhl „Elektrische Energiesysteme“ der Universität Duisburg-Essen analysiert und weiter verarbeitet werden.
Beim Test mit der Schluchseewerk AG haben die beteiligten Netzbetreiber zwei sogenannte Hochfahrnetze getrennt aufgebaut und im Anschluss zusammengeschaltet. Das Anfahren eines Hochfahrnetzes ist die technische Grundlage, um die Versorgung nach einem Blackout wiederherzustellen. Die Netzbetreiber bezeichneten den erfolgreichen Praxistest als Meilenstein für die systemrelevante Elektrizitätsinfrastruktur. Sowohl die Kommunikation als auch die technischen Abläufe hätten bei dem Praxistest einwandfrei funktioniert.
Schwarzstart erstmals unter Realbedingungen durchgeführt
Mit dem Praxistest konnten die Unternehmen einen Schwarzstart erstmals unter realen Bedingungen üben. Bisher gab es dazu nur komplexe Simulationen. Für den Praxistest haben beide Übertragungsnetzbetreiber einen Teil ihres Netzes aus dem Verbundnetz herausgelöst und komplett heruntergefahren. Diese Netze hat man dann in der Übung komplett neu aufgebaut und zusammengeschaltet.
Nach dem Herunterfahren der Teilnetze liefen die Pumpspeicher der Schluchseewerk AG an und lieferten aus eigener Kraft Strom, mit dem der Wiederaufbau des Netzes erfolgte. Der Praxistest sollte auch die Systemrelevanz von Pumpspeicherkraftwerken verdeutlichen. Dies können schnell große Mengen Strom auf Abruf ins Netz leiten. Nachdem die Kraftwerke dann jeweils ein Hochfahrnetz von Amprion und von TransnetBW wieder aufgebaut hatten, wurden diese dann zu einem Netz gekoppelt.
Pumpspeicherkraftwerke bestätigen ihre Systemrelevanz
Nach einem Blackout würden die Netzbetreiber dann Schritt für Schritt neue Lasten und neue Erzeuger mit diesem Hochfahrnetz koppeln. Der Wiederaufbau ist technisch sehr anspruchsvoll, den Einspeisung und Entnahme müssen zu jedem Zeitpunkt immer im Gleichgewicht bleiben. Deshalb müssen für jedes zugeschaltete Kraftwerk auch gleichzeitig neue Energieverbraucher zugeschaltet werden. Bei dem durchgeführten Praxistest ist diese Balance gelungen. Auch die Schluchseewerke AG hat dabei bewiesen, dass ihrer Pumpspeicherkraftwerke in der Lage sind in Zusammenarbeit mit den Netzbetreibern einen Schwarzstart zu gewährleisten.