Der Automobilzulieferer Huhn-Teckentrup produzierte am Standort Hüinghausen wirtschaftlich stabil, doch Lärmvorschriften setzten dem Betrieb enge Grenzen. Obwohl das Unternehmen konkurrenzfähig arbeitete, untersagten die geltenden Vorgaben den Nachtbetrieb einer zentralen Anlage. Weil die Nachtproduktion künftig nicht mehr stattfinden darf, müssen Produktionsumfänge verlagert werden. Teile der Fertigung gehen unter anderem in das Werk im slowakischen Wrable, wodurch ein Arbeitsplatzabbau am Standort ausgelöst wird. Geschäftsführer Andrej Mühlbeier stellte in einer Betriebsversammlung klar, dass nicht mangelnde Wettbewerbsfähigkeit, sondern regulatorische Anforderungen diese Entscheidung erzwangen (come-on: 12.12.25).
Lärmvorschriften begrenzen den Betrieb trotz funktionierender Technik
Huhn-Teckentrup erzielte zuletzt rund 43 Millionen Euro Umsatz und beschäftigte etwa 160 Mitarbeiter, weshalb kein wirtschaftlicher Anpassungsdruck bestand. Dennoch führten wiederholte Beschwerden aus der Nachbarschaft zu behördlichen Prüfungen. Diese Untersuchungen bezogen sich auf Geräusche und Schwingungen, die dauerhaft auftraten, jedoch nachts stärker wahrgenommen wurden. Genau deshalb griffen strengere Grenzwerte, die den Betrieb rechtlich einschränkten.

Die Unternehmensführung investierte bereits erhebliche Summen in Gutachten, Messungen und technische Maßnahmen. Dennoch ließen sich die Lärmvorschriften langfristig nicht vollständig erfüllen. Weitere bauliche Eingriffe hätten die Wirtschaftlichkeit des Standorts gefährdet, weshalb die Geschäftsführung diese Option ausschloss. Technisch blieb der Betrieb leistungsfähig, doch die regulatorischen Rahmenbedingungen setzten klare Grenzen.
Nachtproduktion entfällt künftig und erhöht den Kostendruck
Im Mittelpunkt der Bewertung stand die 1000-Tonnen-Presse, die für hohe Stückzahlen ausgelegt ist. Obwohl die Schwingungsdämpfer ordnungsgemäß funktionierten, blieben die Messergebnisse kritisch. Die Schwingungen traten dauerhaft auf, wurden jedoch vor allem nachts wahrgenommen, weshalb strengere Grenzwerte zur Anwendung kamen. In der Folge darf die Anlage künftig nicht mehr im Nachtbetrieb laufen.
Der Wegfall der Nachtproduktion reduziert die Auslastung der Anlage erheblich und erhöht die Stückkosten. Dadurch gerät selbst ein effizient arbeitender Standort unter Druck, obwohl die Wettbewerbsfähigkeit im Tagesbetrieb weiterhin gegeben ist. Die Unternehmensführung sah deshalb keine Alternative, als Teile der Fertigung strukturell neu zu ordnen.
Produktionsverlagerung als direkte Folge regulatorischer Vorgaben
Bestimmte Bauteile mit hoher Stückzahl, intern als High Potentials bezeichnet, werden künftig an anderen Standorten gefertigt. Dazu zählen Werke in Drolshagen und Ense sowie insbesondere das Werk in Wrable in der Slowakei. Dort lassen sich Produktionsprozesse wirtschaftlicher abbilden, weil der Nachtbetrieb nicht eingeschränkt ist und andere Immissionsgrenzwerte gelten.
Eine vollständige Verlagerung der Großpresse prüfte das Unternehmen ebenfalls, verwarf diesen Schritt jedoch aus Kostengründen. Der erforderliche Millionenbetrag hätte den wirtschaftlichen Rahmen überschritten. Stattdessen entschied sich die Konzernleitung für eine schrittweise Produktionsverlagerung, um die Gesamtstruktur zu stabilisieren. Die Lärmvorschriften wirken damit unmittelbar auf die Standortentscheidung.
Arbeitsplatzabbau trotz stabiler Auftragslage
Mit der Produktionsverlagerung geht zwangsläufig ein Arbeitsplatzabbau einher, der die Belegschaft spürbar trifft. Besonders betroffen sind Mitarbeiter mit befristeten Verträgen, wobei individuelle Leistung weiterhin berücksichtigt wird. Die Geschäftsführung betonte, dass der Stellenabbau sozialverträglich erfolgen soll, auch wenn konkrete Zahlen nicht genannt wurden.
Gleichzeitig unterstützt das Unternehmen betroffene Beschäftigte bei der beruflichen Neuorientierung und arbeitet eng mit der Bundesagentur für Arbeit zusammen. Interne Versetzungen bleiben möglich, sofern sie organisatorisch umsetzbar sind. An der Ursache ändert dies jedoch nichts, denn regulatorische Vorgaben gaben den Ausschlag, nicht eine schwache Nachfrage oder fehlende Effizienz.
Keine Abwanderung aus Kalkül, sondern aus Regulierung
Den Vorwurf, die Produktionsverlagerung sei lange geplant gewesen, weist die Geschäftsführung zurück. Der Standort habe technisch funktioniert und wirtschaftlich geliefert. Erst die Kombination aus verschärften Lärmvorschriften, dem Wegfall der Nachtproduktion und steigenden Kosten habe diese Entscheidung notwendig gemacht. Auch ein wirtschaftlicher Aufschwung in Deutschland würde daran nichts ändern.
Ein Teil der Aufträge bleibt dauerhaft im Ausland, weil der internationale Preiskampf diese Struktur zusätzlich begünstigt. Der Fall Huhn-Teckentrup zeigt damit exemplarisch, wie selbst konkurrenzfähige Industriestandorte an regulatorischen Grenzen scheitern können, obwohl ihre Wettbewerbsfähigkeit im Markt vorhanden ist.
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