Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck plant, über zehn Milliarden Euro an ausgewählte Unternehmen zu vergeben, um deren CO₂-Emissionen zu senken und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Diese sogenannten Klimaschutzverträge, die insbesondere großen Konzernen zugutekommen, stoßen jedoch auf erheblichen Widerstand aus der Wirtschaft. Viele Kritiker fordern stattdessen eine Verbesserung der allgemeinen Rahmenbedingungen, die allen Unternehmen zugutekäme und somit breiter wirken würde (wiwo: 15.10.24).
Kritik an ungleicher Förderung
Einer der zentralen Kritikpunkte bezieht sich auf die starke Konzentration der Fördermittel auf wenige Großunternehmen. Konzerne wie BASF, Südzucker und Kimberly-Clark zählen zu den Hauptnutznießern der Klimaschutzverträge, während der Mittelstand weitgehend außen vor bleibt. Achim Dercks von der Deutschen Industrie- und Handelskammer fordert, dass auch kleine und mittlere Unternehmen von den Maßnahmen profitieren müssen, da sie das Rückgrat der deutschen Wirtschaft darstellen. Der Vorwurf lautet, dass die Subventionierung einzelner Großunternehmen zwar kurzfristige CO₂-Einsparungen bewirken kann, aber langfristig wenig zur Stabilität und Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Wirtschaft beiträgt.
Kritiker betonen, dass eine Verbesserung der Rahmenbedingungen – wie die Senkung von Energiekosten und Steuern – für alle Unternehmen spürbar wäre und sich somit positiv auf die gesamte Wirtschaft auswirken würde. Derzeit leiden viele Unternehmen, insbesondere im Mittelstand, unter hohen Strompreisen und einer massiven Bürokratiebelastung. Würden diese Faktoren angegangen, könnte das Standort Deutschland attraktiver und wettbewerbsfähiger gemacht werden, ohne dass nur wenige Konzerne profitieren.
Fehlende Transparenz und Komplexität des Verfahrens
Zusätzlich wird die Komplexität und mangelnde Transparenz der Förderverfahren kritisiert. Die Unternehmen müssen in einem aufwendigen Auktionsverfahren Projektvorschläge einreichen, um Fördergelder zu erhalten. Viele kleinere Firmen, die nicht über die nötigen Ressourcen verfügen, um solche Anträge zu stellen, bleiben von der Förderung ausgeschlossen. Dies verstärkt den Eindruck, dass die Klimaschutzverträge vor allem Großkonzerne bevorzugen und für kleinere Betriebe kaum eine Chance bieten, an den Fördermitteln zu partizipieren.
Chemiebranche und andere Sektoren fordern grundlegende Reformen
Auch der Verband der Chemischen Industrie (VCI) äußert sich kritisch zu den Klimaschutzverträgen. Zwar können die bereitgestellten Gelder als Anschubfinanzierung nützlich sein, doch viele klimafreundliche Produktionsverfahren seien noch nicht international wettbewerbsfähig. Der VCI fordert daher, dass nicht nur Einzelmaßnahmen gefördert werden, sondern auch die generellen Standortfaktoren verbessert werden. Insbesondere die Energiekosten müssten gesenkt und Steuern reduziert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern. Der Abbau von Bürokratie sei eine weitere Maßnahme, die dringend notwendig ist, um den Standort Deutschland zu stärken.
Ähnliche Kritik kommt aus anderen Sektoren der Industrie. Viele Vertreter sehen die Klimaschutzverträge nur als kurzfristige Lösung für wenige Unternehmen, während die grundlegenden Herausforderungen der deutschen Wirtschaft unberücksichtigt bleiben. Die hohen Energiepreise und die bürokratischen Hürden belasten die Unternehmen zunehmend und erschweren Investitionen in nachhaltige Technologien.
Verbesserung der Rahmenbedingungen als nachhaltigere Lösung
Einigkeit herrscht in der Kritik darüber, dass eine breit angelegte Verbesserung der Rahmenbedingungen nachhaltiger wirken würde als die Subventionierung einzelner Unternehmen. Die Senkung der Energiekosten sowie eine steuerliche Entlastung wären Maßnahmen, von denen alle Unternehmen gleichermaßen profitieren könnten. Dadurch würden nicht nur Großkonzerne, sondern auch der Mittelstand und kleinere Betriebe entlastet. Dies hätte einen positiven Effekt auf die gesamte Wirtschaft und könnte den Standort Deutschland attraktiver für Investitionen machen.
Während die Klimaschutzverträge kurzfristig dazu beitragen, CO₂-Emissionen bei wenigen Großunternehmen zu reduzieren, könnte eine Reform der Rahmenbedingungen langfristig breiter wirken und den Wettbewerbsvorteil Deutschlands stärken. Kritiker fordern deshalb, dass die Bundesregierung nicht nur auf Einzelmaßnahmen setzt, sondern die grundlegenden Probleme der deutschen Industriepolitik angeht.
Zweite Förderrunde in der Kritik
Die zweite Förderrunde für die Klimaschutzverträge steht bereits an, doch auch hier gibt es Bedenken. Rund 130 Projektvorschläge wurden eingereicht, doch die Zuteilung der Mittel erfolgt erneut über ein komplexes Auktionsverfahren. Besonders kleinere Unternehmen sehen sich hier erneut benachteiligt. Zudem bleibt die tatsächliche Höhe der Förderung unklar, da diese von der Preisentwicklung auf den Energiemärkten und den Zertifikaten im europäischen Emissionshandel abhängt.
Für viele Kritiker stellt sich die Frage, ob die Klimaschutzverträge langfristig ein tragfähiges Modell sind, oder ob sie lediglich kurzfristige Lösungen für strukturelle Probleme bieten. Klar ist: Ohne eine umfassende Reform der Rahmenbedingungen, insbesondere in Bezug auf Energiekosten und Steuern, bleibt der Erfolg dieser Maßnahmen begrenzt.
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