In der Europäischen Union nehmen die Füllstände der Gasspeicher in einem beunruhigenden Tempo ab. Eine anhaltende Kältewelle beschleunigt diesen Prozess erheblich. Eine Versorgungslücke könnte folgen. Auch private Haushalte in Deutschland sehen sich möglicherweise mit steigenden Kosten konfrontiert. Erdgas spielt hierzulande eine zentrale Rolle bei der Heizenergieversorgung und deckt etwa die Hälfte des Bedarfs ab. Ein plötzlicher Preisanstieg könnte somit die Heizkosten deutlich erhöhen. Die aktuelle Lage lässt daher viele um die Stabilität der Gasversorgung bangen (fr: 12.12.24).
Rekordhohe Gaspreise belasten Haushalte
Die Preise für Gas steigen kontinuierlich. Sowohl auf den Terminmärkten als auch für private Verbraucher zeigt sich dieser Trend. Im November erreichte der Gaspreis in Deutschland fast 49 Euro pro Megawattstunde (MWh) – ein Anstieg von 40 Prozent. Dieser Wert markiert das höchste Niveau seit einem Jahr. Besonders kalte Temperaturen verschärften die Situation, da der Gasverbrauch zunahm.
Laut dem Vergleichsportal Verivox zahlten Neukunden Anfang Dezember 2024 etwa 10 Cent pro Kilowattstunde (kWh). Noch im März desselben Jahres lag der Preis zeitweise bei unter 6,5 Cent pro kWh. Dies entspricht einem Preisanstieg von mehr als 40 Prozent innerhalb weniger Monate. Kälteperioden treiben den Heizbedarf nach oben und lassen die Gasspeicher schneller schrumpfen.
Dunkelflauten verschärfen die Lage
Deutschland erlebte im November eine langanhaltende Dunkelflaute. In dieser Zeit fehlte der Strom aus erneuerbaren Energien, wodurch der Gasverbrauch für die Stromerzeugung drastisch stieg. Ohne ausreichende Vorkehrungen könnten solche Dunkelflauten die Versorgungssicherheit gefährden. Der RWE-Chef forderte deshalb einen „Backup-Plan“, um die Gasversorgung im Winter zu sichern.
Ein solcher Plan könnte helfen, plötzliche Engpässe zu verhindern. Ohne ausreichende Reserven drohen allerdings Versorgungsprobleme. Die Gasinfrastruktur in Europa steht daher vor einer großen Herausforderung.
EU-Gasspeicher entleeren sich rasant
Auch im Dezember bleiben die Gaspreise hoch. Die European Energy Exchange (EEX) verzeichnete für die kommenden Monate Preise von über 48 Euro je MWh. Diese Werte liegen rund 10 Euro über den Prognosen vom Oktober. Die rasant sinkende Gasmenge in den Speichern trägt zu dieser Entwicklung bei.
Daten von Gas Infrastructure Europe (GIE) zeigen, dass die Speicher so schnell schrumpfen wie seit 2016 nicht mehr. Zwischen dem 1. Oktober und dem 2. Dezember 2024 wurde deutlich mehr Gas verbraucht als in den letzten acht Jahren zuvor. Eine Sprecherin der Bundesnetzagentur nennt die kalte Wetterlage als Hauptursache. Bei niedrigen Temperaturen steigt der Gasverbrauch naturgemäß stark an.
Prognosen für den Winter: Sorgen um leere Speicher
Trotz der aktuellen Füllstände von über 90 Prozent bleibt die Situation unsicher. Sollte der Winter besonders kalt ausfallen, könnte sich die Lage in den Speichern drastisch verschärfen. Laut Analysten könnten die Speicherstände in der EU bis zum Frühjahr auf unter 50 Prozent fallen.
Die Commerzbank-Analystin Barbara Lambrecht bestätigte, dass die Speicher im November 2024 etwa 88 Prozent Füllstand aufwiesen. Dies sind zehn Prozentpunkte weniger als im Vorjahr. Ursachen für diesen Rückgang sind schwacher Windstrom und kalte Temperaturen.
Mögliche Folgen für Verbraucher
Experten wie der HSBC-Analyst Sadnan Ali rechnen damit, dass Europa den Winter mit Speicherständen von nur 42 Prozent abschließt. Auch Nayoung Kim von der UBS erwartet lediglich 40 Prozent zum Frühjahrsbeginn. Im Vorjahr lagen die Speicher noch bei 60 Prozent. Ein solch niedriger Füllstand könnte zu drastischen Preiserhöhungen führen.
Private Haushalte müssen sich deshalb auf steigende Kosten einstellen. Ein sparsamer Umgang mit Gas könnte helfen, die Situation zu entschärfen. Dennoch bleibt die Gefahr eines Versorgungsengpasses bestehen, falls der Winter streng ausfällt.
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