Der japanische Premierminister Fumio Kishida forderte am 24.08. 2022 einen Vorstoß zur Rückkehr zur Atomkraft im Land. Damit soll Japan die steigenden Kosten für importierte Energie im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg bewältigen.
Ein solcher Schritt könnte die Voraussetzungen für einen großen politischen Wandel schaffen und könnte sich als kontrovers erweisen. Die Katastrophe von Fukushima führte 2011 zur Stilllegung vieler Kernreaktoren.(Daily Sabah, 24.08.2022)
Tokio entgeht knapp einem Blackout
Die Einwohner Tokios stießen im Juni einen kollektiven Seufzer der Erleichterung aus, als die größte Metropole der Welt mit einem panischen Gerangel, um Strom zu sparen, nur knapp einen Blackout vermied.
In einer Ecke des Verwaltungsbezirks Kasumigaseki erinnert sich jedoch ein erschöpfter hochrangiger Regierungsbeamter an eine Frage: „Braucht es einen massiven Stromausfall, damit dieses Land ernsthaft mit dem Neustart der Kernenergie beginnt?“ (Financial Times, 21.07.2022)
Regierung möchte über Rückkehr der Atomkraft reden
Eine Debatte über die Rückkehr zur Kernenergie wurde von der Regierung bisher weitgehend vermieden. Vor der Katastrophe von 2011 bezog Japan etwa ein Drittel seines Stroms aus 54 Kernreaktoren. Im Juni waren nur noch vier in Betrieb. Diese deckten ca. 5% des japanischen Strombedarfs. Die Öffentlichkeit blieb wegen einer Reihe von Sicherheitsvorfällen und einem tiefen Misstrauen gegenüber Tokyo Electric über einen Neustart bisher gespalten.
Allerdings ändert sich langsam die öffentliche Meinung, da die Kraftstoffpreise steigen und ein früher und heißer Sommer den Ruf nach Energieeinsparungen lauter werden hat lassen.
„Russlands Invasion in der Ukraine hat die Energielandschaft der Welt grundlegend verändert“, und deshalb „muss Japan potenzielle Krisenszenarien im Auge behalten“, sagte Kishida bei einem energiepolitischen Treffen.
Japan sollte den Bau von Kernreaktoren der nächsten Generation erwägen, sagte er. Die Regierung werde auch darüber diskutieren, mehr Kernkraftwerke ans Netz zu bringen und die Lebensdauer von Reaktoren zu verlängern. Vorraussetzung dazu ist, dass die Sicherheit gewährleistet werden kann. Kishida forderte „konkrete Schlussfolgerungen bis Ende des Jahres“ zu diesem Thema.
Sieben Reaktoren könnten direkt in Betrieb genommen werden
Die nationale Aufsichtsbehörde für nukleare Sicherheit hat im Prinzip die Wiederinbetriebnahme von sieben weiteren Reaktoren genehmigt, aber diese Schritte stoßen oft auf Widerstand der lokalen Gemeinschaften. „Zusätzlich zur Sicherstellung des Betriebs der 10 Reaktoren, die bereits wieder online sind, wird die Regierung alles tun, um den Neustart zu realisieren“, sagte Kishida.
Der Premierminister forderte die politischen Entscheidungsträger außerdem auf, „den Bau von Kernreaktoren der nächsten Generation mit neuen Sicherheitsmechanismen in Betracht zu ziehen“.
Der Kurs japanischer Aktien im Zusammenhang mit Atomkraft stieg im Nachmittagshandel stark an. Die Aktien von Tokyo Electric Power und Mitsubishi Heavy Industries schlossen mit 9,96 % bzw. 6,85 % im Plus .