Es klingt fast schon wie ein Paradoxon. Australien ist der fünftgrößte Gas- und zweitgrößte Kohleexporteur der Welt. Trotzdem hat das Land gerade massive, Probleme, die Stromversorgung im eigenen Land sicherzustellen. In Australien ist gerade Winter und an der Südostküste sind die Temperaturen auf den niedrigsten Wert seit Jahrzehnten gefallen. Aber in vielen Häusern bleiben die Heizungen trotzdem aus. Der Strompreis ist in Australien regelrecht explodiert und viele Australier können die Stromrechnung nicht mehr bezahlen. Jetzt kommt es auch noch zu Engpässen bei der Stromversorgung. Die Energieversorger können dabei Stromausfälle in großem Ausmaß nicht mehr ausschließen.
Strompreis in Australien steigt um 115 Prozent über den bisherigen Höchstwert
Die Strompreise sind auf der Erzeugerseite rund 115 Prozent über den bisher historisch höchsten Großhandelspreis gestiegen. Im Bundesland New South Wales, in dem Sydney liegt, lag der Preis im zweiten Quartal bereits bei 300 Australische Dollar pro Megawattstunde. Das entspricht umgerechnet sind ungefähr 200 Euro. „Australien erlebt gerade astronomische Energiepreise“, sagte Johanna Bowyer, Analystin bei einem Institut für Energiewirtschaft und Finanzanalyse.
Versorgungsengpass trotz eigene Kohle- und Gasvorkommen
Der Krieg in der Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen treiben weltweit die Preise für Kohle- und Gas nach oben. Australien erzeugt einen Großteil seines Stroms aus diesen Energieträgern. Deshalb wirken sich auch dort die hohen Weltmarktpreise unmittelbar aus. Allerdings fielen im bevölkerungsreichen Südosten Australiens gerade in der Kältewelle mehrere Kohlekraftwerke gleichzeitig aus. Deshalb mussten zur Überbrückung, trotz der extrem hohen Gaspreise, Gaskraftwerke einspringen, um die Lücke auf der Erzeugerseite zu schließen. Das sollte in Australien eigentlich kein Problem sein, denn dort verfügt man über große Vorkommen sowohl bei Kohle als auch bei Gas.
Großteil der Kohle- und Gasförderung ans Ausland verkauft
Katja Ignatieva, Energieexpertin der University of New South Wales in Sydney, erklärt, warum die Preise trotzdem massiv steigen. „Australien fördert genug Kohle und Gas, um seinen eigenen Bedarf zu decken. Aber ein Großteil der Produktion ist über langfristige Lieferverträge an ausländische Käufer verkauft und damit gebunden“. Deshalb könne man die Exporte auch nicht einfach widerrufen oder deutlich reduzieren. Damit geht trotz Mangel im eigenen Land ein Großteil der Produktion ins Ausland.
Keine Lösung in Sicht. Australische Grüne lehnen mehr Kohlestrom ab
Über eine Lösung des Problems streiten sich die Politiker. Ted O’Brien, Energieexperte der Liberalkonservativen, hat vorgeschlagen, kurzfristig wieder mehr Kohlestrom ins Netz einzuspeisen. Dagegen wehren sich allerdings die Grünen mit dem Argument, dass damit die Produzenten fossiler Brennstoffe von der Krise profitieren würden. Der Vorsitzende der australischen Grünen, Adam Bandt, sagte dazu. „Kohlekraftwerke zu unterstützen, ist, als ob man gutes Geld schlechtem hinterherwerfen würde: Keine noch so große Reparatur dieser Dreckschleudern wird das Problem lösen“. Die Grünen plädieren stattdessen dafür, staatliche Investitionen in neue Wind- und Solaranlagen zu beschleunigen und dafür mehr Speicherkapazität zu schaffen. Eine schnelle Lösung für das akute Problem ist das allerdings nicht. So müssen die Australier weiter die hohen Strompreise bezahlen, bis sich die Politiker über eine Lösung einig sind.