Der(IEA) und türkische Wirtschaftsexperte, Fatih Birol, äußerte seine Meinung zum Atomausstieg Deutschlands und zur erhöhten Kohleimportpolitik in einem Gespräch mit BILD. Die IEA berät verschiedene Länder, einschließlich der EU-Mitgliedsstaaten und der USA, zu wichtigen Energiefragen. BILD wollte von Birol wissen, ob das europäische Stromsystem genügend Kapazität habe, um den massiven Ausbau von Wärmepumpen gemäß der Ökodesign-Richtlinie zu unterstützen (Bild: 11.06.23).
Leiter der IEA warnt vor Engpässen: Europa braucht mehr Strom zu günstigen Preisen
IEA-Chef Birol antwortete, dass das europäische Stromsystem bisher gut funktioniere. Er hoffe jedoch, dass die Stromproduktion in Zukunft steigt. Birol äußerte den Wunsch, dass Europa mehr Strom zu einem günstigen Preis zur Verfügung habe als derzeit, da dies ansonsten zu Schwierigkeiten führen könnte.
In Bezug auf die erhöhten Kohleimporte Deutschlands seit Ende 2021 bezeichnete Birol dies als eine Notfallmaßnahme. Er kritisierte Deutschland dafür, dass es sich von einem einzigen Land, nämlich Russland, abhängig gemacht habe. Birol betonte, dass viele Bürger und Unternehmen heute die Konsequenzen dieses Fehlers spüren, nachdem Deutschland keine Gaslieferungen mehr aus Russland erhalte. Der erhöhte Kohleimport sei notwendig, um kalte Wohnungen und Stromausfälle zu vermeiden.
Experte warnt vor Fehlentscheidung: War der Ausstieg aus Kernkraft ein Fehler?
Auf die Frage, ob es ein Fehler gewesen sei, gleichzeitig aus der Kernkraft auszusteigen, antwortete Birol, dass er immer betont habe, dass Europa seine Energiequellen diversifizieren und unabhängiger werden müsse. Daher wäre er immer zögerlich, eigene Energiequellen zu schließen. Birol persönlich wäre gegen die Abschaltung der Kernkraftwerke in Deutschland gewesen.
Die Entscheidung Deutschlands, Kohle als Brückentechnologie zu nutzen, indem sie Steinkohle aus Ländern wie Südafrika und Kolumbien sowie Braunkohle aus eigenen Gebieten importieren, wird von Fatih Birol wie folgt bewertet: Er hofft, dass es sich um eine kurzfristige Maßnahme handelt und Deutschland nicht glaubt, russisches Gas und Kernkraft langfristig durch Kohle ersetzen zu können. Birol betont, dass zur Erreichung der Klimaziele und zur Begrenzung der Erderwärmung die Energieeffizienz deutlich verbessert werden muss. Dadurch könnten Treibhausgasemissionen entscheidend reduziert werden.
Klimaziele in Gefahr: Verdopplung der Energieeffizienz bis 2030 notwendig
Um die Klimaziele zu erreichen, wäre eine Verdoppelung der bisherigen Fortschritte bei der Energieeffizienz bis 2030 erforderlich. Dies würde es ermöglichen, das Ziel einer Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad zu erreichen und gleichzeitig die Energieversorgung sicherer und erschwinglicher zu machen.
Die Wärmepumpe zählt laut Birol zu den wichtigsten Instrumenten zur Steigerung der Energieeffizienz. Allerdings ist dafür eine erhebliche Menge an erneuerbarem Strom erforderlich, um im Kampf gegen den Klimawandel effektiv zu sein.
In den letzten zwölf Monaten betrug der CO₂-Ausstoß pro Kilowattstunde Strom in Deutschland 330 Gramm. Damit liegt Deutschland ungefähr auf dem gleichen Niveau wie Bulgarien und Bosnien-Herzegowina. Der Ausbau erneuerbarer Energien ist nach dem Ausstieg aus der Kernkraft wichtiger denn je. Die von der Bundesregierung angestrebte Verdreifachung des Ausbautempos ist jedoch noch weit entfernt.