In einem Interview äußerte sich Fatih Birol, Chef der Internationalen Energieagentur (IEA), zu deutschen Energiepolitikthemen und ihren globalen Auswirkungen. Birol ist bekannt für seine sachliche Herangehensweise, aber er hat klare Ansichten, wenn es um den deutschen Atomausstieg und die Abhängigkeit von russischem Gas geht. Zum Atomausstieg sagt er: „Kernkraft-Ausstieg war ein historischer Fehler“ (handelsblatt: 23.01.24).
IEA-Chef – deutscher Atomausstieg war „historischer Fehler“
Ein zentrales Thema des Gesprächs war der Ausstieg Deutschlands aus der Kernkraft. Fatih Birol bezeichnete diesen Schritt als einen „historischen Fehler“. Birol respektiert die Entscheidung, den Ausstieg aus der Kernkraft durchzuführen, betont jedoch die negativen Auswirkungen auf die Stromversorgung und Emissionsreduktion. Er meint, dass Deutschland zumindest die verbleibenden Atomkraftwerke hätte weiterbetreiben können, erkennt jedoch an, dass es wahrscheinlich zu spät dafür ist. Es fällt auf, dass weltweit ein Comeback der Kernkraft stattfindet, da Länder wie China, Indien, die Niederlande, Schweden, Frankreich, Kanada, die USA und sogar Japan verstärkt auf diese Energiequelle setzen.
Die Gasabhängigkeit von Russland und ihre Kosten
Ein weiterer kritischer Punkt in Birols Aussagen war die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas. Er bezeichnete dies als historischen Fehler, der sowohl Bevölkerung als auch Wirtschaft teuer zu stehen komme. Die Energiepreise in Europa sind im Vergleich zu China und den USA immer noch sehr hoch. Dies stellt besonders für die Industrie einen deutlichen Wettbewerbsnachteil dar. Vor dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs hatten deutsche Politiker und Wirtschaftsvertreter betont, dass Russland zuverlässig lieferte. Doch Birol warnte schon damals davor, dass diese Zuverlässigkeit nicht ewig anhalten werde. Seine Einschätzung wurde durch die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Konflikt bestätigt.
Energiewende und Zukunftsperspektiven
Birol lobte Deutschland jedoch für sein Krisenmanagement in Bezug auf die Energieversorgung seit Ausbruch des Ukraine-Kriegs. Er betonte, dass die Rahmenbedingungen äußerst ungünstig waren, aber weder die Bevölkerung frieren musste noch die Wirtschaft zusammengebrochen ist. Er sprach sich auch für den Ausbau erneuerbarer Energien und die Verkürzung von Genehmigungsverfahren aus. Dennoch wies er darauf hin, dass die deutsche Energiewende noch einen langen Weg vor sich habe. Das Energiesystem sei kein Fahrrad, das man einfach umlenken könne, sondern eher wie ein großer Tanker auf hoher See – es brauche Zeit und werde nicht ohne Folgen bleiben.
Insgesamt zeigte das Interview mit Fatih Birol, dass die deutsche Energiepolitik und ihre globalen Auswirkungen weiterhin ein umstrittenes Thema sind. Während einige die bisherigen Schritte als richtigen Weg sehen, gibt es auch kritische Stimmen wie die von Birol, die auf mögliche Fehler und Herausforderungen hinweisen. Die Zukunft der deutschen Energiepolitik wird sicherlich weiterhin intensiv diskutiert werden.
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