Habecks irreführende Behauptungen über sinkende Lebensmittelpreise

Wirtschaftsminister Robert Habeck von den Grünen hat derzeit Probleme, insbesondere mit seinem Heizungsgesetz. Er hat sich am Sonntag in einem Fernsehinterview bei Anne Will der Kritik gestellt. Habeck war selbstkritisch und gab zu, dass er mit der Bundesregierung nicht zufrieden sei. Gleichzeitig betonte er jedoch, dass die Leistungsbilanz der Regierung insgesamt gut sei. Besonders hob er hervor, dass es gelungen sei, Deutschland durch den Winter zu bringen, ohne dass es zu einem Gasmangel oder einer großen Krise gekommen sei. Er behauptete: „Die Energiepreise, auch Lebensmittelpreise gehen deutlich runter“. Allerdings stehen diese Aussagen im Widerspruch zu den Erfahrungen vieler Verbraucher in Supermärkten und auf Wochenmärkten (businessinsider: 20.06.23). Wie sieht es also tatsächlich mit den Fakten aus und wie sind die Aussichten auf sinkende Preise?


Inflationsentwicklung: Lebensmittelpreise steigen weiterhin, trotz abflachender Rate

Es stimmt, dass die Inflationsrate insgesamt ihren Höhepunkt überschritten hat. Im Oktober 2022 stiegen die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahr um 8,8 Prozent an. Seitdem ist die Teuerungsrate kontinuierlich gesunken. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Preise sinken, sondern nur, dass sie langsamer steigen. Im Mai lagen die Verbraucherpreise insgesamt um 6,1 Prozent höher als im Vorjahr.

Habeck behauptet bei Anne Will, dass die Lebensmittelpreise gefallen seien. Preise steigen nachweislich weiter, trotz abflachender Inflation
Habeck behauptet bei Anne Will, dass die Lebensmittelpreise gefallen seien. Preise steigen nachweislich weiter, trotz abflachender Inflation
Bild: Sven Mandel, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Es stimmt auch, dass die Energiepreise gesunken sind. Im Mai waren sie im Vergleich zum April insgesamt um 1,4 Prozent günstiger. Allerdings ist es Interpretationssache, ob dieser Rückgang nach den vorherigen Preisanstiegen als „deutlich“ bezeichnet werden kann. Im Vergleich zum Mai des Vorjahres sind die Energiepreise immer noch um 2,6 Prozent höher.

Wie sieht es bei den Lebensmitteln aus? Das Statistische Bundesamt gibt eine klare Antwort: „Nahrungsmittel bleiben auch in diesem Monat der stärkste Preistreiber“, sagt die Präsidentin Ruth Brandt. Im Mai waren Nahrungsmittel im Durchschnitt 14,9 Prozent teurer als im Vorjahr. Der Preisanstieg hat sich etwas verlangsamt, da die Teuerungsrate im April noch bei 17 Prozent lag. Dennoch steigen die Preise immer noch sehr schnell, zumindest im Jahresvergleich.

Schockierende Steigerungen bei Grundnahrungsmitteln – Lebensmittelpreise erreichen neue Höhen

Besonders bei Grundnahrungsmitteln ist der Preisanstieg spürbar: Molkereiprodukte waren im Mai um 28 Prozent teurer als vor einem Jahr, Brot, Getreide und Fisch um 19 Prozent. Verbraucherinnen und Verbraucher mussten für Zucker, Marmelade, Honig und andere Süßwaren 18 Prozent mehr bezahlen. Gemüse war um 17 Prozent teurer. Eine Ausnahme bilden Speisefette und Speiseöle, die um 7,1 Prozent günstiger waren als vor einem Jahr. Besonders stark ist der Preisrückgang bei Butter mit 23 Prozent.

Auch die Entwicklung der Nahrungsmittelpreise von Monat zu Monat ist einen Blick wert. Tatsächlich sind die Nahrungsmittelpreise im Mai leicht zurückgegangen, und das bereits zum zweiten Mal in Folge. Der Rückgang war zwar nicht besonders „deutlich“, sondern betrug im Mai lediglich 0,3 Prozent.

Der Rückgang im Mai war hauptsächlich darauf zurückzuführen, dass Gemüse um 4,4 Prozent günstiger war als im April, frisches Gemüse sogar um sechs Prozent. Bei anderen Lebensmitteln wie Obst oder Fleisch stiegen die Preise jedoch auch im Mai weiter an.


Experte warnt vor langanhaltender Inflation: Preise werden weiter steigen, auch bei Lebensmitteln

Der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Marcel Fratzscher, warnt vor allzu großen Hoffnungen auf ein schnelles Ende der Inflation und sogar sinkende Preise. Laut Fratzscher müssen wir uns mindestens in den nächsten anderthalb Jahren auf weiter steigende Preise einstellen. Dies betrifft auch Lebensmittel. Die hohen Produktionskosten von Waren und Gütern werden sich weiterhin an der Supermarktkasse widerspiegeln, besonders in der Ernährungsbranche, bei der Ernte, den Rohstoffen, der Produktion und der Logistik.

Habecks Aussage über „deutlich fallende“ Nahrungsmittelpreise treffen also in der Realität nicht zu.

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