Gasumlage: Stadtwerke erwarten Zahlungsausfälle

Wenn ab dem 1. Oktober 2022 alle Gaskunden mit einer sogenannten Gasumlage an den gestiegenen Gaskosten beteiligt werden. Die Vertreter der Stadtwerke erwarten dabei Zahlungsausfälle sowohl bei Privat- als auch bei Gewerbekunden (Wirtschafts Woche 30.07.2022).


Möglicherweise 1.000 Euro pro Jahr für den Privathaushalt

Noch steht die Höhe der Gasumlage nicht fest. Jedoch gehen Schätzungen davon aus, dass ein durchschnittlicher 4-Personen-Haushalt mit einer Wohnfläche zwischen 100 und 130 m² bis zu 1.000 Euro mehr pro Jahr für das Gas bezahlt. Die Stadtwerke, die das Gas an die Endkunden ausliefern, sehen diese Prognose mit Sorge: Sie glauben mehrheitlich, dass einige Kunden die Zusatzkosten nicht stemmen werden. Sie erwarte daher teilweise Zahlungsausfälle.

Gasumlage: Stadtwerke erwarten Zahlungsausfälle. Möglicherweise 1.000 Euro pro Jahr für den durchschnittlichen Privathaushalt
Gasumlage: Stadtwerke erwarten Zahlungsausfälle. Möglicherweise 1.000 Euro pro Jahr für den durchschnittlichen Privathaushalt
Bild:P6G47TG, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Zwar hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) versprochen, dass kein Bürger allein gelassen werde („you’ll never walk alone“). Dieses Statement hatte er abgegeben, als unlängst der Energieversorger Uniper durch Staatshilfen gerettet werden musste. Für die Verbraucher plant der Staat ein Bürgergeld und eine Reformierung des Wohngeldes. Beides kommt aber frühestens Anfang 2023, während die Gasumlage schon ab Oktober zu stemmen ist. Die gesetzliche Grundlage liefert hierfür § 26 Energiesicherungsgesetz. Er erlaubt die sogenannte „saldierte Preisanpassung“, mit der Gasimporteure und -händler bei stark gestiegenen Einkaufspreisen bis zu 90 % der Zusatzkosten an die Endkunden weitergeben dürfen. Wie viel es im Detail wird, steht noch nicht fest. In der Diskussion ist eine Preisanpassung zwischen 1,5 und 5,0 ct/kWh.


Sondersituation der saldierten Preisanpassung

Die saldierte Preisanpassung schafft eine Sondersituation, die es so auf dem Energiemarkt noch nicht gab: Normalerweise sind nämlich die Lieferanten an die langfristigen Verträge gebunden, die sie mit ihren Kunden abgeschlossen haben. Sollten ihre Einkaufspreise steigen, müssen sie sich im Normalfall trotzdem an den vereinbarten Lieferpreis halten, solange ein Vertrag läuft. Das verursacht nun angesichts der Gasknappheit und der damit exorbitant gestiegenen Preise auf dem Weltmarkt bei vielen Lieferanten erhebliche finanzielle Probleme: Sie erwirtschaften Monat für Monat Verluste, weil sie Gas sehr teuer zukaufen. Davon wird sie die Gasumlage entlasten, von der Haushalte, öffentliche Einrichtungen, Gewerbebetriebe und die Industrie gleichermaßen betroffen sind.

Welche Kunden können sich die Umlage leisten?

Die Erfurter Stadtwerke wollten es genauer wissen und haben die Preiserhöhungen für die Kunden durch die Gasumlage einmal durchgerechnet. Sie gingen von einer noch moderaten Preiserhöhung von 2 ct/kWh aus. Diese würde den Gaspreis für die Endkunden um 10 % erhöhen. Das ist viel, wobei aktuell zu bedenken ist, dass viele andere Güter ebenfalls gerade deutlich teurer werden – bis hin zu den Lebensmitteln. Der Geschäftsführer der Erfurter Stadtwerke, Peter Zaiß warnt daher vor einem „Teufelskreis“ von Preistreibereien. Dabei stehe außer Frage, dass die Gasumlage dem Solidaritätsprinzip folge und eine einfache Lösung sei. Dennoch laute die Frage: Welche Kunden können sich das überhaupt leisten? Einkommensschwache Haushalte dürften nach Auffassung von Zaiß über die Schmerzgrenze belastet werden, jedoch auch energieintensive Industrie- und Gewerbebetriebe. An diesen Stellen seien Zahlungsausfälle mehr als wahrscheinlich. Käme aber ein gesetzlich verordnetes Moratorium gegen die Einstellung der Lieferung bei Zahlungsausfall hinzu, würden die Schwierigkeiten auf die Stadtwerke zurückschlagen. Diese müssten das teure Gas dann sogar an Kunden liefern, die es aktuell nicht bezahlen.


Dilemma der Stadtwerke

Zaiß legt den Finger in die Wunde. Die Stadtwerke unterliegen aktuell dem Dilemma, dass sie Gas teuer zukaufen, aber durch langfristige Verträge günstig abgeben müssen. Wenn sie aktuell ihre Verträge mit den Lieferanten erneuern, geschieht das schon zu wesentlich höheren Preisen als in der Vergangenheit. Aber noch immer geben sie das Gas billig an die Haushalte und Unternehmenskunden ab. Diese werden jedoch in den nächsten Jahren die volle Wucht der Preissteigerungen ebenfalls spüren. Die ersten Schwierigkeiten werden ab Oktober mit der Gasumlage auftreten. Dabei könnten die Zahlungsausfälle nach ersten Prognosen bei 10 bis 30 % liegen. Bislang liegt diese Quote im sehr niedrigen einstelligen Bereich. Solche Ausfälle könnten sogar einige Stadtwerke in die Insolvenz schicken. Das befürchtet beispielsweise der Geschäftsführer der Bochumer Stadtwerke, Frank Thiel. Auch er findet die Umlage richtig, fordert aber gleichzeitig, einkommensschwächere Haushalte staatlich zu stützen.

Ausgestaltung der Gasumlage

Von der genauen Höhe der Umlage erfahren einzelne Verbraucher durch ein Schreiben ihres Versorgers. Dies stößt auf Kritik. Vertreter der Stadtwerke fordern, die Umlage, die ja einheitlich ausfallen soll, öffentlich zu kommunizieren. Dies müsse schnell geschehen, um Rechtssicherheit auf allen Seiten zu schaffen. So lautet eine Forderung des VKU (Verband kommunaler Unternehmen), in welchem die Stadtwerke organisiert sind.

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