Mit der Abschaltung der letzten drei AKWs ist der CO₂-Ausstoß von Wärmepumpen problematischer als bei einer modernen Gasheizung. Dieser Meinung ist auch ein pensionierter Ingenieur aus der Anwendungstechnik für Kälteanlagen und Wärmepumpen. Der Experte zeigt dies an einer entsprechenden Berechnung auf (Berliner-Zeitung: 16.04.23).
Wärmepumpen als Heizungen: Kritische Betrachtung ihrer Umweltfreundlichkeit
Nicht alle sind gleichermaßen begeistert von Wärmepumpen. In welchen Situationen erweisen sich Wärmepumpen möglicherweise nicht so umweltfreundlich wie gedacht? Was bleibt unberücksichtigt, wenn Wirtschaftsminister Robert Habeck ab 2024 die Verwendung von Wärmepumpen als neue Heizungen auch in Bestandsgebäuden vorschreiben will, während Gasheizungen allmählich obsolet werden sollen?
Viele Energieexperten und Umwelt-Ingenieure bestätigen die Klimafreundlichkeit von Wärmepumpen und betonen dabei, dass diese nur eine Einheit Strom für drei Einheiten Wärme benötigen. Dabei berücksichtigen die meisten allerdings nicht, dass dies nur unter idealen Bedingungen, die insbesondere im Bestand oft nicht gegeben sind, der Fall ist.
Kritik an öffentlicher Diskussion zu Wärmepumpen
Klaus Müller, der im Ruhestand ist und viele Jahre als Ingenieur im industriellen Bereich gearbeitet hat, war auch in der Anwendungstechnik für Kälteanlagen und Wärmepumpen bei der Gesellschaft für Entstaubungsanlagen (GEA) tätig. Aufgrund seiner Erfahrungen mit Berechnungen zu Wärmepumpen kennt er sowohl ihre Vorzüge als auch ihre Schwächen. In einem Schreiben an die Berliner Zeitung kritisiert er, dass die öffentliche Diskussion über Vor- und Nachteile von Wärmepumpen mittlerweile absurde Züge angenommen habe und die Politik viele falsche und dumme Aussagen dazu mache.
Müller ist kein Gegner der Energiewende im Heizungsbereich. Im Gegenteil, er hält das geplante Gesetz, das einen Mindestanteil von 65 Prozent erneuerbarer Energien bei Heizungsinstallationen vorsieht, für einen richtigen Schritt im Bereich des Hausneubaus, um Treibhausgasemissionen einzusparen. Müller begründet dies damit, dass bei Neubauten bereits in der gesamten Hausplanung Fußbodenheizungen und Wandflächenheizsysteme berücksichtigt sind. Dadurch könne man das Heizsystem eines Hauses mit niedrigen Vorlauftemperaturen von etwa 35 Grad Celsius betreiben. Der Experte warnt allerdings davor, dass dies bei älteren Bestandsgebäuden grundsätzlich anders sei.
Experte warnt: Wärmepumpen könnten in älteren Bestandsgebäuden mehr CO₂ ausstoßen als Gasheizungen
„Das geplante Gesetzesvorhaben von Habeck ist kontraproduktiv für bestehende Gebäude mit Wandheizkörpern und geringeren Dämmwerten“, argumentiert Müller. Er ist der Ansicht, dass damit dem Klimaschutz ein Bärendienst erwiesen werde. Laut dem pensionierten Ingenieur haben moderne Gasbrennwertheizungen in älteren Bestandsgebäuden einen geringeren CO₂-Ausstoß als der Betrieb von solchen Gebäuden mit Luftwärmepumpen.
Um das Ausmaß des CO₂-Ausstoßes von Wärmepumpen zu verdeutlichen, gibt Müller ein Beispiel an. Er erklärt, dass ein älteres Einfamilienhaus mit mittlerer Dämmung etwa 20.000 Kilowattstunden (kWh) Heizenergie pro Jahr benötigt. Bei Einsatz einer modernen Gasheizung ergäbe sich demnach ein CO₂-Ausstoß von etwa 181 Gramm je kWh erzeugter Heizenergie, basierend auf dem Brennwert von Erdgas. Das bedeutet, dass die Emissionen dieses Hauses durch die Gasheizung pro Jahr etwa 3620 Kilogramm CO₂ betragen würden.
Wärmepumpen-Effizienz in älteren Bestandsgebäuden: Experte warnt vor erhöhten CO₂-Emissionen bei Installation von Luftwärmepumpen
„Die zwangsweise Installation einer Luftwärmepumpe in demselben Haus würde zu einer Erhöhung der CO₂-Emissionen führen“, erklärt Müller. Die Berechnung sei etwas komplexer, da die Umwandlungseffizienzen der verschiedenen Energiequellen dabei zu berücksichtigen sei. In dem betrachteten älteren Bestandshaus hätte eine Luftwärmepumpe bei der erforderlichen Vorlauftemperatur von etwa 55 Grad Celsius eine jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz von 125 Prozent. Das bedeutet, dass aus einer kWh Primärenergie aus dem Netz 1,25 kWh Heizenergie für das Haus entstehen.
Müller bezieht seine Eingangsdaten für die Berechnung aus der „Liste der förderfähigen Wärmepumpen mit Prüf-/Effizienznachweis“ des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle. Geprüfte Luftwärmepumpen mit einer Vorlauftemperatur von 55 Grad Celsius haben gemäß dieser Liste bei einer Leistung von 6 bis 9 Kilowatt, die für Einfamilienhäuser geeignet ist, eine jahreszeitbedingte Raumheizungs-Energieeffizienz (ETAs) von 125 Prozent.
CO₂-Emissionen von Luftwärmepumpen: Experte kritisiert hohen Stromverbrauch bei unzureichender Nutzung erneuerbarer Energien
Laut Müllers Berechnungen werden für den jährlichen Heizenergiebedarf von 20.000 kWh in einem Einfamilienhaus rund 8.890 kWh Elektroenergie von der Luftwärmepumpe verbraucht. Dies ergibt sich aus der Effizienz von 125 Prozent, bei der noch 16.000 kWh Primärenergie übrig bleiben, die von der Wärmepumpe in Elektroenergie umgewandelt und aus dem Stromnetz bezogen werden. Diese Zahl wird dann durch den Primärenergiefaktor von 1,8 dividiert.
Der Primärenergiefaktor für netzgebundenen Strom gibt an, dass aus 1,8 Kilowatt Primärenergie letztendlich 1 Kilowatt Elektroenergie entstehen. In Müllers Berechnung wird der CO₂-Ausstoß nicht auf Basis des Primärenergieverbrauchs, sondern auf Basis des bereinigten Stromverbrauchs berechnet, um eine Vergleichbarkeit mit den Werten moderner Erdgasheizungen zu gewährleisten.
Es stellt sich nun die Frage, wie viel CO₂ die deutsche Energiewirtschaft durch den Energieverbrauch von 8.890 kWh bei Luftwärmepumpen ausstößt. Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) stammen im Durchschnitt nur knapp 45 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien im Jahr 2022.
Luftwärmepumpen und CO₂-Emissionen: Müller warnt vor Umweltschäden und vergleicht mit Gasheizungen
Müller argumentiert weiter, dass für die Erzeugung einer kWh Elektroenergie aus dem Strommix 489 Gramm CO₂ verursacht werden. Über das Jahr gerechnet würde das Einfamilienhaus mit einer Luftwärmepumpe demnach rund 4.350 Kilogramm CO₂ emittieren. Dieses Verhältnis gilt analog auch für Mehrfamilienhäuser mit ähnlichen Randbedingungen.
Mit sarkastischem Unterton kommentiert Müller: „Welch ein Beitrag für den Umweltschutz.“ Nach seiner Berechnung stoßen moderne Gasheizungen im direkten Vergleich immer noch weniger CO₂ ausstoßen als Luftwärmepumpen. Vielleicht sollte die Politik daher mehr Zeit einplanen, um auf den Verzicht von Gasheizungen hinzuwirken.
Müller erwartet, dass der Umweltschaden durch die neuen Luftwärmepumpen im Bestand durch die Abschaltung der letzten Kernkraftwerke am 15. April sogar noch größer ausfallen wird. In seiner Berechnung werden die Atomkraftwerke noch als emissionsfrei berücksichtigt. Doch mit ihrer Abschaltung und dem steigenden Anteil konventioneller Kohlekraftwerke erhöht sich der CO₂-Ausstoß für ältere Bestandsbauten mit Luftwärmepumpen nochmals leicht, ist Müller überzeugt.
Er kritisiert die Grüne Energiepolitik als „nächsten generellen Fehler“. Während ganz Europa auf Atomkraft als CO₂-freie Energieerzeugungslösung setze, würden die deutschen Grünen als „Don Quijote“ der Energiewende agieren und preiswerte Energie in Deutschland verhindern, bemerkt der pensionierte Ingenieur.