Die derzeitige Energiekrise in Deutschland haben Politik und Wirtschaft gemeinschaftlich über Jahrzehnte herbeigeführt, indem sie einseitig auf das preiswerte Erdgas aus Russland setzten. Die Zeche zahlen jedoch mit der Gasumlage nun größtenteils private Verbraucher: Mieter, die vom „falschen“ Stadtwerk ihr Gas erhalten, haben einfach Pech gehabt (focus online, 30.09.2022).
21 Millionen private Haushalte betroffen
In Deutschland heizen 21 Millionen Haushalte mit Gas. Sie sind praktisch von einer persönlichen Kriegserklärung des russischen Präsidenten Putin betroffen. Es drohen ihnen exorbitant hohe Nachzahlungen für ihr Gas, schon jetzt haben sich die meisten Rechnungen vervielfacht. Einige Haushalte erhielten in den letzten Tagen und Wochen Bescheide zu neuen Abschlagszahlungen, die das Sieben- bis Achtfache des bisherigen Preises betragen. Ab Oktober wird sie nun noch der Staat mit seiner vermurksten Gasumlage schröpfen.
Unternehmen sind freilich genauso betroffen. Von ihnen haben mit Stand September 2022 immerhin 16 % die Produktion ganz eingestellt oder drastisch reduziert, weil sie die Gaspreise nicht an ihre Kunden weitergeben können, darunter auch der Stahlriese ArcelorMittal, der die Produktion in zwei deutschen Werken komplett beendet. Gasverbraucher kommen sich in Deutschland derzeit wie die Dummen vor, die die Zeche eines anderen zahlen.
Wie konnte es so weit kommen?
Fest steht: Haushalte, die bislang auf eine Gasheizung gesetzt haben, müssen sich selbst nichts vorwerfen. Gas war erschwinglich, weil es Russland so preiswert lieferte, außerdem gilt es nach wie vor als relativ umweltverträgliche Brückentechnologie, bis irgendwann erneuerbare Energien sowohl Strom als auch Wärme und Klimatisierung liefern. Dass also Mieter und Eigenheimbesitzer in den letzten Jahrzehnten günstiges Gas verbrauchten, war kein Fehler. Ohnehin fragten Menschen bislang kaum, auf welcher technischen Basis ihre Wohnung geheizt wird. Es ging eher um den Wohnpreis und die Lage.
Wie der örtliche Energieversorger Wärme erzeugt – mit Erdgas, Erdöl, Kohle, Kernkraft oder erneuerbaren Energien –, erschien zweitrangig. Es sollte nur warm werden und dabei erschwinglich bleiben. Dass allerdings in den letzten Jahren sehr einseitig auf russisches Erdgas gesetzt wurde, basierte auf politischen Entscheidungen, die freilich von der Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen wurden. Nach dem Atomunglück in Fukushima 2011 wurde recht abrupt der deutsche Ausstieg aus der Kernkraft beschlossen, parallel wurde der Ausstieg aus der Kohle gesetzlich festgezurrt. Damit stehen wir nun vor einer Energieknappheit, an die wir noch vor wenigen Monaten nicht gedacht hätten. Forciert hat die Energieimporte die CDU/FDP-Koalition unter der Regierung Angela Merkel. Dabei spielte Russland immer die Hauptrolle als Lieferant.
Spätestens 2014 hätte mit der russischen Besetzung der Krim allerdings klar sein müssen, dass sich das Land unter Putin zu einem diktatorischen, expansionistischen Regime wandelt, von dem sich niemand allzu stark abhängig machen sollte. Die Große Koalition unter Merkel setzte allerdings mit dem Beschluss zum Kohleausstieg noch einen drauf. Seien wir jedoch ehrlich: Es gab keine warnenden Stimmen, nicht aus der Politik, nicht aus den Medien und auch nicht von Initiativen oder Verbänden, die vor der Energieabhängigkeit von Russland gewarnt hätten. Nun kann Putin die Folgen unserer eigenen Politik gegen uns als Druckmittel einsetzen.
„Klimakanzler“ Scholz lässt die Falschen bluten
Unter unserem Klimakanzler zahlen nun die Verbraucher mit dem geringsten CO₂-Fußabdruck am meisten für die Fehler der Vergangenheit – jedenfalls in Relation zu ihren Einkommen. Dies sind Menschen, die sich nicht wehren und sich meistens auch ihren Vermieter nicht besonders gut aussuchen können, jedenfalls nicht allein unter dem Gesichtspunkt, welche Heizung er betreibt. Es sind Menschen, die eigentlich wenig konsumieren, weil ihnen das Geld dafür fehlt, und die deshalb einen vergleichsweise kleinen CO₂-Fußabdruck hinterlassen. Diese Menschen zahlen nun relativ das meiste für die verkorkste Energiepolitik.
Dass ein sich Klimakanzler nennender Regierungschef und sein grüner Vize solche Gesetze wie die Gasumlage auf den Weg bringen, ist eigentlich ein Armutszeugnis. Immerhin zahlen die Abnehmer von Kohle und Erdöl diese Umlage nicht. Diese Umverteilung ist grob unsolidarisch. Angestoßen haben die gegenwärtige Ungerechtigkeit allerdings mehrere Regierungen: Schwarz-Rot mit dem Atom- und Kohleausstieg, Rot-Grün-Gelb mit der Gasumlage. Gemeinsam gaben sie Putin ein mächtiges Schwert in die Hand, das er uns nun an die Gurgel hält. Den Energiekrieg bezahlen aber in Deutschland die Kleinen. Ungerechter kann man eigentlich nicht die Lasten verteilen.