Energiekrise: Supermärkte in Existenznöten

Die Existenzsorgen im Mittelstand erreichen inzwischen die ersten Supermärkte und damit die ganz alltägliche Alltagsversorgung. Einigen Märkten könnte das Aus drohen, wie sich gerade in Osnabrück exemplarisch zeigt. Die Osnabrücker Stadtwerke haben wegen der explodierten Energiekosten mehr als 1.000 regionalen Unternehmen die Stromverträge gekündigt, darunter auch Supermärkten – und diese damit in eine Existenzkrise gestürzt (rnd, 15.09.2022).


Unkalkulierbare Strompreise zwingen Stadtwerke zu drastischen Schritten

Die Stadtwerke Osnabrück, die per gesetzlichem Auftrag zur Sicherstellung der kommunalen Grundversorgung verpflichtet sind, handeln keinesfalls böswillig, sondern aus Not. Die aktuell explodierenden Energiepreise lassen ihnen kaum eine Wahl: Sie können ihren Kunden nicht mehr dieselben Konditionen wie in der Vergangenheit anbieten. Daher haben sie in der Großstadt mit über 165.000 Einwohnern mehr als 1.000 Firmen keine Verlängerung der zum Jahresende auslaufenden günstigen Stromverträge angeboten. Das ist quasi eine Kündigung, wie zuerst die Wirtschaftswoche berichtete.

Die betroffenen Unternehme stehen damit vor der Wahl, entweder in die sehr teure Grundversorgung auszuweichen oder sich einen anderen Anbieter zu ebenfalls sehr viel teureren Preisen zu suchen. Die Betreiberin von fünf Osnabrücker Edeka-Filialen Mechthild Möllenkamp hat sich konkret dazu gegenüber der Wirtschaftswoche geäußert. Mit derzeitigem Stand hat sie für ihre Märkte ab dem 1. Januar 2023 noch gar keinen Stromvertrag. Der bisherige Vertrag läuft turnusgemäß zum 31. Dezember 2022 aus, was in der Branche ein normaler Vorgang ist (Wirtschaftswoche, 16.09.2022).

Die Existenzsorgen erreichen inzwischen die ersten Supermärkte und damit Alltagsversorgung. Einigen Märkten könnte das Aus drohen.
Energiekrise: Supermärkte in Existenznöten

Die Filialen gibt es in Osnabrück schon seit über 24 Jahren. In den Jahren zuvor hatten die Stadtwerke stets mit dem Auslaufen des aktuellen Vertrages ein neues Vertragsangebot für einen Anschlussvertrag unterbreitet. Das blieb dieses Mal aus, was de facto eine Kündigung bedeutet. Möllenkamp zeigte sich darüber zutiefst enttäuscht. Zur Wahrheit gehört freilich auch, dass in den Edeka-Märkten nicht das Licht zwangsläufig ausgeht, denn jeder Verbraucher hat gesetzlichen Anspruch auf die Stromversorgung. Wenn er keinen günstigen Vertrag findet, fällt er automatisch in die Grundversorgung. Diese ist traditionell sehr teuer und dürfte mit den steigenden Energiepreisen noch viel teurer werden.

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Die Stadtwerke Osnabrück bestätigten den Vorgang und begründeten ihn mit der Unkalkulierbarkeit ihrer Einkaufspreise für Energie. Daher habe man einer „kleineren vierstelligen Zahl“ von regionalen Unternehmen keinen Anschlussvertrag mehr angeboten. Diese Firmen hatten wohl bislang von vergleichsweise günstigen Preisen profitiert, die angesichts der derzeitigen Situation auf dem Energiemarkt nicht mehr realistisch sind. Ein Sprecher der Osnabrücker Stadtwerke sagte dazu, dass bei stichtagsbezogenen Verträgen die Kalkulierbarkeit der Preise de facto nicht mehr möglich sei.

Was passiert nach so einer Kündigung?

Die betroffenen Kunden fallen automatisch in die deutlich teurere Grundversorgung, die ebenfalls von den Stadtwerken kommt. Für die Edeka-Chefin Möllenkamp wären das Mehrbelastungen von rund einer Million Euro für ihre fünf Filialen gewesen, der Strompreis betrüge derzeit 80 ct/kWh. Wenn sich diese Mehrbelastung nicht durch erhöhte Preise erwirtschaften lässt, müssten praktisch die Supermärkte schließen.

Dieses Szenario droht in der Tat, denn die Preiserhöhung müsste nach vorsichtigen Schätzungen zwischen 8 und 15 % liegen, womit ein Supermarkt nicht mehr konkurrenzfähig ist. Die Betreiber wie Möllenkamp, die übrigens inzwischen einen anderen Anbieter (allerdings auch zu einem deutlich höheren Preis) gefunden hat, können die Preissteigerungen auch differenzieren. So könnten sie beispielsweise einen Teil der Tiefkühltruhen abstellen, um damit Strom zu sparen, und für die wenigen verbleibenden Lebenmittel mit Tiefkühlung einen deutlich höheren Preis verlangen. Es käme dann darauf an, ob die Kunden diesen Preis bezahlen oder in einen anderen Supermarkt mit mehr Angebot und/oder niedrigeren Preisen ausweichen.


Osnabrück kein Einzelfall

Der Fall der Edeka-Betreiberin Möllenkamp aus Osnabrück geht derzeit durch die Medien, doch er ist kein Einzelfall. Kündigungen bzw. Nicht-Verlängerungen von Stromverträgen werden aus vielen Regionen und von mehreren Versorgern bekannt. Darunter sind kleinere private Anbieter, die bislang mit Discount-Preisen gepunktet hatten und diese nicht mehr durchhalten, aber auch Riesen wie E.ON. Der Firmenchef eines Betonwerks aus Lintel in Oostwestfalen beklagte sich gegenüber der Wirtschaftswoche über neue Preisangebote von Versorgern, die um den Faktor 20 über den bisherigen Preisen liegen. Dies sei eindeutig existenzbedrohend.

In Ludwigshafen schließt aktuell eine Eishalle, weil sie für einen neuen Stromvertrag monatlich nicht mehr 10.000 Euro wie bisher, sondern künftig 80.000 Euro zahlen müsste. Im niedersächsischen Stadthagen meldet der Betreiber eines einzelnen Edeka-Marktes eine künftige Stromrechnung von 500.000 Euro – bislang hatte er 74.000 Euro bezahlt. Im Emsland gibt eine Edeka-Betreiberin ihren Markt wohl auf, denn sie kann die Stromkosten in Zukunft nicht mehr bezahlen.

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