Droht das Aus für ein Hamburger LNG-Terminal?

Die größten Hoffnungen für die Gasversorgung in Deutschland ruhen derzeit auf Flüssiggas, das via LNG-Terminals von Schiffen an Land gehen soll. Der Bau eines dieser Terminals in Hamburg könnte jedoch scheitern (t-online, 13.09.2022).


Geldforderung von Hamburg an den Bund

Die Stadt Hamburg hat nach einem Bericht des Hamburger Abendblatts vom Bund finanzielle Unterstützung in zweistelliger Millionenhöhe angefordert, um eines der schwimmenden LNG-Terminals errichten zu können. Demnach hat der Hamburger Energiesenator Jens Kerstan (Bündnis 90/Grüne) an seinen Parteikollegen, den Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, schriftlich eine entsprechende Anfrage gerichtet. In seinem Brief schildert Kerstan einige Probleme im Zusammenhang mit dem Terminal, so auch die Suche nach einem geeigneten Betreiber und Fragen zur wahrscheinlichen Beeinträchtigung des Hafens. Gemeinsam mit dem Hamburger OB Peter Tschentscher (SPD) hatte Kerstan zuvor Hamburg selbst als Standort vorgeschlagen (Hamburger-Abendblatt, 12.09.2022).

Der Bau eines LNG Terminals in Hamburg könnte scheitern. Hamburg fordert vom Bund Unterstützung in zweistelliger Millionenhöhe
LNG-Terminal in Nynäshamn, Schweden (Symbolbild): Droht das Aus für ein Hamburger LNG-Terminal?
Bild: Jan Arrhénborg / AGA, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons

Nach der Vorstellung der beiden Politiker ist der Hamburger Süden gut geeignet: Dort könnte das Terminal am Kohlekraftwerk Moorburg anlegen, das trotz moderner Technik stillgelegt wurde und abgerissen werden soll. Der Platz Moorburgs an der Süderelbe wäre wohl für eine Netzeinspeisung des Gases gut geeignet. Über diese Idee hatte in Hamburg zunächst Euphorie geherrscht. Das Abendblatt berichtete von anfänglichem großen Optimismus im Senat. Die Stadtoberen waren wohl von der berauschenden Vorstellung beseelt, Hamburg könne ganz Deutschland mit diesem Prestigeprojekt aus der Gasnotlage befreien. Inzwischen hat sich wohl Ernüchterung breit gemacht. In seinem Brief an Habeck führte der Energiesenator inzwischen zahlreiche Punkte auf, die das Vorhaben stark erschweren und es auch scheitern lassen könnten. Bundesmittel könnten jedoch unter Umständen die Widerstände überwinden.

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Die Probleme mit dem LNG-Terminal im Detail

  1. Das erste Problem ist der bislang fehlende Betreiber. Dieser müsste rechtzeitig sämtliche Genehmigungsanträge einreichen, wofür der Termin in den nächsten Tagen abläuft. Hamburg steht zwar mit Shell in Gesprächen, doch der Konzern verlangt eine finanzielle Absicherung gegen mögliche Verluste. Diese soll der Bund stellen.
  2. Die Wassertiefe genügt ebenfalls bislang nicht. Am Anleger Moorburg müsste die Liegewanne vertieft werden, was das Ausbaggern von 500.000 m³ Schlick bedeutet. Der Bund soll hierfür die Kosten übernehmen und außerdem Ablagerungsflächen stellen.
  3. Der Hafenbetrieb müsste zudem juristisch neu definiert werden. Wenn nämlich Flüssiggas über die Süderelbe geht, muss der betreffende Bereich künftig zum Tankschiffhafen deklariert werden. Dies wiederum hätte Auswirkungen auf den restlichen Schiffsverkehr, der dadurch stark eingeschränkt würde. Für bestimmte Hamburger Betriebe, darunter auch eine Raffinerie, wäre dies ein Problem. Diese Firmen würden laut Kerstan sicher Schadenersatz fordern.
  4. Damit ist immer noch nicht genug der Probleme. Hohe Kosten dürften auch für eine Machbarkeitsuntersuchung und die anschließende Planung fällig werden. Laut Abendblatt könnten sie um vier Millionen Euro betragen, zu denen dann noch 30 Millionen Euro für den eigentlichen Bau hinzukämen. Auch diese Kosten möchte Kerstan vom Bund erstattet bekommen.

Wie reagiert Habeck auf die Anfrage?

Das Abendblatt hat bei Robert Habecks Wirtschaftsministerium nachgefragt, aber bis heute keine konkrete Antwort erhalten. Aus Berlin hieß es lediglich, dass man verschiedene Optionen für einen LNG-Standort prüfe. Hierfür dürften sich die Fachleute des Bundesministers allerdings nicht zu viel Zeit lassen, damit das Terminal im Frühjahr 2023 wie angedacht ans Netz gehen könnte. Kerstan sagte indes gegenüber Journalisten des Norddeutschen Rundfunks, dass die von ihm kommunizierten Punkte im Vorfeld bekannt gewesen seien. Der Bund sei darüber vollumfänglich informiert gewesen. Er könne sich immer noch vorstellen, dass bis zur vierten Septemberwoche eine Entscheidung falle.

Uneinigkeit im Hamburger Senat

Die Hamburger Senatoren sind indes wegen des LNG-Terminals uneins. Erwartbare Kritik kommt von der Opposition, aber auch aus den eigenen Reihen. Der Wirtschaftssenator Michael Westhagemann (parteilos) hat andere Pläne für Moorburg. Er möchte dort am liebsten Wasserstoff produzieren lassen, und das so schnell wie möglich. Hierfür liegen schon länger Pläne in der Schublade. Zwischen ihm und Kerstan bahnt sich inzwischen ein handfester Konflikt an, nachdem Westhagemann gegenüber dem NDR gesagt hatte, dass er dem Vorhaben eines LNG-Terminals keinesfalls zustimmen könne.

Auch Fachleute sehen das Projekt sehr skeptisch. Gunther Bonz, Präsident des Hafenunternehmensverbands, warnte davor, mit den Grundfunktionen eines Hafens zu spielen. Dazu gehöre immerhin in erster Linie dessen Erreichbarkeit. Wenn das LNG-Terminal gebaut würde, müsste die Süderelbe teil- und zeitweise gesperrt werden, wenn das LNG angeliefert wird. Die Oppositionsparteien CDU und FDP greifen den Umweltsenator Kerstan an und kritisieren die Hilflosigkeit des Senats bei der Energiewirtschaft, wie der Hafenexperte Götz Wiese von der CDU dem Abendblatt sagte. Der FDP-Landeschef Michael Kruse bemängelt das langsame Agieren der Hamburger Stadtregierung, die zudem das Vorhaben widersprüchlich kommuniziert habe. Ob sich diese Widerstände in wenigen Tagen noch überwinden lassen, erscheint inzwischen mehr als zweifelhaft.

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