Im ersten Halbjahr 2024 gingen in Deutschland mehr Windräder vom Netz, als neue gebaut wurden. Dies könnte das Ziel der Bundesregierung gefährden. Der Bundesverband WindEnergie e. V. (BWE) berichtet, dass zwischen Januar und Juni 250 neue Windräder errichtet und 277 stillgelegt wurden. Die neuen Anlagen lieferten eine Gesamtleistung von rund 1,3 Gigawatt, was 19 Prozent weniger ist als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Die Bundesregierung plant, bis 2030 80 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energien zu beziehen, davon 115 Gigawatt aus Windenergie. Derzeit sind es erst 62 Gigawatt. Das Ziel scheint in weiter Ferne (berliner-zeitung: 18.07.24).
Windkraft in Deutschland: Förderungsstopp und Verkehrschaos bremsen Ausbau
Bärbel Heidebroek, Präsidentin des BWE, nennt mehrere Ursachen. Starke Winde im April verhinderten viele Bauprojekte. Zudem führte die Sperrung der Autobahn 27 nach Cuxhaven zu Problemen, da die meisten Rotorblätter über den dortigen Hafen transportiert werden. Heidebroek betonte: „Wir sehen weiterhin großen Handlungsbedarf beim Tempo von Flächenausweisungen und beim Abbau von Realisierungshürden.“
Ein weiteres Hindernis sind abrupt endende Förderungen für erneuerbare Energien. Viele Onshore-Kraftwerke erhalten Subventionen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die jedoch nach 20 Jahren auslaufen. Derzeit sind noch 9000 Kraftwerke mit rund 10 Gigawatt Leistung am Netz, erhalten jedoch keine Förderung mehr. Betreiber befürchten, dass sich der Weiterbetrieb ohne staatliche Unterstützung nicht lohnt. Die Bundesregierung musste in der jüngeren Vergangenheit mehr Einspeisevergütungen zahlen, was zu einem Defizit von rund zehn Milliarden Euro im Klima- und Transformationsfonds führte. Finanzminister Christian Lindner (FDP) gestand: „Wir haben es verbockt.“
Trotz Genehmigungsrekord: Bürokratie bremst Deutschlands Energiewende aus
Trotz der Herausforderungen gibt es auch positive Entwicklungen. Die Zahl der neu genehmigten Anlagen, die noch nicht realisiert sind, stieg um 32 Prozent auf 847. „Neugenehmigungen und Zuschläge in den Ausschreibungsrunden liegen auf Rekordniveau“, betonte Heidebroek. Sie forderte, diese positive Entwicklung zu verstetigen und bürokratische Hürden abzubauen.
Die Bundesregierung plant im Rahmen ihrer Wachstumsinitiative, die Vergütungen bei negativen Strompreisen zu kürzen. Dies soll den positiven Trend unterstützen.
Die Energiewende in Deutschland steht vor großen Herausforderungen. Doch mit zielgerichteten politischen Maßnahmen und der Beseitigung administrativer Hindernisse können die ambitionierten Ziele erreicht werden.
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