In dem verzweifelten Bemühen, die Abhängigkeit von russischem Gas zu verringern, könnten Deutschlands schwimmende LNG-Terminals und der Bau der dazu erforderlichen Infrastruktur viel mehr kosten als vom Wirtschaftsministerium ursprünglich geplant (Euractiv: 21.11.22).
Regierung plant fünf schwimmende LNG-Terminals
Die Bundesregierung hat fünf schwimmende LNG-Terminals für den Import von verflüssigtem Erdgas (LNG), sogenannte Floating Storage and Regasification Units (FSRU), angemietet, sehr zur Zufriedenheit von Vizekanzler Robert Habeck, der ihren Beitrag zur deutschen Energiesicherheit lobte.
Schwimmende LNG-Terminals mehr als doppelt so teuer als geplant
Unterdessen wurde bekannt, dass sich die Kosten der Terminals derzeit auf 6,56 Milliarden Euro belaufen, tatsächlich sind aber nur 3 Milliarden Euro im Haushalt 2022 dafür vorgesehen. Das Ministerium hat die höheren Kosten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters bestätigt. In umfassenden Beratungen mit zahlreichen Beteiligten habe man nun weitere Kosten ermittelt und zunächst prognostizierte Kosten konkretisiert, lautet die Stellungnahme aus dem Ministerium dazu. Die Mehrkosten würden durch Betriebskosten und zusätzliche Infrastrukturmaßnahmen an Land entstehen.
Erste Terminals sollen im Dezember in Betrieb gehen
Zwei von der Regierung betriebene Terminals sollen Ende Dezember oder Anfang Januar in Betrieb gehen, während ein privates Unternehmen etwa zur gleichen Zeit sein schwimmendes LNG-Terminal einweihen wird. Weitere drei FSRUs werden im Jahr darauf ans Netz gehen.
Nach vorsichtigen Schätzungen sollen es die drei schwimmenden LNG-Terminals Deutschland ermöglichen, jährlich 15 Milliarden Kubikmeter Gas zu importieren, was etwa einem Drittel der Menge Gas entspricht, das Deutschland noch letztes Jahr über die Pipelines aus Russland bezogen hat.
„Kurzfristig muss die Gasversorgung gesichert werden, aber wir müssen aufpassen, dass wir dabei keine fossilen Überkapazitäten für die Zukunft schaffen“, warnt Sven Kindler, grüner Bundestagsabgeordneter im Haushaltsausschuss. „Wir brauchen im Haushaltsausschuss mehr Klarheit über die Kosten und Risiken von LNG-Projekten“, sagte er.
Kostenplanung für LNG-Terminals an Land liegt noch nicht vor
Weltweit gibt es etwa 60 FSRUs, viele davon im Langzeiteinsatz. Als Berlin seine Fühler ausstreckte, war das Interesse an der Bereitstellung schwimmender LNG-Terminals groß – trotz ihrer relativen Knappheit. Zwei der FSRUs hatten eine Vertragslaufzeit von 15 statt 10 Jahren, wie ursprünglich vorgesehen, mit der Option, die Vertragslaufzeit im nächsten Jahr auf 10 Jahre zu verkürzen. Inzwischen baut Deutschland auch LNG-Terminals an Land. Diese haben einen deutlich höheren Preis bei geringeren Betriebskosten – eine Kostenschätzung hierzu hat die Regierung allerdings noch nicht veröffentlicht.
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